Brexit hat Folgen für Wiener Wirtschaft

In zwei Wochen stimmt das britische Parlament über den Brexit-Vertrag ab. Bei einer Ablehnung drohen Zölle oder Währungsverluste. Schwierige Bedingungen auch für Wiener Betriebe, die gute Geschäfte im Königreich machen.

Für Geschäfte mit Großbritannien könnten bald neue Spielregeln gelten. Am 11. Dezember stimmt das britische Parlament über den mit der EU ausverhandelten Ausstiegsvertrag ab. Demnach sollen die Briten die nächsten Jahre in einer Zollunion bleiben, bis ein Nachfolgeabkommen ausverhandelt ist.

Kommt es zu einer Ablehnung, drohe ein harter Brexit und Chaos, so Christian Kesberg, WKO-Wirtschaftsdelegierter in London. Er rät Unternehmen, schon jetzt, Brexit-Szenarien zu berücksichtigen, etwa beim Abschluss neuer Verträge.

Exporte nach UK um 21 Prozent eingebrochen

Derzeit beobachten Wiener Betriebe die Ereignisse in London gespannt: Denn Unternehmen wie Do&Co, Wienerberger, Kapsch oder Frequentis ziehen dort regelmäßig Großaufträge an Land. In Penzing produziert das 1824 gegründete Familienunternehmen Piatnik im Jahr tausende Spiele für das 66-Millionen-Einwohnerland.

Spiele

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Piatnik stellt in Wien-Penzing hunderte verschiedene Spiele her

„England ist eines der größten Länder Europas und damit von der Bevölkerungszahl her schon ein wichtiger Markt für uns“, erklärt Geschäftsführer Dieter Strehl. Da die Engländer kaum lokale Spiele- oder Kartenproduzenten hätten, hätte man als österreichischer Anbieter gute Chancen.

Der Risiken einer Brexit-Vertrags-Ablehnung ist sich der Chef von 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit bewusst: „Es könnte sein, dass das Pfund abwertet, es können alle möglichen Handelshemmnisse kommen, Behinderungen des Exports. Aber ich glaube nicht, dass das dauerhaft passieren wird, weil es hat keine Seite einen Vorteil davon“, so Strehl in „Wien heute“.

Wie sich der „Brexit“ auf Wien auswirkt

Die Wiener Wirtschaft ortet schon jetzt Auswirkungen, sowohl positive als auch negative.

Noch hat man bei Piatnik keine Geschäftseinbußen durch das Brexit-Votum gespürt - allgemein geht der österreichische Handel mit Großbritannien seit der ursprünglichen Brexit-Entscheidung im Juni 2016 aber zurück: Wiener Unternehmen haben im Vorjahr Waren um insgesamt 433,6 Millionen Euro nach Großbritannien verkauft. Das ist ein Exportminus um 21 Prozent im Vergleich zu 2015.

Armreifen aus Wien für britische Premierministerin

Auch der Wiener Emailschmuck-Hersteller Frey Wille - weltweit 450 Mitarbeiter -, hat in Großbritannien kunstaffine Kundschaft. Zu der zählt auch Theresa May, die bei offiziellen Auftritten des Öfteren Schmuck der Wiener Manufaktur trägt. In London betreibt Frey Wille eine Filiale.

Armreifen Frey Wille May

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Stimmt das britische Parlament dem Brexit-Vertrag nicht zu, drohe dort Chaos, ist auch Frey-Wille-Geschäftsführer Friedrich Wille überzeugt. „Ganz hart wäre es, wenn die Europäer die momentan in England arbeiten, wenn die das Land verlassen müssten. Dann wäre es sehr schwierig. Denn Engländer zu finden, die in einem Geschäft verkaufen wollen ist fast unmöglich“, so der Unternehmer.

Stadt Wien will in London Flagge zeigen

Unsichere Verhältnisse in Großbritannien bedeuten für Wien aber nicht nur Risiken. Vor allem in puncto Ansiedlungen verspricht sich die Stadt Chancen: „Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir in diesen Monaten Flagge zeigen.“

Anfang Jänner will eine Delegation aus Vertretern der Stadt nach London reisen und dort Gespräche führen, Betriebe für eine Übersiedelung nach Wien überzeugen. Insbesondere Betriebe aus dem Medizin- und Biotechnologiebereich und Start-ups.

Aber nicht nur: „Da sind die internationalen Unternehmen, die derzeit ihren Hauptsitz in London haben. Und die wollen wir ansprechen, ihren Hauptsitz nach Wien zu verlegen“, so Hanke. Wien habe Vorteile im Gegensatz zu London Vorteile beim leistbaren Wohnen und Büromieten.

In der Vergangenheit hat die Stadt Wien gemeinsam mit der Wirtschaftskammer bereits um die Niederlassung von zwei EU-Agenturen gebuhlt - allerdings vergebens - mehr dazu in EU-Agenturen ziehen nicht nach Wien. Hanke dazu: „Man lernt daraus, man wird ein Stück weit gescheiter und das wollen wir im Jänner auch unter Beweis stellen.“ Bis Unternehmen oder Agenturen allerdings tatsächlich ihren Sitz in ein anderes Land verlagern, vergehen in der Regel Jahre.

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