Stradivari-Prozess: Anklage ausgeweitet

Am Landesgericht wurde am Montag der Prozess gegen einen früheren Geigenhändler fortgesetzt. Er hat bereits ein Teilgeständnis abgelegt. Doch nun weitete der Staatsanwalt die Anklage noch aus.

Der einstmals renommierte Instrumentenhändler musste nicht nur der Fortsetzung seines Prozesses wegen Veruntreuung, schweren Betrugs und betrügerischer Krida beiwohnen, sondern sich auch einer Erweiterung der Anklage stellen - auch wenn diese sich nahtlos in die bereits vorgeworfenen Malversationen eingliedert. Er soll eine Stradivari nach Japan verbracht haben, wo diese „verschwand“, obwohl sie zur Besicherung eines Kredits der Bank Austria dienen sollte.

Angeklagter Geigenhändler, der Stradivari unterschlagen haben soll, vor Prozessbeginn im Wiener Landesgericht

APA/Herbert Neubauer

Die Anklage wirft dem 62-Jährigen Unterschlagungen vor

Laut Staatsanwaltschaft soll der aus Deutschland stammende Geschäftsmann Schwierigkeiten mit einem japanischen Geschäftskollegen gehabt und diesem zur Besicherung einer von ihm übernommenen Stradivari ein wesentlich teureres Instrument des italienischen Herstellers mit dem klingenden Beinamen „Leonardo da Vinci“ als Pfand übergeben haben.

Allerdings hatte die Bank Austria den Kauf finanziert und für fast 1,8 Millionen Kredit einen Eigentumsvorbehalt. Was mit der wertvollen Geige 2006 letztendlich geschah, entzieht sich offenbar der Kenntnis aller Beteiligten. Sie soll in der Zwischenzeit bei anderen Händlern aufgetaucht sein.

In den „düsteren Höhlen des Geigenhandels“

Der Geigenhändler stellte die Angelegenheit in einem anderen Licht dar, „unterwarf sich aber voll der Gerichtsbarkeit“ von Richterin Claudia Moravec-Loidolt, die entscheiden müsse, ob er sich damit strafbar gemacht habe. „Entschuldigen Sie, dass ich Sie in die düsteren Höhlen des internationalen Geigenhandels entführe.“

Und diese Geschäfte gehen nach Darstellung des Angeklagten doch etwas ungewöhnlich vor sich: So habe der japanische Händler ihm die Stradivari „Canadian“ überlassen - und er diesem die „da Vinci“. Die Instrumente sollten vom jeweils anderen in Kommission verkauft werden. Sein Eigentum wollte ihm der Kollege nach einer Auseinandersetzung um die Rückgabe des „billigeren“ Instruments jedoch angeblich nicht mehr aushändigen.

Daraufhin unternahm der Beschuldigte rein gar nichts. Er habe Angst vor einem teuren Zivilprozess gehabt, da auch nichts Schriftliches vorlag, zudem sei es in der Branche „völlig unüblich“, sich gegenseitig vor den Richter zu zitieren. Ebenso wenig informierte er die Bank Austria davon, dass die mit 1,8 Millionen besicherte Geige mit einem Wert von fast 3,6 Millionen Euro weg war. Schon vorher war bei dem Prozess ein Schaden von 4,74 Millionen Euro angenommen worden.

Urteil für Freitag erwartet

Die Anklage wirft dem 62-Jährigen vor, seine Kunden und mehrere Banken betrogen zu haben. Hintergrund dafür war der finanzielle Ruin seiner früher blühenden internationalen Firma, über die er teure Stradivaris verkauft hatte. Um die Bankschulden zu tilgen, soll er laut Anklage millionenschwere Stradivaris unterschlagen haben.

Er habe in seiner Not auf Instrumente zurückgegriffen, gestand der Angeklagte bereits beim Prozessauftakt im September. Nicht ganz so einsichtig gab er sich bei einem anderen Anklagepunkt. Im Insolvenzverfahren soll er weitere Instrumente, wertvolle Uhren, Münzen und Fotoapparate vor dem Masseverwalter versteckt, und damit die Interessen seiner Gläubiger geschmälert haben. Das Urteil ist für Freitag geplant. Dem ehemaligen Geigenhändler drohen bis zu zehn Jahre Haft.

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