SPÖ-Parteitag: 90,8 Prozent für Ludwig

Bürgermeister Michael Ludwig ist Samstagnachmittag beim Landesparteitag der SPÖ in Wien als Landesparteiobmann bestätigt worden. Er erhielt 90,8 Prozent der Delegiertenstimmen.

Es war der erste Parteitag mit Ludwig als Parteichef - und der erste, bei dem er sich mit seiner Wiederwahl bestätigen lassen musste. Sein Vorgänger Michael Häupl - er wurde zu Veranstaltungsbeginn mit besonders viel Applaus begrüßt - hatte die Latte dabei durchaus hoch gelegt, er kam meist auf über 90 Prozent Zustimmung.

Erster Parteitag für Parteichef Ludwig

Bürgermeister und Parteichef Michael Ludwig stellte sich am Samstag zum ersten Mal der Wiederwahl auf einem Parteitag der Wiener SPÖ.

Erst bei seiner letzten Wahl 2017 stürzte er auf 77,4 Prozent ab, was damals wohl innerparteilichen Konflikten geschuldet war. Ludwig - damals noch als Wohnbaustadtrat - erhielt bei seiner letzten Wahl 2017 ins Parteipräsidium 67,8 Prozent. Abgestimmt wurde am Samstag auch über seine Stellvertreter, die zum Teil neu ins Gremium einzogen: Nationalratsmandatarin Ruth Becher, Stadträtin Kathrin Gaal, Gewerkschafter Christian Meidlinger sowie die beiden Neuzugänge, die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures und die Frauenvorsitzende Marina Hanke.

Becher kam auf 82,2 Prozent (2017: 78,7 Prozent), Gaal 90,9 Prozent (2017: 81,2 Prozent) und Meidlinger auf 91 Prozent (2017: 88 Prozent). Bures erhielt 83,5 Prozent der abgegebenen gültigen Delegiertenstimmen, Hanke 92,5 Prozent.

Ludwig wirft „Kampfmaschine SPÖ“ an

Ludwig gab sich in seiner Rede am Vormittag angriffslustig. Er wolle „die Kampfmaschine SPÖ in Fahrt bringen“. „Wir haben schwere Monate vor uns“, so Ludwig. Es gebe starke Signale, dass die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ gemeinsam mit NEOS einen sozialdemokratischen Bürgermeister in der Bundeshauptstadt verhindern wollten.

Barbara Wakolbinger vom Landesparteitag

„Wien heute“-Reporterin Barbara Wakolbinger berichtet vom SPÖ Landesparteitag.

Zuletzt habe er über sich gelesen, er sein ein „gemütlicher Wiener“. Das sei nicht unrichtig, so Ludwig zum Abschluss seiner Rede, „aber ich kann sehr ungemütlich werden“. Und weiter: „Die SPÖ ist eine Kampfmaschine.“ Politischen Mitbewerbern will Ludwig zeigen, „was wir können“.

Klagen gegen Sozialhilfegesetz

Nach der Klärung des Tagesprozederes und der Begrüßung roter Politgrößen zog die Wiener Parteispitze rund um Ludwig zu Katy Perrys „Firework“ in die Messehalle ein. Es folgten Reden von Bürgermeister Ludwig und der SPÖ-Parteivorsitzenden Pamela Rendi Wagner. Und dabei wurde die Bundesregierung und das von ihr beschlossene Sozialhilfegesetz scharf kritisiert. Klagen gegen das neue Sozialhilfegesetz wurden angekündigt. Die SPÖ wird das am Donnerstag beschlossene Gesetz über den Bundesrat anfechten. Im Bundesrat verfügt die SPÖ über die nötigen Abgeordneten, um das Gesetz beim Verfassungsgerichtshof (Vfgh) zu bekämpfen.

Rundumschlag gegen Regierung

Die Kürzungen beträfen vor allem Kinder, so Rendi-Wagner in ihrer Rede. Unterstützung kam von Ludwig, der auch die Karfreitagsregelung kritisierte und nach dem Ende der Aktion 20.000 Maßnahmen für ältere Arbeitslose ankündigte. Ludwig holte in seiner mehr als einstündigen Rede zu einem Rundumschlag gegen die türkis-blaue Bundesregierung aus.

