Gesellschaftsporträts im Wandel der Zeit

Porträts der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten der Zwischenkriegszeit zeigt die Galerie Westlicht. August Sander gilt als Klassiker der Fotografiegeschichte. Parallel dazu sind aktuelle Fotoporträts von Hanna Putz ausgestellt.

Die 70 Porträts des wegweisenden Vertreters der Neuen Sachlichkeit und Pioniers der dokumentarisch-konzeptuellen Fotografie, August Sander, sind in dieser Zusammenstellung zum ersten Mal in Österreich zu sehen. Mit „Porträt einer Gesellschaft“ wird eine 1963 von Sander selbst kuratierte Ausstellung wiederbelebt. In dem Porträtzyklus, der bereits in den 1920er Jahren entstand, illustriert und analysiert er das soziale Gefüge der Weimarer Republik.

Nazis vernichteten Sanders Fotokatalog

Der deutsche Fotograf zeichnet so, im Gegensatz zu anderen Fotoprojekten der Zwischenkriegszeit, ein reales und rationales Bild der Gesellschaft, das nicht elitär und aufgesetzt wirkt und mit für die Anerkennung der dokumentarischen Fotografie als Kunst verantwortlich ist - ein Ansatz, der von den Nazis abgelehnt wurde, die viele Exemplare von Sanders 1929 erschienenem Fotokatalog „Antlitz der Zeit“ vernichteten.

Brauchte lange für eine Aufnahme

Die Fotografien sind in sieben Themenkomplexe unterteilt, die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten entsprechen. Dabei sind neben Großindustriellen, Putzfrauen, Bauern, Handwerkern und Panoptikumsdirektoren auch prominente Künstler wie der Intendant Gustav Hartung und der Schauspieler Victor Staal zu sehen. Da die meisten Menschen auf den Porträts in die Kamera schauen, beobachtet man als Besucher nicht nur eine frühere Epoche, sondern muss sich auch den teils skeptischen, amüsierten, anklagenden und freundlichen Blicken aus dem vorigen Jahrhundert aussetzen.

„Da Sander für seine Aufnahmen sehr lange gebraucht hat, hatten die aufgenommen Personen auch nur begrenzte Möglichkeiten, sich zu verstellen“, erklärte der Fotobuchkurator Michael Kollmann. Seine Katalogsammlung illustriert den Einfluss von Sanders Arbeiten auf die Fotografie im Rahmen der Ausstellung.

Frauenbilder von Hanna Putz

Parallel zu Sanders Werkschau werden die Arbeiten von Hanna Putz gezeigt, die vor allem Frauen ihrer Generation behandeln, darunter auch wichtige österreichische Kulturvertreterinnen wie Anna Sophie Berger und Stefanie Sargnagel.

Dengler - Frauenporträt

Westlicht/ Hanna Putz

Auch Sander diente als Inspiration

Putz schließt mit einer zeitgenössischen, weiblichen Perspektive an Sanders Werken an und aktualisiert gesellschaftliche Aspekte für die Gegenwart, wobei die Inspirationen durch Sanders Aufnahmen deutlich erkennbar bleiben. Ihre auch humorvoll-ironischen Fotografien sind im Gegensatz zu Sanders Arbeiten inszenierte Momentaufnahmen. Die Ausstellungen sind bis 20. Mai im Fotomuseum in der Westbahnstraße zu sehen.

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