Gegenstände erzählen Wiens Geschichte
Wien Museum
„Haltestellen, Straßenschilder oder Abfallkörbe sind so etwas wie die ‚Corporate Identity‘ der modernen Stadt“, so Wien Museum-Direktor Wolfgang Kos gegenüber wien.ORF.at. Die neue Ausstellung „Absolut Wien“ präsentiert Ankäufe und Schenkungen seit dem Jahr 2000. Bis 18. März 2012 sind alte und zeitgenössische Kunstwerke, Mode, Möbel von bedeutenden Designern und Alltagsgegenstände - wie beispielsweise Abfallkörbe - zu sehen.
„Ein Mistkübel sagt wenig aus, eine Serie aber sehr viel: Wir haben nun alle Typen von öffentlichen Abfallkörben in der Sammlung, die in den letzten Jahrzehnten in Wien aufgestellt wurden. Man benützt sie im Stadtraum, ohne sie wahrzunehmen, im Museum aber werden sie sichtbar“, so Kos.
Wien Museum
Außergewöhnliche Facetten von Wien
Das Wien Museum erwarb in den vergangenen zehn Jahren tausende Bilder und Gegenstände, dazu kamen außergewöhnliche Schenkungen. „Absolut Wien“ präsentiert eine Auswahl daraus: eine Collage aus 500 Facetten von Wien. „Eigentlich versuchen wir, Geschichten zu sammeln, die sich mit Objekten erzählen lassen“, so Wolfgang Kos.
Zu den Ausstellungsstücken gehört ein Morgenmantel, getragen von Romy Schneider in einem der „Sissi“-Filme, ein Schrank von Josef Hoffmann aus der Wohnung der Wittgensteins, aber auch Massenmöbel aus dem Sozialen Wohnbau der 50er-Jahre. Meisterwerke aus dem Biedermeier von Danhauser, Alt und Fendi, aber auch Hans Schabus’ Video von seiner Segelbootfahrt durch Wiens Kanäle. Und ebenso gibt es einen Bühnenanzug von Falco - den Designer Helmut Lang entworfen hat - aus dem Jahr 1984 zu sehen.
Yevgeni Khaldei
Sammeln ist Museumsarbeit
„Stadtmuseen haben eine enorme Verantwortung“, so Direktor Wolfgang Kos, „denn wir sammeln für die Zukunft“. Die Ausstellung bietet somit auch spannende Einblicke in die Museumsarbeit. Als das Wien Museum einen Schenkungsaufruf zu den 1950er-Jahren machte, gab es eine enorme Bandbreite an Vorschlägen der Bevölkerung.
Schenkungen an das Museum
Vorschläge für Schenkungen per Brief oder E-Mail mit dem Stichwort „Schenkungsangebot“ an: Direktion@wienmuseum.at.
„Manchmal gab es die Angst, dass Leute das Museum als Partner beim Entrümpeln sehen. Doch so ist es nicht: Die meisten überlegen, was in ihrem Wiener Museum künftigen Generationen überliefert werden sollte“, so Kos. Als Beispiel erzählt er von einer Frau, die dem Museum ein amerikanisches Care-Paket anbot, das 1947 verteilt wurde. Das Paket wurde nie geöffnet, weil man es für noch schlimmere Zeiten aufheben wollte. Kos: „Inzwischen wurde die Schachtel mit den Proviantdosen zu einem Symbol schwerer Zeiten, die man hinter sich hat.“
Wien Museum
Die neue Ausstellung „Absolut Wien“ ist daher auch ein großes Dankeschön an jene 630 Wienerinnen und Wiener, die ihrem Museum seit 2000 Kunst und historische Objekte geschenkt haben. Darunter sind viele, die persönliche Geschichten erzählen. Auch viele Künstler, Architekten, Autoren, Wissenschaftler und bekannte Persönlichkeiten unterstützen das Museum mit Schenkungen: ORF-Moderator Dirk Stermann widmete seinen Fremdenausweis, Alfred Komarek einen Zündholzautomat, Wolfgang Ambros eine Mundharmonika, Laurids Ortner seine Dokumentation zum Streit um Museumsquartier und Leseturm.
Dienstauto von Bruno Kreisky
Ein besonderes Ausstellungsstück der Schau ist der Rover von Bruno Kreisky. Das Dienstauto überlebte in einer burgenländischen Scheune und wurde vom Wien Museum gekauft. Wolfgang Kos: „Wir sammeln zwar grundsätzlich keine Autos, aber in diesem Fall ist es ein zeitgeschichtliches Großobjekt mit großer symbolischer Bedeutung.“ Das Auto soll den großbürgerlichen Lebensstil des ersten sozialistischen Kanzlers Österreichs symbolisieren.
Sendungshinweis
Wien heute, Sendung vom 9. November 2011
Kreisky liebte Maßanzüge und elegante englische Autos. Historiker sagen, dass erst dieser Spagat eine absolute Mehrheit der SPÖ möglich machte, denn Kreisky sprach auch liberale und bürgerliche Wähler an. Wolfgang Kos: „Der Rover von Kreisky ist natürlich mehr als ein Auto: es handelt sich auch um einen eleganten, bequemen Arbeitsraum. Denn in seinem geliebten Rover diktierte Kreisky seine Reden. Damals hatten Politiker unterwegs noch Ruhe, weil es kein Handy gab.“
Wien Museum