Street Food: „Wien ist zu steif und bürokratisch“

Hochwertiges Essen von mobilen Ständen auf der Straße liegt seit Jahren im weltweiten Trend. Während das Geschäft in London und Berlin boomt, ist es in Wien kaum zu spüren. Die wenigen Betreiber kritisieren, dass Wien zu „steif und bürokratisch“ dafür ist.

Unter dem Titel „Diners Club #1“ fand am 12. März in der Leopoldstadt das erste Street-Food-Event Wiens statt. „Es ist eine Art Food-Clubbing“, sagte Monica Kranner, die seit Jahren den Food-Truck Hy-Kitchen an der Freyung betreibt, gegenüber wien.ORF.at. Ein ähnliches Programm bot der erste „Street Kitchen - Food Market“ am 30. April in der Marx-Halle.

Der Food Truck "Hy-Kitchen" auf einem Marktplatz in Wien

Hy-Kitchen

In einem cremefarbenen Citroen-Kleintransporter befindet sich die Hy-Kitchen

Mühsame Behördenwege für Bewilligung der Plätze

Setzen sich die Street-Food-Veranstaltungen nach April regelmäßig fort, ist eine engere Zusammenarbeit mit der Stadt gefragt. „Wien heißt dieses Thema nicht willkommen. Wir sind von den Behörden her noch nicht so weit“, sagt Kranner, die ein Jahr lang auf die notwendigen Bescheide warten musste, um ihren Food-Truck offiziell in Betrieb zu nehmen. „Von der Stadtgestaltung wurde mir gesagt, dass ich mit meinem Oldtimer und frischem Essen nicht ins Stadtbild passe“, so Kranner im Gespräch mit wien.ORF.at. Neben der Stadtgestaltung entscheiden das Marktservice und die Bezirksvorstehung bei der Vergabe der Standplätze.

Seit 2012 bietet Kranner ihr mobiles Essen an. An der Situation der Standvergabe habe sich seitdem jedoch wenig geändert. Als sie im Advent 2014 einen Antrag einreichen wollte, habe sie als Antwort bekommen: „Einreichen können’S schon, es geht sich aber nicht mehr aus vor Weihnachten, und genehmigen werden wir es auch nicht.“ Nicht nur einmal haben sie Reaktionen wie diese und Wartezeiten auf Genehmigungen von bis zu einem halben Jahr fast um ihre Existenz gebracht. „Man braucht ein zweites Standbein und eine Bank, die offen dafür ist, dich zu unterstützen“, so Kranner.

Menschen essen vor einem Food Truck

Wrapstars

Seit Oktober 2013 ist der Wrapstars-Truck auf Wiens Straßen unterwegs

„Stadt denkt zu wenig unternehmerisch“

Auch Marko Ertl und Matthias Kroisz, die Gründer von Wrapstars, die mit ihrem Food-Truck an verschiedenen Unistandorten stehen, haben mühsame Erfahrungen gemacht. „Wien ist extrem reguliert“, sagt Kroisz. Während der Semesterferien hatten sie „Zwangspause“, andere Standplätze für Februar wurden ihnen nicht genehmigt.

„Man kann nicht sagen, dass uns die Stadt hindern will. Ich glaube, sie ist einfach überfordert mit diesen neuen Bedürfnissen. Wien ist zu steif, zu bürokratisch. Es fehlt der Gründergeist“, so Kroisz. „Wenn die Auflagen ein wenig flexibler wären und wir mehr mit der Stadt zusammenarbeiten dürften, könnten wir bestimmt auch wieder mehr Plätze beleben.“

„Leute wollen dort stehen, wo es floriert“

Wollen Kroisz und Kranner ihre Food-Trucks auf einem der Märkte Wiens platzieren, müssen sie am gewünschten Tag um 6.00 Uhr mit dem Gewerbeschein an Ort und Stelle sein und beim jeweiligen Marktservice damit einen Platz beantragen. Sind bereits alle Plätze vergeben, entscheidet das Los, wer den nächsten freien Spot bekommt.

Laut Marktservice ist eine fixe Vergabe der Plätze ohne Befristung auch möglich. Für einen Standplatz beträgt die Miete rund 1,50 Euro pro Quadratmeter und Tag. „Seit Jahren nimmt der Trend zu, den Standort häufig zu wechseln. Die Leute wollen dort stehen, wo es gerade floriert“, sagte Alexander Hengl vom Marktservice gegenüber wien.ORF.at.

"Wrapstars"-Truck

Wrapstars

Die „Wrapper“ wechseln jeden Tag ihren Standort

Bezirksvorstehung und Polizei prüfen

Neben Märkten können auch Standplätze auf öffentlichen Verkehrsflächen beantragt werden. Dabei muss im Vorfeld eine Bewilligung mindestens vier Wochen vor dem beabsichtigten Termin eingereicht werden. Sie umfasst Informationen zur Tätigkeit an Ort und Stelle, zu den Ausmaßen der Örtlichkeit sowie zu den angebotenen Speisen, der Abfallentsorgung und vielem mehr.

Danach beginnen die Verhandlungen am geplanten Ort: Marktservice, Polizei, Bezirksvorstehung und die Stadtgestaltung prüfen etwa die Verkehrsordnung oder die Frage, ob der Food-Truck „harmonisch“ in die Umgebung passt. „Wir achten auch darauf, dass beispielsweise nicht mit Gas in der Nähe eines Kanaldeckels gearbeitet wird“, sagt Hengl.

Unangekündigte Kontrollen des Marktservices

Ist ein Standplatz bewilligt, müssen die Betreiber der Food-Trucks jederzeit mit unangekündigten Kontrollen des Marktservices rechnen. Dabei wird zunächst die Erlaubnis selbst geprüft. „Wenn beispielsweise ein Würstelstand in der Nähe einer Schule ist, darf dort an alkoholischen Getränken nur Bier ausgeschenkt werden. Wir überprüfen, ob dort was anderes auch noch ausgeschenkt wird“, so Hengl. Eine Überprüfung des Gewerbes, des Stroms sowie des Zustands der Lebensmittel und der Hygiene kann ebenfalls vom Marktservice durchgeführt werden.

Hy-Kitchen am Markt

Hy-Kitchen

Food-Truck-Betreiber müssen sich an strenge Hygieneauflagen halten

Je nach Betrieb kann die Hygienekontrolle von einer halben bis zu acht Stunden dauern. Das Marktservice kontrolliert dabei etwa den Zustand der Arbeitsflächen, der Wände und Böden. Es wird auch geprüft, ob die Waren ordnungsgemäß gekühlt und die Lagertemperaturen den verschiedenen Lebensmitteln angepasst sind.

Auch die Sauberkeit wird geprüft - Personalhygiene sowie der Zustand und die Lagerung von Putz- und Desinfektionsmitteln fallen in diesen Bereich. Das Marktservice untersucht auch, ob die Rückverfolgbarkeit der Waren gegeben ist. Je nach Ausmaß der Verstöße müssen die Betreiber mit Konsequenzen in Form von einer Mahnung bis hin zur Schließung ihres Betriebs rechnen. Diese Fülle an Auflagen schreckt potentielle Betreiber von Food-Trucks in Wien ab.

Links: