Prozess gegen Milliarden-Pleitier vertagt

In Wien hat der Prozess gegen den Ex-Chef der Level-One-Immobiliengruppe begonnen. Ihm wird schwerer Betrug vorgeworfen, sein Anwalt forderte einen sofortigen Freispruch. Die Entscheidung darüber soll am Dienstag fallen.

Die Anklage wirft dem Linzer Cevdet Caner (45) sowie fünf Mitangeklagten neben schweren gewerbsmäßigen Betrug auch betrügerische Krida, Verabredung zu einer kriminellen Organisation und Geldwäsche vor. Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Laut Anklage soll Caner, der nun in Monaco wohnt, bei seiner Investitionstätigkeit rund um den Kauf von Immobilien in Ostdeutschland Banken und Anleihengläubiger um insgesamt 145,2 Mio. Euro geschädigt haben. Einen großen Teil davon soll Caner demnach für sich privat abgezweigt haben.

Prozess gegen Milliarden-Pleitier vertagt

Der Prozess gegen den Ex-Chef der Immobiliengruppe „Level One“ wegen schweren Betrugs hat begonnen.

Verfahren in Berlin eingestellt

Von der Staatsanwaltschaft in Berlin eingeleitete Ermittlungsverfahren seien 2008 und 2012 allerdings eingestellt worden, heißt es von Caners Anwalt. Der zuständigen Staatsanwältin wird vorgeworfen, Caner während der acht Jahre dauernden Ermittlungen nie befragt zu haben. Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei die Republik Österreich wegen der überlangen Verfahrensdauer erst im September 2018 zu einer Schadenersatzzahlung verpflichtet worden.

Weil die Verfahren eingestellt wurden, haben Caners Anwälte den sofortigen Freispruch beantragt und das mit dem Verbot der wiederholten Strafverfolgung begründet. Für die fünf Mitangeklagten würde das ebenfalls Straffreiheit bedeuten, da es keine Strafbarkeit der weiteren Angeklagten geben könne, wenn der Erstangeklagte freizusprechen sei, argumentieren deren Anwälte.

Sachverständiger wurde abgelehnt

Die Staatsanwältin räumte ein, dass die Ermittlungen in Deutschland eingestellt und in London und Jersey erst gar keine eingeleitet worden seien. Allerdings habe die Staatsanwaltschaft in Deutschland keine inhaltliche Entscheidung getroffen, daher habe die Einstellung des Ermittlungsverfahrens in Deutschland keine Sperrwirkung für ein Verfahren in Österreich.

Der Anwalt hat am Montag zudem den Sachverständigen Martin Geyer abgelehnt und diesen als „verlängerten Arm der Ermittlungsbehörden“ bezeichnet. Geyer habe demnach selbstständig die bei acht Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen gesichtet und nach ihrer Relevanz bewertet.Für die Staatsanwältin reicht die Mitwirkung Geyers als Sachverständiger bei den Gutachten nicht aus, um seine volle Befangenheit in Frage zu stellen. Er sei aufgrund seines Eides zur Objektivität verpflichtet.

Der Richter will nun mit den Schöffen über die beiden Anträge beraten und die Beschlüsse zu den Anträgen am Dienstag bekanntgeben. Die Verhandlung wird am Dienstag fortgesetzt.

Caner weist Vorwürfe zurück

Laut Anklage hat Caner ab 2005, mit finanzieller Unterstützung der Credit Suisse und ohne über nennenswertes Eigenkapital zu verfügen, in Ostdeutschland ein Immobilienimperium aufgebaut. Innerhalb von nur drei Jahren stieg er mit dem Unternehmen Level One mit 28.000 Wohnungen zu einem der größten Immobilienbesitzer Deutschlands auf. Im Jänner 2009 folgte die Pleite mit 1,5 Mrd. Euro Schulden. Gegen Caner und 19 weitere Personen wurde seit 2010 ermittelt.

Caner weist sämtliche gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück und führt die Pleite auf eine feindliche Übernahme durch ein Konsortium aus Banken und Hedgefonds im Zuge der weltweiten Finanzkrise zurück. Das Konsortium habe die Level One Group kurz vor deren geplantem Börsengang im Jahr 2008 übernommen und dann vorsätzlich in die Insolvenz geführt, so die Argumentation.

Nicht erste Pleite

Die Insolvenz der Level One Group war nicht die erste Pleite Caners. Er gründete in Linz das Call Center CLC und rief im Oktober 2000 die erste private Telefonauskunft in Österreich - 11 88 99 „Alles Auskunft“ - ins Leben. Ein Jahr später brachte er die CLC an die Börse und zog sich 2002 als CEO zurück. 2004 war die CLC pleite. Im Sommer 2010 wurde auch über die Telefonauskunft 11 88 99 der Konkurs eröffnet.