Ruth Klüger feiert 80. Geburtstag in Wien

Sie hat den Holocaust überlebt, ist in die USA emigriert und wurde mit ihrem Erinnerungsbuch zur Starautorin. Anlässlich ihres 80. Geburtstags wird am Sonntag die Dokumentation „Das Weiterleben der Ruth Klüger“ bei der Viennale uraufgeführt.

„Ich finde Geburtstage schrecklich“, sagte Klüger zuletzt in einem Interview. „Da bekommt man zu viel Aufmerksamkeit, für die man eigentlich nichts kann.“ Mittlerweile freut sich die Schriftstellerin über die vielen Ehrungen, die ihr zuteil werden. Zu ihrem 80. Geburtstag stattet sie Wien derzeit einen längeren Besuch ab, um den Donauland-Sachbuchpreis „Danubius“ sowie das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur I. Klasse entgegen zu nehmen.

Viennale zeigt Doku über Klüger

Am 30. Oktober, genau zu ihrem 80. Geburtstag, findet die Uraufführung der Dokumentation „Das Weiterleben der Ruth Klüger“ im Gartenbaukino statt. Ehrengast Klüger wird selbst anwesend sein und sich einem Gespräch mit Filmemacherin und ORF-Redakteurin Renate Schmidtkunz stellen. Am 2. November gibt es bei der Viennale im Künstlerhaus Kino eine zweite Möglichkeit, den 83-minütigen Film zu sehen.

Ruth Klüger im Mai 2011 während der Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im historischen Sitzungssaal des Wiener Parlaments

Apa/Georg Hochmuth

Schriftstellerin Ruth Klüger im Mai 2011 während der Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im historischen Sitzungssaal des Wiener Parlaments

Private Momente der Holocaust-Überlebenden

„Ich komm’ nicht von Auschwitz her, ich stamm’ aus Wien“, wurde Klüger immer wieder zitiert. Das Leben der Schriftstellerin begann im Alter von 13 Jahren noch einmal, als ihr gemeinsam mit ihrer Mutter die Flucht auf einem Todesmarsch zwischen zwei Konzentrationslagern gelang. „weiter leben - eine Jugend“ nannte die in Wien geborene und 1947 in die USA emigrierte Literaturwissenschaftlerin ihre Erinnerungen, mit denen sie im Alter von 60 Jahren eine zweite Karriere als Autorin startete.

Renate Schmidtkunz, die bereits 2005 einen Porträtfilm über Klüger gestaltet und 2008 einen Gesprächsband mit Klüger im Mandelbaum Verlag herausgegeben hat, zeigt die Literaturwissenschaftlerin in der neuen Dokumentation „Das Weiterleben der Ruth Klüger“ in ihrer gewohnten Lebensumgebung, bei Vorlesungen am Uni-Campus von Irvine, im Kreise von Freunden, aber auch bei offiziellen Auftritten im österreichischen Parlament oder im Wiener Rathaus.

TV-Hinweis

ORF 2 sendet am 30. Oktober die Fernsehfassung „Landschaften der Erinnerung“ um Mitternacht.

Irvine in Kalifornien, Göttingen in Deutschland, Jerusalem und Wien sind die wesentlichen Schauplätze, an denen Schmidtkunz in ihrer Dokumentation die Autorin porträtiert hat. In Begleitung der ORF-Redakteurin besucht die Holocaust-Überlebende aber auch zum ersten Mal das Lager Bergen-Belsen. Hierher wäre sie wohl gekommen, mutmaßt sie, wäre ihr 1945 nicht gemeinsam mit ihrer Mutter die Flucht gelungen.

Ruth Klüger 2011

APA/Harald Schneider

Schriftstellerin Ruth Klüger bei einem Interview zum 80. Geburtstag

Flucht und Unfall als Wendepunkte

Ruth Klüger wurde am 30. Oktober 1931 als Tochter eines jüdischen Frauenarztes in Wien geboren. Im September 1942 wurde sie zusammen mit ihrer Mutter aus Wien deportiert. Sie kam erst in das KZ Theresienstadt, dann nach Auschwitz-Birkenau und schließlich nach Christianstadt in Schlesien. Nach Kriegsende emigrierte Klüger in die USA und studierte Bibliothekswissenschaften und Germanistik. Später arbeitete sie als Hochschullehrerin und Literaturkritikerin.

Jahrzehnte lang hat Ruth Klüger nur als Wissenschaftlerin publiziert. Erst als sie Ende der 1980er Jahre bei einem Verkehrsunfall in Göttingen lebensgefährlich verletzt wurde, begann sie ihre Lebensgeschichte nieder zu schreiben. In ihrer 1992 veröffentlichten Biografie „weiter leben - eine Jugend“ schildert sie ihre Kindheit in Wien, ihre Jugend in den Konzentrationslagern und die Nachkriegszeit in Bayern. Das Werk wurde 2008 als Gratis-Buch in 100.000 Exemplaren in Wien verteilt.

In „unterwegs verloren“ (2008) erzählt Klüger ihre Lebensgeschichte nach der Emigration in den USA. Zu den bekanntesten weiteren Werken Klügers zählen „Frauen lesen anders“ (1996), „Katastrophen. Über deutsche Literatur“ (1997) und „Was Frauen schreiben" (2010). In den kommenden Jahren will sich Klüger der Poesie widmen: „Am Ende meines Lebens noch Gedichte zu schreiben - das möchte ich“, so die Autorin.

Klüger: „Man hat eine Stinkwut“

Mit der autobiographischen Aufarbeitung ihrer Erlebnisse berührte Klüger Millionen Leser auf der ganzen Welt. Bei der Eröffnung des Festivals „Blätterwirbel" in St. Pölten war sie heuer der Stargast - mehr dazu in noe.ORF.at

Links:

  • Viennale 2011 (www.viennale.at)
  • Künstlerhaus(www.k-haus.at/kino)
  • Gartenbaukino