Prozess um turbulente Abschiebung

Angriffe mit dem Rollstuhl auf die Polizei, eine Beißattacke gegen eine Polizistin und am Ende war alles vergeblich: Um die Ereignisse rund um eine turbulent verlaufene Abschiebung ist es am Freitag am Staflandesgericht Wien gegangen.

Hintergrund ist die Abschiebung einer tschetschenischen Familie. Die Polizei läutete im Juli 2017 an der Wohnungstür der Familie in der Donaustadt. Die Fremdenpolizei war mit einem Festnahmeantrag gekommen, um die Abschiebung eines Ehepaars und ihrer sechs Kinder zu vollziehen, obwohl eines der Kinder an einer krankheitsbedingten körperlichen Einschränkung leidet.

Der Großvater der Familie, er war nicht von der Abschiebung betroffen, wollte wohl gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, einer Journalistin, den Einsatz der Polizei verhindern. In seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und im Rollstuhl sitzend soll der Großvater mehrmals gegen die Beine eines Polizisten gefahren sein. Die Journalistin soll versucht haben, eine Polizistin ins Bein zu beißen. Beide mussten sich nun wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung verantworten.

Polizisten sollen Rollstuhl umgeworfen haben

Der Großvater bekannte sich nicht schuldig. Das erste Mal sei der Rollstuhl umgefallen, als er sich erheben wollte. Da habe er einen Stoß bekommen und sei rücklings gefallen. Beim zweiten Mal habe ihn ein Beamter mit beiden Händen bzw. Armen am Hals erfasst und gewürgt: „Es war schwer für mich zu atmen.“

Beim Versuch, sich aus dem Würgegriff zu befreien, „bin ich nach rechts umgekippt worden“, gab der 59-Jährige zu Protokoll. Sein Anwalt Herbert Pochieser bestätigte, die Polizei habe zwei Mal den Rollstuhl seines Mandanten umgeworfen: „Er wurde von hinten zu Boden gebracht. Es wurde mit dem Ellenbogen gegen seine Halsschlagader gedrückt, bis er bewusstlos war.“

Beißattacke gegen Polizistin ging in Hose

Der telefonisch verständigten Lebensgefährtin des Großvaters verwehrte die Polizei den Zugang zur Wohnung. Sie pochte aber auf ihr Recht als Journalistin, Zugang zu bekommen. Als sie versuchte, sich durch die Tür zu drängen, schoben Beamte sie zurück. Die Frau kam zu Sturz. Die Polizei hatte offenbar in Erwartung von Schwierigkeiten den gesamten Einsatz auf Video festgehalten. Darauf nicht zu sehen ist aber, wie die Frau zu Boden ging. Vor Gericht sagte die Frau, sie sei an der Hand erfasst und an den Haaren gerissen „zu Boden geknallt“.

Auf dem Video zu sehen ist auch, wie die Frau plötzlich mit beiden Händen ein Bein einer Polizistin umklammert. „Ich habe gespürt, dass Zähne am Wadl sind. Deswegen gehe ich heute noch davon aus, dass es ein Beißen war, weil ein Zug da war“, schilderte die Polizistin. Sie habe bemerkt, „dass Zähne da gewesen sind und diese zugegangen sind“. Die Frau habe aber nur ihre Hose und nicht den Knochen erwischt. Doch die Frau bestritt dies. Sie sei wegen Kieferproblemen gar nicht fähig, jemanden ins Wadl zu beißen.

Tschetschenische Familie wieder zurück

Ein von der Staatsanwaltschaft gegen den Polizisten, der den Rollstuhl umgeworfen haben soll, geführtes Strafverfahren ist schon zuvor eingestellt worden. Einem dagegen eingebrachten Fortführungsantrag wurde nicht stattgegeben, die Verfahrenseinstellung ist damit rechtskräftig.

Die tschetschenische Familie ist am Tag nach dem Polizeieinsatz in der Donaustadt abgeschoben worden. Ein Gericht hob den Abschiebebescheid nach einem langwierigen Rechtsstreit wieder auf. Die Familie befindet sich inzwischen wieder in Österreich und ist zum Asylverfahren zugelassen.