Kinder unter dem medizinischen Glassturz

Das Kind ängstlicher und überbesorgter Eltern wird selbst ängstlich und überbesorgt mit Körper und Wohlbefinden umgehen. Mit dieser Thematik beschäftigt sich Allgemeinmediziner und Autor Dr. Günther Loewit.

Es muss uns bewusst sein, dass Kleinkinder besonders leicht und nachhaltig beeinflussbar sind. Das betrifft auch ihre Eigenschaften als zukünftige Patienten. Was wiederum bedeutet, dass sich der Umgang von Eltern mit ihren Kindern in Bezug auf Krankheit und Gesundheit, und das Gesundheitssystem im Ganzen, nachhaltig auf die Verhaltensweisen der zukünftigen Patienten auswirken wird.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 27.6.2016

Ein Kind, das bei den Symptomen der geringsten grippalen Infektion jedes Mal einem Arzt anvertraut wird, wird naturgemäß glauben, dass ein solches Verhalten normal ist. Damit wird die Bereitschaft, später im Leben einen Schnupfen ohne ärztliche Begleitung bewältigen zu wollen, sinken.

Krankes Kind liegt im Bett mit einem Teddybären

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Das gleiche gilt auch für kleine Hautabschürfungen und sonstige Verletzungen, wie sie in der normalen Entwicklung eines Kindes vorkommen sollen und können.

Und selbstverständlich gelten diese Überlegungen auch für uns Ärzte. Bleiben wir gleich beim Schnupfen. Wenn ein Kind erlebt, dass es für jeden Schnupfen sofort einen Nasenspray bekommt, geht die Wahrscheinlichkeit, dass es als erwachsener Mensch einen Schnupfen ohne Medikament durchzuhalten vermag gegen Null.

Tipps:

  • Neben dem seelischen Selbstbewusstsein gibt es auch ein körperliches Selbstbewusstsein. Lassen Sie Ihr Kind durchaus auch eigene Erfahrungen mit der Selbstheilungskraft des Körpers machen.
  • Es muss uns bewusst sein, dass häufige Arztbesuche mit Kindern, auch bei Bagatellerkrankungen, zu einer späteren Arzt-Affinität führen werden.
  • Wenn Sie Ihr Kind frühzeitig mit bewährten Hausmitteln behandeln und in Berührung bringen, so wird es ein Leben lang selbst Hausmittel verwenden. Wenn Ihr Kind bei jeder Erkrankung mit Tabletten und Säften behandelt wird, so wird es ein Leben lang nach pharmakologischen Heilmitteln fragen.
  • Selbstverständlich sollen Sie im Zweifelsfall einen Arzt kontaktieren. Diese Zeilen sollen nur ein Bewusstsein über die Bedeutung ihrer eigenen elterlichen Verhaltensweisen erzeugen.

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Günther Loewit