Vor zehn Jahren starb Helmut Zilk

Vor zehn Jahren haben sich die Wienerinnen und Wiener von einem ihrer prominentesten Politiker verabschieden müssen: Der frühere Bürgermeister Helmut Zilk (SPÖ) starb am 24. Oktober 2008 im Alter von 81 Jahren an Herzversagen.

Von 1984 bis 1994 bekleidete Zilk das höchste Amt der Stadt. Zilk war auch TV-Gastgeber, ORF-Programmdirektor und Ombudsmann, nur Parteichef war der wort- und wirkmächtige Politiker definitiv nie. „Der Zilk“ ist auch vielen jüngeren Stadtbewohnerinnen und -bewohnern ein Begriff, obwohl sie ihn nie in seiner aktiven Zeit erlebten.

Helmut Zilk und Dagmar Koller

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Zilk mit Ehefrau Dagmar Koller

Wobei Zilk auch in seiner Pension noch sehr umtriebig war. Sogar noch wenige Wochen vor seinem Tod empfing er Medienvertreter im Spital, um etwa über den bevorstehenden Nationalratswahlkampf zu reden. Auffällig an ihm waren seine markante Stimme, sein geradliniger Stil, seine Leidenschaft, Umtriebigkeit und Bürgernähe und auch seine durch die Briefbombe schwer verletzte und in einem Seidenhandschuh verborgene Hand. Die Tatsache, dass seine Frau Dagmar Koller selbst im Rampenlicht stand (und steht), machte ihn noch populärer.

In Favoriten geboren

Zilk wurde am 9. Juni 1927 im Arbeiterbezirk Favoriten geboren. Er besuchte die Lehrerbildungsanstalt und arbeitete ab 1947 als Volks- und dann Hauptschullehrer. Parallel dazu absolvierte er das Studium der Pädagogik, Germanistik, Psychologie und Philosophie. 1946 wurde er Mitglied des Sozialistischen Lehrerverbandes, 1950 trat er der SPÖ bei.

Prinz Charles Prinzessin Diana und Helmut Zilk

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1986 empfing Zilk Prinz Charles und Lady Di in Wien

Schon 1955 folgte ein Schritt in ein völlig anderes Metier: zum Rundfunk. Erst freier Mitarbeiter für Jugendsendungen, baute er ab 1959 federführend das Schulfernsehprogramm auf. Bald begann er als Ombudsmann und wurde mit den „Stadtgesprächen“, später auch mit „In eigener Sache“ bekannt. Von 1967 bis 1974 war er Programmdirektor im ORF. Seine Tätigkeit als Ombudsmann setzte er später bei der „Kronen Zeitung“ fort. Eine Niederlage erlitt Zilk 1978, als er an Gerd Bacher als SPÖ-Kandidat für die ORF-Spitze scheiterte.

Wechsel in die Politik

In die Politik wechselte er 1979: Der damalige Wiener Bürgermeister Leopold Gratz machte Zilk zum Kulturstadtrat. Bundeskanzler Fred Sinowatz holte ihn 1983 als seinen Nachfolger ins Unterrichtsministerium, wo er aber nicht lange blieb: Bereits ein Jahr später kehrte Zilk ins Rathaus zurück - und zwar an die Spitze. Als kongenialer Partner des Wiener Bürgermeisters fungierte in dieser Zeit als Vizebürgermeister und SPÖ-Chef Hans Mayr. Denn Vorsitzender der Wiener Roten war Zilk nie.

Bürgermeister Michael Häupl mit seinem Vorgänger Helmut Zilk bei einer Ehrung im Juni 1995

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Zilk mit Nachfolger Michael Häupl bei einer Ehrung im Juni 1995

Als Mayr 2006 starb, verabschiedete sich sein Weggefährte beim Begräbnis von einem „Lebensfreund“ und seinem „anderen Ich“. Als Bürgermeister war Zilk vor allem das Stadtbild ein besonderes Anliegen: Ob es die Bekleidung der Fiaker, das Orange der Müllabfuhr oder die Plakatflut war - der Stadtchef kümmerte sich gerne persönlich um diese Fragen. Stets setzte er sich vehement für Ideen ein, die er für gut und richtig hielt - auch wenn sie von anderen Fraktionen oder Parteien kamen.

