„Systematischer Sadismus“ in Heimen

Bis in die 90er Jahre habe es in Wiener Heimen Gewalt gegen Kinder gegeben, sagte der Kinderpsychiater Ernst Berger in einem Ö1-Interview. In Gesprächen mit Berger schilderten Betroffene „fast systematischen Sadismus“.

Berger wertete hundert Gespräche aus, die er in letzter Zeit mit Betroffenen geführt hatte. 25 Interviewte lebten zwischen 1975 und 1990 in Heimen. Die Aussagen würden zwar relativiert dadurch, dass sich von den über die Jahrzehnte gerechnet rund 50.000 Heimkindern bisher nur 900 gemeldet haben, sagt Berger. Aber Rückschlüsse auf das Gesamtsystem seien trotzdem möglich, etwa dass die stärksten Traumatisierungen durch psychische Gewalt ausgelöst wurden.

Berger erfuhr von „Formen von fast systematischem Sadismus, wo Kinder entwürdigt und Situationen ausgesetzt worden sind, die man als öffentliche Beschämung bezeichnen muss“. Noch heute, 40 Jahre danach, würden die Betroffenen bei der Schilderung der Erlebnisse in Tränen ausbrechen, so Berger - mehr dazu in Gewalt in Heimen bis in die 90er (oe1.ORF.at).

Sexuelle Gewalt bei 40 von 100 Gesprächspartnern

Von sexueller Gewalt waren 40 der 100 Gesprächspartner Bergers betroffen, zum Teil durch Erzieher, zum Teil auch durch Nonnen, die Wiener Heime führten. Nur ein Drittel seiner Gesprächspartner habe es später zu einer stabilen Partnerschaft gebracht, zwölf Prozent hätten später keine Partnerschaften, 55 Prozent instabile Partnerschaften gehabt. 27 Prozent seien kriminell geworden, „wobei bei fünf Prozent die kriminelle Laufbahn praktisch lebensbestimmend gewesen ist“.

Berger glaubt und hofft, dass sich seit Ende der 90er Jahre die Situation der Heimkinder tatsächlich verbessert hat. Seit damals gibt es zumindest in Wien kaum noch Großheime, sondern kleine Wohngemeinschaften mit Erzieherteams. Dennoch müsse man weiter aus der Vergangenheit lernen und Personalstand, Ausbildung der Erzieher und Qualitätsmanagement weiter verbessern.

Erste Ombudsstelle für Heimkinder

Die Stadt Wien richtete eine Ombudsstelle für Heimkinder ein, die erste dieser Art in Österreich. Der 43-jährige Peter Sarto soll „Anlaufstelle für Kinder in Heimen, Wohngemeinschaften und Krisenzentren“ sein - mehr dazu in Peter Sarto neuer Ombudsmann für Heimkinder.

Gegen psychiatrische Erkrankungen sollen in den 60er Jahren an der Wiener Klinik Hoff „Malaria-Therapien“ angewandt worden sein. Die Universitätsklinik will die Vorwürfe in den nächsten Wochen klären - mehr dazu in Malaria-Tests: Immer mehr Betroffene.

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