Es dürfe keine Toleranz gegen Neofaschismus und Rechtsextremismus geben, mahnte er. Kurz ging der Bürgermeister auf das Verhältnis der SPÖ zur FPÖ ein. Es gebe einen Kriterienkatalog auf Bundesparteiebene und einen „eindeutigen Beschluss der SPÖ Wien, dass mit dieser FPÖ in Wien keine Koalition einzugehen ist“. Weiter: „Ich gehe davon aus, dass wir derzeit keine Veranlassung haben, von diesem Beschluss abzugehen.“

In seiner Rede kritisierte Ludwig auch den Umgang der FPÖ mit den Medien, die von der Bundesregierung eingeführte Regelung für den Karfreitag und überhaupt die „unrichtigen Angriffe“ der Bundesregierung auf Wien. Ebenso strich er die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft, der sozialen Gerechtigkeit und des respektvollen Umgangs der Menschen miteinander hervor.

Heftige Debatte um Ess- und Alkoholverbot

Für Debatten und Gesprächsstoff sorgten die rund 190 Anträge, die von den diversen Bezirks- und Vorfeldorganisationen eingebracht wurden. Deren Bandbreite reicht von Absagen an Bundesvorhaben bis zu Forderungen nach einem Ende des U-Bahn-Essverbots. Die Anträge betreffend dem von der SPÖ eingeführten Essverbot in U-Bahnen und dem Alkoholverbot am Praterstern führten zu durchaus emotionalen Debatten unter den Delegierten. Verlangt wurde sogar eine sofortige Abstimmung. Doch die Delegierten blieben dann doch auf Linie und folgten der Empfehlung der Antragskommission, die lautete: „Zuweisung an Gemeinderatsklub“.

Essverbot Hinweise Wiener Linien U6

ORF

Parteiintern ist man sich über das Essverbot nicht ganz einig

Delegierte wehrten sich gegen Statutenänderung

Eine Wende gab es bei den vom Vorstand vorgelegten Statutenänderungen, die u.a. vorsahen, dass der Landesparteitag nur mehr alle zwei Jahre stattfinden soll. Als Alternative war die neue Veranstaltung „Wiener Konferenz“ geplant. Nach einer lang geführten Debatte wurde der Antrag schließlich zurück gezogen - für Ludwig ist dies übrigens gar kein Problem. Dies zeige, dass man Wert auf innerparteiliche Diskussion lege.

„Es wäre fein gewesen, hätte ich es im Vorhinein gewusst“, kritisierte Ex-Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny und ortete einige Mängel im Paragrafenwerk. „Es wäre klüger gewesen, hätte man es einer breiteren Kontrolle und Debatte unterworfen.“ Manche Delegierten fürchteten einen Verlust an Demokratie durch die Reform. Die Wiener Konferenz sei ein Gremium, das zum Großteil aus Personen bestehe, die hauptamtlich für die Partei arbeiten würden, lautete ein Vorwurf. Ehrenamtliche würden damit aus den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen.

ÖVP kritisiert Wiederwahl von Meidlinger

Erwartungsgemäß Kritik am roten Parteievent und an den Ergebnissen gab es von der Wiener Opposition FPÖ und ÖVP. Die personellen Änderungen in Präsidium und Vorstand, würden „nichts bringen“, ist der geschäftsführende Landesparteiobmann Johann Gudenus (FPÖ) in einer Aussendung überzeugt. Außerdem sei die Wiener Mindestsicherung „schlichtweg nicht finanzierbar“.

Die ÖVP schoss sich unterdessen auf den roten Gewerkschafter Christian Meidlinger ein, der wieder ins Parteipräsidium gewählt wurde. Konkret geht es darum, dass Meidlinger Kurzzeitpräsident des Schwimmverbandes war und aus dieser Zeit mit einer Anklage konfrontiert ist. „Die Tatsache, dass es trotz der massiven Vorwürfe keine Konsequenzen gab, war bereits unverschämt. Dass Meidlinger nun auch noch mit 91 Prozent wiedergewählt wurde, zeigt einmal mehr, dass die Wiener SPÖ bei ihren zahlreichen Skandalen konsequent wegschaut und den Kopf in den Sand steckt“, ärgerte sich der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch in einer Aussendung.