Expo-Volksbefragung als Niederlage

Auch in der eigenen Partei hielt er sich mit Kritik nicht zurück. Bei seiner ersten Wien-Wahl 1987 wurde sein Einsatz noch mit einer hohen Mehrheit von fast 55 Prozent für die SPÖ belohnt. Weniger gut lief es 1991, als die SPÖ im „Roten Wien“ an Stimmen erstmals unter die 50-Prozent-Marke rutschte. Eine schwere Niederlage schließlich brachte die Expo-Volksbefragung, bei der die Wiener trotz der Werbung ihres Bürgermeisters die Weltausstellung ablehnten.

Briefbombenattentat 1993

Im Dezember 1993 wurde Zilk ein Opfer des Briefbombenterrors. Attentäter Franz Fuchs wählte ihn bereits bei der ersten Serie als Adressat aus. Die linke Hand wurde von der Explosion getroffen. Zilk hüllte sie später in stets zur Krawatte passendes Tuch.

Helmut Zilk

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Der Seidenhandschuh wurde zu einem Markenzeichen

1994 übergab der Bürgermeister sein Amt an Michael Häupl. Mit Ratschlägen an den Nachfolger hielt er sich weitgehend zurück, ein Rückzug aus dem öffentlichen Geschehen kam für den frischgebackenen Altbürgermeister aber nicht infrage. Zilk war etwa Aufsichtsratsvorsitzender des Wiener-Städtische-Hauptaktionärs Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt-Vermögensverwaltung und Leiter der Bundesheer-Reformkommission.

Spionagegerüchte stets dementiert

Mehrfach war er auch mit Vorwürfen konfrontiert, er hätte in den 1960er Jahren für den Geheimdienst der damals kommunistischen Tschechoslowakei gearbeitet. Zilk hatte das stets dementiert. Der einstige tschechische Staatspräsident Vaclav Havel sprach bei Zilks Trauerfeier von „ungerechtfertigten“ Vorwürfen.

Doch die Gerüchte verstummten auch nach dem Tod nicht. Der Wiener Politiker soll unter dem Decknamen „Holec“ firmiert und Informationen über die österreichische Innenpolitik geliefert haben, wurde 2009 kolportiert.

Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof

Im Jahr 2006 wurde offensichtlich, dass es um den Gesundheitszustand des einstigen Bürgermeisters schlecht bestellt war: Er erhielt einen Herzschrittmacher. Seither war er auch Dialysepatient. Unmittelbar vor seinem Tod 2008 war er - nach der Rückkehr aus seinem Feriendomizil in Portugal - wegen einer Infektion ins Wilhelminenspital eingeliefert worden.

Dagmar Koller am Grab von Helmut Zilk

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Dagmar Koller 2013 am Grabstein ihres verstorbenen Mannes

Zilk wurde am 8. November 2008 in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof bestattet. Zuvor war das verstorbene Stadtoberhaupt zwei Tage im Rathaus aufgebahrt. Das Requiem fand im Stephansdom statt. Dort fand am Montag auch ein Gedenkgottesdienst anlässlich des zehnten Todestags statt.

Helmut-Zilk-Park beim Hauptbahnhof

Auch zwei Orte in der Stadt erinnern an den berühmten Stadtchef: der Helmut-Zilk-Park beim Hauptbahnhof und der Helmut-Zilk-Platz. Letzterer umfasst jenes Areal bei der Albertina, auf dem sich das von Alfred Hrdlicka gestaltete Mahnmal gegen Krieg und Faschismus befindet, für dessen Errichtung sich Zilk einst eingesetzt hat.