Reform des Privatkonkurses scheint geglückt

Einen gelungenen Schritt zur Armutsbekämpfung in Österreich sieht die Schuldnerberatung in der vor einem Jahr umgesetzten Privatkonkursreform. Dadurch bekommen noch mehr Menschen als bisher die Chance auf ein schuldenfreies Leben.

"Viele Menschen hatten einfach zu wenig Geld für die Rückzahlung ihrer Schulden und daher keine Chance den Privatkonkurs zu schaffen. Sie lebten mit ihren Familien am Existenzminimum und ohne Zukunftsperspektiven. Mit der Reform des Privatkonkurses können auch sie den nach wie vor mühsamen Weg der Entschuldung endlich in Angriff nehmen“, so der Geschäftsführer der Schuldnerberatung Wien, Christian Neumayer.

Nach über einem Jahr Arbeit auf Basis der neuen Gesetzeslage zieht die Schuldnerberatung eine positive Bilanz. Die seit Jahresbeginn 2018 stark gestiegene Anzahl an Privatkonkursen verdeutliche den Druck unter dem viele Schuldnerinnen und Schuldner zu leiden hatten und wie dringend notwendig die vor einem Jahr umgesetzte Reform gewesen sei.

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Die Zahl der Privatkonkurse in Wien ist dieses Jahr um ein Viertel gestiegen

56.000 Euro Schulden im Durchschnitt

Die Schuldnerberatung Wien betreut jedes Jahr über 10.000 Kundinnen und Kunden in rund 80.000 Beratungsgesprächen. Auch heuer meldeten sich bereits über 9.000 Wienerinnen und Wiener, deren durchschnittliche Verschuldung etwa 56.000 Euro beträgt. In Wien stieg die Zahl der Privatkonkurse dieses Jahr um rund ein Viertel auf ca. 3.300 Verfahren, davon betreut die Schuldnerberatung Wien 1.800 Fälle.

Ein Erfolg, denn für sie gibt es nun Hoffnung. Die meisten von ihnen standen noch bis vor kurzem vor einem unüberwindbaren Problem: kaum Geld für die Rückzahlung der Schulden, oftmals keine Arbeit, niedriges Bildungsniveau und gesundheitliche Probleme. Die Abschaffung der Mindestquote von zehn Prozent und die Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens von sieben auf fünf Jahre ermöglichen nun auch jenen Gruppen eine Entschuldung, die bisher von einem Konkursverfahren ausgeschlossen waren.

Zumindest fünf Jahre am Existenzminimum

Die manchmal erhobenen Vorwürfe einer „billigen Lösung“ oder eines „gratis Konkurses“ lässt Neumayer nicht gelten: „Mit diesen falschen Vorstellungen müssen wir aufräumen. Schuldner und Schuldnerin zu sein ist sicher kein Spaß." Selbst mit einem Privatkonkurs leben die Betroffenen und ihre Familien zumindest fünf Jahre am absoluten Existenzminimum. Das liegt 2018 für Alleinstehende bei 909 Euro im Monat.

Existenzminimum heißt, unter der Armutsgefährdungsschwelle und damit am sozialen Rand der Gesellschaft zu leben. Die Mitarbeiter der Schuldnerberatung Wien wissen, was das für die Betroffenen und deren Kinder bedeutet. "Bei allem Verständnis für die Gläubigerseite muss auch irgendwann ein Neustart für die Schuldnerinnen bzw. Schuldner und damit ein positiver Blick in die Zukunft möglich sein“, so Neumayer abschließend.

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