Häupl: „An Entschleunigung arbeite ich noch“

Gut drei Wochen sind nach seinem Rückzug aus der Politik inzwischen vergangen: Bei einer Buchpräsentation zeigte sich Michael Häupl krawattenlos, aber gewohnt schlagfertig. An der Entschleunigung müsse er noch arbeiten, verriet er.

Die rote Krawatte ist weg, der oberste Hemdknopf offen, der Schmäh rennt wie eh und je: Michael Häupl, nach fast 24 Jahren als Wiener Bürgermeister und 35 Jahren als Politiker. Mit der Anrede „Altbürgermeister“ kann er schon leben: „Daran gewöhnt man sich schnell, aber an meinem Entschleunigungsprogramm muss ich noch arbeiten.“

Häupl bei Buchpräsentation

Arman Rastegar

An die Anrede „Altbürgermeister“ hat sich Häupl schon gewöhnt

Bis Ende Juni absolviert er noch politische Termine, etwa die Übergabe beim Städtebund vergangene Woche oder ein sozialdemokratisches Kommunaltreffen in Berlin, erst dann wird es etwas ruhiger. „Was sich verändert hat, ist diese 24-stündige Verfügbarkeit, die war von einem Tag auf den anderen weg. Ich empfinde das als enorm angenehm, muss ich ganz ehrlich sagen.“

„Ich bin Bürgermeister und nicht Gott“

Jetzt kommt auch die Zeit, in der Bücher über ihn geschrieben werden, den Anfang macht ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek, der Häupl die gesamte Zeit über journalistisch begleitet hat und einen umfassenden Blick auf den Mensch und Politiker Michael Häupl wirft. „Ich bin Bürgermeister und nicht Gott“, so der Titel des Buches, ein Zitat des Sprücheklopfers Häupl.

Häupl bei Buchpräsentation

Arman Rastegar

Präsident der Wiener Austria will Häupl nicht werden

„Das war ein Ausdruck einer Verzweiflung, weil man zum dritten Mal hintereinander ein Wunder von mir verlangt hat, also eine unlösbare Aufgabe. Da habe ich das gesagt", erinnert sich Häupl bei der Buchpräsentation am Freitagabend. "Das war der Ausdruck dessen: Die Macht eines Bürgermeisters ist zwar groß, aber begrenzt.“ Im Buch finden sich neben einem umfassenden Blick auf Häupls politische Laufbahn auch zahlreiche „Wuchtln“ des Langzeitbürgermeisters.

„Aufgabe eines Denkmals akzeptieren“

Während seiner gesamten politischen Karriere hat Häupl keine Homestorys zugelassen, auch nicht für dieses Buch. „Das habe ich für die Vermittlung meiner politischen Botschaft nicht gebraucht.“ Und das soll auch jetzt in der Pension so bleiben.

Michael Häupl und MIchael Ludwig bei Schlüsselübergabe im Rathaus

APA/Georg Hochmuth

Auch die Schlüsselübergabe an Michael Ludwig absolvierte Häupl krawattenlos

Auch wenn es ihn jetzt schon juckt, will Häupl die tagesaktuelle Politik nicht kommentieren. „Erwin Pröll sieht das ähnlich, das machen wir nicht nach der langen Zeit. Wenn wir schon Denkmäler sein sollten, was nicht meine Lieblingsbeschäftigung ist, dann hat man die Aufgabe eines Denkmals zu akzeptieren. Da hat man auf dem Podest zu stehen und sich von den Tauben bescheißen zu lassen und nicht herunterzusteigen und dauernd blöd zu reden.“

Cover Häupl-Buch

Buchverlag echomedia

Buchhinweis

„Ich bin Bürgermeister nicht Gott - Die Höhen und Tiefen der Ära Michael Häupl in Wien“, beobachtet von Paul Tesarek, echomedia buchverlag (Juni 2018)

„Werde 69, es ist genug“

Häupl wird vor allem von jungen Menschen gefeiert, so wurden an seinem letzten Tag als Bürgermeister mehrere „Spritzerpartys" in der Stadt veranstaltet. „Ich freue mich darüber, wenn ich auf die Uni gehe und dort junge Leute sind, die einen positiven emotionellen Zugang zu mir haben. Das hat keine parteipolitischen Gründe, sondern nur persönliche“, vermutet der Altbürgermeister. "Ich freue mich wahnsinnig darüber, erklären kann ich es mir nicht.“

Häupl bleibt Präsident des Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds (WWTF), wo er auch ein Büro beziehen wird. Neue Ämter will er nicht annehmen, auch nicht das des neuen Präsidenten bei seinem Herzensverein, der Wiener Austria. Wolfgang Katzian tritt ja vorzeitig als solcher ab - mehr dazu in Austria-Präsident Katzian geht vorzeitig. „Man legt nicht den Wiener Bürgermeister zurück und wird Präsident der Austria", sagt Häupl. "Ich werde im September 69, es ist genug.“ Und einen Kaffee vom Amtsdiener im Rathaus bekommt er ja weiterhin. „Ja, das passt.“

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