Das Comeback der Wiener Boxhoffnung

Boxprofi Marcos Nader kehrt nach dreieinhalb Jahren Pause zurück in den Ring. Scheitert sein Comeback, wird er weiterhin als Trainer im Boxclub Bounce arbeiten, wo er vor allem jungen Menschen Boxen, Disziplin und Deutsch beibringt.

Marcos Nader hat als Kleinkind mit dem Boxen begonnen. „Ich bin immer wieder mit meinem Bruder Daniel zum Training mitgegangen. Irgendwann hatte ich dann meine eigenen Boxhandschuhe“, erzählt er. Der Wiener legte einen kometenhaften Aufstieg hin. Im April 2013 wurde er neuer EU-Meister im Mittelgewicht, mit 23 Jahren. Die gescholtene österreichische Boxerseele verspürte Hoffnung.

Boxen Bounce

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Daniel Nader (links) und Marcos Nader (rechts) beim Showtraining

Mitgliederzahl seit 2014 mehr als verdoppelt

Sie sah in Marcos Nader einen neuen Johann Orsolics, einen Boxhelden, der die Stadthalle füllte. Der Hype sollte schnell wieder vorbei sein. Nader schaffte die Olympiaqualifikation nicht, verlor seinen Gürtel und beendete „auch aus persönlichen Gründen“ 2014 seine junge Karriere: „Die Motivation war einfach weg.“ Er beschränkte sich auf seinen Beruf als Trainer im Boxclub Bounce.

Daniel Nader hat das Bounce 2005 gegründet. 2014 zählte der gemeinnützige Verein 500 Mitglieder, mittlerweile sollen es 1.200 sein. Zwei Drittel davon sind weiblich, den Großteil stellen Kinder und Jugendliche. „Unsere besten Trainer müssen im Nachwuchsbereich arbeiten. Die Kinder werden sanft an den Sport herangeführt, bekommen keine Schläge auf den Kopf“, sagt er.

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Auch ältere Semester gehen oft lieber boxen als ins Fitnessstudio

Disziplin ist „irrsinnig wichtige Sache“

Um einmal Profiboxer zu werden, ist es wichtig, so früh wie möglich mit dem Sport zu beginnen. „Da, schau wie gut sich der Kleine bewegt“, sagt Marcos Nader und deutet auf einen seiner jüngsten Schützlinge in der Trainingsgruppe „Boxen 1“ - also Boxen für Anfänger. „Ellbogen höher!“, ruft er einem anderen zu.

Die Kinder und Jugendlichen gehorchen. Disziplin hat im Bounce absolute Priorität. „Wir respektieren hier jede Kultur. Aber es gibt ganz klare Regeln im Verein, an die sich jeder halten muss. So lernen die Kinder auch Disziplin. Das ist eine irrsinnig wichtige Sache“, sagt Daniel Nader. „Besser, sie toben sich hier aus, als sie hängen irgendwo im Park herum und kommen auf dumme Gedanken“, fügt Marcos Nader hinzu.

Im Bounce wird nur Deutsch gesprochen

Die 14 Trainer im Bounce haben somit auch einen pädagogischen Auftrag. Der Club in Ottakring hat eine hohe Zahl an Mitgliedern mit Migrationshintergrund. „Bei uns wird ausschließlich Deutsch gesprochen“, stellt Daniel Nader fest. Viele Kinder würden zu Hause nicht Deutsch sprechen und nur Bruchstücke verstehen. Das ist den Brüdern egal. Vor jedem Training müssen sich die Jungen in einer Reihe aufstellen und ihren Tagesablauf rekonstruieren - auf Deutsch.

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Auch Jugendliche mit Migrationshintergrund müssen Deutsch sprechen

„Oft besprechen sie sich vorher, weil sie gar nicht mehr wissen, was sie eigentlich den ganzen Tag lang gemacht haben“, meint Marcos Nader und lacht. Er und sein Bruder haben selbst serbische Wurzeln. Sie würden deshalb die Wichtigkeit des Themas Integration kennen. „Es geht auch um Respekt für die Kultur dieses Landes“, sagt Daniel Nader.

In erster Linie geht es aber um den Spaß. „Die Kinder sollen spielerisch Boxen lernen, wir wollen da nicht zu viel Druck ausüben. Es ist nicht professionell, jemanden zu früh in den Ring zu schicken“, sagt Marcos Nader. Wer wirklich Profi werden will, „muss schon wirklich talentiert sein. Sonst lassen wir ihn gar nicht in die nächste Trainingsgruppe aufsteigen. Das hätte keinen Sinn.“

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Profiboxer Marcos Nader will „in Zukunft wieder um Titel kämpfen“

Marco Naders überraschendes Comeback

Während das Bounce einen Boom erlebt, berichtet auch der Wiener Boxverband von einem positiven Trend: „Die Zahl der aktiven Sportler ist in den letzten Jahren konstant gestiegen“, sagt Norbert Ebetshuber, Vorstand des Wiener Boxverbandes. Marcos Nader will nachhelfen: Er kehrt am 7. April selbst in den Ring zurück. Andauernd besprüht er seine Hände mit Desinfektionsmittel. Wird er jetzt krank, war es das. Und er muss täglich einige Hände schütteln, die Medien prügeln sich quasi um ihn.

TV-Hinweis

„Bounce Fight Night“ ist am 7. April ab 18.40 Uhr in ORF Sport + zu sehen.

Bei der „Bounce Fight Night“ in der Erste Bank Arena tritt der 28-Jährige im Mittelgewicht gegen den Serben Darko Knezevic an. Und Marcos Nader meint es ernst mit seinem Comeback: „Das ist kein Gag. Ich habe geplant, wieder langfristig um Titel zu kämpfen. Meine Kaderkämpfer, die Jungs hier, haben mich enorm angespornt.“ Das Event wird in ORF Sport + live übertragen, inklusive Vorkämpfen. „Das freut mich riesig. Der Boxsport braucht in Österreich wieder mehr Aufmerksamkeit“, sagt Marcos Nader.

Michael Hammerl, wien.ORF.at

Eva Voraberger kämpft um WBC-Titel

Neben der „Bounce Fight Night“ mit dem Comeback von Marcos Nader gibt es am Samstag noch eine zweite hochkarätige Veranstaltung mit österreicherischer Beteiligung: Bei der Profi-Boxgala in der Arena Nova in Wiener Neustadt boxt die Österreicherin Eva Voraberger gegen die Serbin Nina Radovanovic um den WBC-Titel im Bantamgewicht. Beide Veranstaltungen sind live in ORF SPORT + zu sehen - mehr dazu in Boxen live mit Marcos Nader und Eva Voraberger (tv.ORF.at).

tv.orf.at

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