Junge greifen immer früher zu Alkohol

Jeder zehnte Wiener wird im Laufe seines Lebens laut Studien des Anton-Proksch-Instituts alkoholkrank. Fast jeder vierte ist gefährdet, eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln. Bei den Jugendlichen wird unterdessen das Einstiegsalter immer niedriger.

Hatten Jugendliche vor 20 oder 30 Jahren noch mit circa 15 Jahren das erste Mal Kontakt mit Alkohol, so ist das Einstiegsalter heute wesentlich jünger. Kinder mit erst elf oder zwölf Jahren würden bereits erste Erfahrungen mit Alkohol machen, so Michael Musalek, Leiter des Anton-Proksch-Instituts, gegenüber Radio Wien.

Ursachen unklar

Wobei auch laut den Experten nicht ganz klar ist, was dieser frühe Kontakt mit dem Alkohol zu bedeuten hat. Ob Jugendliche beispielsweise immer früher zum Alkohol greifen, um sich zu berauschen, um so dem Druck des Alltags zu entfliehen. Oder ob es eine Entwicklung ist, die damit zu tun hat, dass Kinder auch früher in die Pubertät kommen, wo Alkoholerfahrungen dann meist im Zuge des Ablösungsprozesses vom Elternhaus dazugehört.

Prägend für eine eventuelle Sucht bei Jugendlichen ist vor allem das Umfeld, ihre Freunde und Familie, aber auch die Gesellschaft. Häufig werde auch Nikotinkonsum als früher Risikofaktor Alkoholabhängigkeit und Konsum anderer psychoaktiver Substanzen gesehen, so die Experten. Auch das Temperament von Jugendlichen sei entscheidend für Alkohol, Nikotin und Cannabismissbrauch. Junge Menschen, die leicht reizbar, zornig, irritabel sind oder Konzentrationsschwächen aufweisen und wechselhaft in ihrer Stimmung sind, haben ein höheres Risiko eine Abhängigkeit zu entwickeln.

Weitaus mehr als das „gesunde Achterl“

Die Zahlen zeichnen jedenfalls insgesamt ein erschreckendes Bild. Fünf Prozent der Bevölkerung sei bereits alkoholkrank, um die 15 bis 20 Prozent weise eine starke Gefährdung auf. Von dem „gesunden Achterl Rotwein“ ist Österreich jedenfalls weit entfernt: 23 Prozent der Männer und zehn Prozent der Frauen trinken bereits über die Gefährdungsgrenze. Das heißt Männer trinken dazu pro Tag etwa 1,5 Liter Bier oder 0,75 Liter Wein und Frauen trinken pro Tag einen Liter Bier oder 0,5 Liter Wein.

Die Folge von regelmäßigem Alkoholmissbrauch: Die Lebenserwartung von Abhängigen ist laut Studien um 20 bis 25 Jahre verkürzt. Folgeschäden betreffen nicht nur die Leber (u.a. Fettleber und Zirrhose), sondern auch den Magen-Darm-Trakt, die Bauchspeicheldrüse, das Herz, die Niere, die Muskulatur, das Blutbild und das Nervensystem.

Abstinenz als vorrangiges Therapieziel

Während in den USA und den deutschsprachigen Ländern Europas die absolute Abstinenz nach wie vor das erklärte Therapieziel von Alkoholsüchtigen darstellt, beschreiten andere Länder neue und auch umstrittene Wege. Konkret geht es dabei um „Cut down drinking“, wobei die Trinkmenge langsam reduziert wird. Mittels Medikamentenunterstützung, Trinktagebuch und regelmäßigen Kontrollen soll so ein stationärer Aufenthalt vermieden werden. Ein neuer Weg ist auch der Entzug mittels Substitutionstherapie, wie es bereits bei der Drogensucht üblich ist.

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