Rettungsgasse für Österreicher sinnvoll

82 Prozent der Österreicher halten die Rettungsgasse laut Befragung für sinnvoll. Die Umsetzung stellt Autofahrer aber weiterhin vor Probleme: 30 Prozent geben an, dass die Bildung schlecht oder sehr schlecht funktioniert.

Jahrelang haben Blaulichtorganisationen für die Einführung der Rettungsgasse in Österreich gekämpft. Seit 1. Jänner 2012 ist sie in Kraft.

Noch keine Daten über Effizienz

Prinzipiell ist die Bilanz nach einem Jahr positiv, wenngleich es keine konkrete Zahlen und keinen „Vorher-nachher-Vergleich“ gibt. Daten zur Effizienz sollen im Herbst 2013 vorliegen, dann sollen „Beobachtungsprotokolle der Einsatzorganisationen“ ausgewertet sein, hieß es bei der Präsentation der Befragung.

3.000 Autofahrer befragt

Die Befragung zu Bekanntheit und Akzeptanz wurde vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) im Auftrag des Österreichischen Verkehrssicherheitsfonds (VSF) durchgeführt. In drei Phasen - November 2011, Juli 2012, November 2012 - wurden jeweils 1.000 Kfz-Lenker telefonisch befragt.

Laut der Befragung wird die Rettungsgasse für sinnvoll gehalten, wenngleich sie oftmals noch nicht funktioniert. Weitere Ergebnisse: Vor der Einführung der Rettungsgasse, im November 2011, hatten 73 Prozent den Begriff Rettungsgasse schon einmal gehört, ein Jahr später waren es 98 Prozent. Vor Inkrafttreten hielten noch 92 Prozent der Befragten die Rettungsgasse für sinnvoll, im November 2012 waren das dann 82 Prozent.

„Ja, ganz genau“ und „Ja, eher schon“ antworteten insgesamt 94 Prozent auf die Frage, ob sie wissen, was konkret bei der Bildung zu tun ist. Allerdings gaben dann nur acht von zehn auch die richtige Antwort: Zu bilden ist sie bereits beim Stocken des Verkehrs.

Persönliche Erfahrungen abgefragt

Abgefragt wurden auch die persönlichen Erfahrungen der Lenker. „Fast die Hälfte war bereits in einer Situation, in der die Rettungsgasse gebildet werden musste“, erklärte Othmar Thann, Geschäftsführer des Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Von diesen gaben 53 Prozent an, dass sie sehr oder eher gut funktioniert hat. 16 Prozent antworteten mit „teils, teils“ und insgesamt 30 Prozent mit „eher schlecht“ oder „sehr schlecht“. „Fahrzeuge in der Rettungsgasse vorgefahren“, „Keine gebildet trotz Möglichkeit“ und „Zu spät gebildet“ waren die häufigsten Antworten auf die Frage, was nicht funktioniert hat.

Grafik Rettungsgasse

APA/Martin Hirsch

Blaulichtorganisationen: „Keine Alternative“

Die bei der Pressekonferenz anwesenden Vertreter der Blaulichtorganisationen zogen einstimmig eine positive Bilanz: „Die Regelung ist bekannt und wird überwiegend eingehalten“, so Martin Germ, Leiter des Verkehrsdiensts im Innenministerium. „Es gibt keine vernünftige Alternative“, resümierte der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum. Die Rettungsgasse funktioniere schon gut, es brauche jedoch weiterhin Aufklärung und Informationen.

Zwar gebe es „Probleme durch einzelne Vorfälle“, dennoch war die Einführung ein wichtiges Ereignis, um „wichtige Minuten früher vor Ort“ zu sein, sagte Armin Blutsch, Vizepräsident des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes. „Unsere Einsatzfahrzeuge sind sicherer unterwegs“, erklärte Reinhard Hundsmüller, Bundesgeschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes Österreich. „Von einzelnen Formfehlern lassen wir uns nicht ablenken.“

Alle Experten appellierten an Verkehrsteilnehmer, als Vorbilder zu fungieren und erinnerten daran, dass die Bestimmungen immer gelten, nicht nur wenn Blaulichtfahrzeuge im Einsatz sind.

An die 100 Anzeigen bisher

Wie viele Verkehrsteilnehmer wegen „Nichtbildens der Rettungsgasse“ angezeigt wurden, dazu gibt es laut Germ keine Statistik. Aber „an die 100 Anzeigen hat es schon gegeben“. Und: „Die Polizei überwacht die Rettungsgasse im Rahmen ihrer Möglichkeit“, sagte er. Die Einhaltung zu überprüfen - beispielsweise über Geschwindigkeitsüberschreitungen - ist laut dem Experten nicht möglich.

Autofahrerclubs orten Verbesserungspotenzial

„Noch nicht am Ziel“, kein „Flop“, aber noch lange nicht „Top“: So lautet das Fazit der beiden Autofahrerclubs knapp ein Jahr nach Einführung der Rettungsgasse. Dennoch ist sie eine „wesentliche Erleichterung für Einsatzkräfte“ und der „richtige Weg“, resümierte der ÖAMTC. Allerdings gebe es in der Umsetzung noch viel Verbesserungspotenzial. Es komme einfach noch zu häufig vor, dass die Rettungsgasse nicht richtig gebildet oder vorschriftswidrig befahren wird.

„Die ein Jahr alte Rettungsgasse ist eine gravierende Änderung von jahrzehntelangen Gewohnheiten. Deshalb muss man nun schauen, wo es hakt, und nachbessern“, so Lydia Ninz, Generalsekretärin des ARBÖ. Ihrer Meinung nach funktioniert die Rettungsgasse überall dort, wo die Situation eindeutig ist: „Hat die Fahrbahn zwei Spuren, weichen die im Stau Stehenden nach links beziehungsweise nach rechts aus - das bestätigen auch die ARBÖ-Pannenfahrer. Hat die Fahrbahn aber mehr als zwei Spuren, so endet die Rettungsgasse zwar in seltenen Fällen, aber doch im Chaos“, kritisierte der ARBÖ.

Dem ARBÖ sind so immer wieder Probleme auf der Südosttangente (A23) aufgefallen. Bedingt durch zahlreiche Auf- und Abfahrten sowie das enorme Verkehrsaufkommen im Morgen- und Abendverkehr klappte aus Erfahrung der ARBÖ-Pannenfahrer die Bildung einer Rettungsgasse nur in seltenen Fällen.

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