Jüdisches Museum ehrt Wiesenthal

Vor zehn Jahren ist Simon Wiesenthal verstorben, das Jüdische Museum ehrt ihn in der Dependance am Judenplatz ab Sonntag mit einer Ausstellung. Wiesenthal wird etwa als Patriot, streitbarer Politakteur und „Nazi-Jäger“ gezeigt.

Die bis 8. Mai 2016 laufende Ausstellung wird exakt zehn Jahre nach Wiesenthals Tod am 20. September 2005 eröffnet. Man erinnere an den großen Österreicher, der die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit hierzulande geprägt habe wie kaum ein anderer, sagte Museumschefin Danielle Spera am Freitag.

Simon Wiesenthal bei Interview im Jahr 1998

APA/Robert Jäger

Simon Wiesenthal bei einem Interview im Dezember 1998

Bisher unveröffentlichtes Material zu sehen

Im Zentrum der Annäherung an den gebürtigen Galizier steht seine Tätigkeit und sein Verhältnis zur Bundeshauptstadt. „Nach Kriegsende und seiner Befreiung aus dem KZ Mauthausen wurde Wien bald die Stätte seines Wirkens und seiner unermüdlichen Suche nach Gerechtigkeit“, so Spera.

In zehn Aspekten versucht die vom Kuratorenteam des Museums gemeinsam gestaltete Ausstellung „Wiesenthal in Wien“ dem Phänomen des international hauptsächlich als „Nazi-Jäger“ apostrophierten Aufdeckers, der vor allem wegen seiner zentralen Rolle bei der Ergreifung des SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann weltbekannt wurde, gerecht zu werden.

Die Arbeitsweise Wiesenthals bei der Suche nach NS-Verbrechern bildet freilich einen Hauptfokus. Zu sehen sind etwa ausgewählte Recherchematerialien, Fotos und bisher unveröffentlichtes Schwarz-Weiß-Filmmaterial von einem Besuch in seinem Dokumentationszentrum.

Konflikte mit IKG und Kreisky

Das Dokumentationszentrum war zunächst in Räumen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) untergebracht. Mit dieser überwarf sich Wiesenthal wegen inhaltlicher Differenzen, sodass er sich 1964 auf eigene Beine stellte und das Zentrum in eine Wohnung am Rudolfsplatz übersiedelte. Seit 1975 befindet es sich an der jetzigen Adresse in der Salztorgasse.

Nicht nur die oppositionelle Haltung innerhalb der IKG ist Thema, sondern auch sein geradezu legendärer Konflikt mit SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky, der durchaus „ins Irrationale abgeglitten“ sei, wie Chefkurator Werner Hanak-Lettner befand. Wiesenthals wachsende Hinwendung zur ÖVP wird in diesem Zusammenhang ebenfalls angeschnitten.

Entwürfe für Mausoleum in Jerusalem

Frühe Erinnerungsarbeit mit Displaced Persons in den Nachkriegsjahren, ein - nie verwirklichter - Entwurf des diplomierten Architekten für ein Mausoleum in Jerusalem, in dem 30 Urnen mit Asche aus Konzentrationslagern beigesetzt werden sollten, sowie der Eingang seiner Tätigkeit in Spielfilme werden ebenso kurz thematisiert.

Die Ausstellungsmacher weisen außerdem darauf hin, dass Wiesenthal trotz und gerade wegen seiner äußerst kritischen Haltung zu Österreich ein Patriot gewesen sei. Durch sein Engagement habe er versucht, dieses Land zu einem moralischeren und besseren Ort zu machen, meinte Hanak-Lettner.

Veranstaltungshinweis

Die Ausstellung „Wiesenthal in Wien“ im Jüdischen Museum Wien am Standort Judenplatz ist bis 8. Mai 2016 geöffnet.

Laut Spera wird die Wiesenthal-Schau nicht zufällig im Nebenhaus am Judenplatz gezeigt. Immerhin befindet sich dort das Mahnmal für die Holocaust-Opfer, das er in den 1990er Jahren als Kritiker der von Alfred Hrdlicka gestalteten Gedenkstätte vor der Albertina durchgesetzt hatte. „Dieser Platz gehört einfach Simon Wiesenthal“, resümierte die Museumsdirektorin.

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