Wien wirbt um EU-Arbeitsmarktbehörde

Wien könnte Sitz einer europäischen Arbeitsmarktbehörde werden, die künftig grenzüberschreitendes Lohndumping EU-weit ahnden soll. Im Wiener Rathaus und der SPÖ rechnet man sich gute Chancen dafür aus.

„Die EU-Entsenderichtlinie liegt vor, aber was wir brauchen, ist grenzüberschreitende Kontrolle - es fehlt eine Aufsichtsbehörde, die kontrolliert, ob Sozialdumping stattfindet“, sagte SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner am Montag im Wiener Rathaus. Die Weichen für eine solche Behörde sind Angaben zufolge bereits gestellt. Im Juni soll die finale Entscheidung darüber fallen.

Bei der Ansiedlung einer EU-Arbeitsmarktbehörde in Wien setzen die heimischen Sozialdemokraten auch auf Rückenwind aus Deutschland: Die deutsche Bundesregierung und der Deutsche Gewerkschaftsbund hätten bereits signalisiert, dass so eine Behörde hier sehr gut sei und Sinn mache, so Regner. „Wir sind an der Schnittstelle zu jenen Ländern, wo das Lohngefälle sehr stark ist.“

Rathaus

ORF.at/Christian Öser

Die EU-Behörde soll von Wien aus grenzüberschreitendes Lohndumping ahnden

Behörde beschäftigt 140 Mitarbeiter

Doch auf den Sitz der Behörde spitzen auch andere EU-Mitglieder: „Es gibt Interesse aus dem Norden, sprich Schweden, und es gibt Interesse aus dem Süden, sprich Bulgarien“, räumte SPÖ-Sozialsprecher und Baugewerkschafter Josef Muchitsch ein.

Die neue Behörde soll dem designierten Wiener Bürgermeister Michael Ludwig zufolge „140 Mitarbeiter plus Generalrat und Generaldirektion“ umfassen. Die lokale Ansiedlung könnte er sich „in der Seestadt Aspern oder am Nordbahnhofgelände“ vorstellen.

Über verschärfte gesetzliche Regeln für den Einsatz von Arbeitskräften aus Niedriglohnländern in reicheren EU-Staaten ist man sich auf europäischer Ebene - in der Theorie - längst einig: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort, also gleiche Löhne wie Einheimische im Zielland. Nun geht es um die Umsetzung, was auch grenzüberschreitende Sanktionen erfordert, wenn gegen die bereits bestehenden Regeln verstoßen wird.

Schwarze Schafe können nicht abgestraft werden

Derzeit kann Sozialdumping in Österreich zwar festgestellt werden, doch die Unternehmen aus dem EU-Ausland, die kurzzeitig hierher entsendete Arbeitskräfte nicht ortsüblich entlohnen, können nicht abgestraft werden. Aufgrund der guten Konjunktur sei Österreich „ein Zielland für Entsendungen“, aber auch „ein Hotspot für Lohn- und Sozialdumping“, so Muchitsch. Der Mindestlohn in Österreich liege bei 1.500 Euro, in Bulgarien nur bei 200 Euro. Besonders häufig kommt es in der Baubranche zu Verstößen gegen die EU-Entsenderichtlinie, aber auch Lkw-Fahrer sind massiv davon betroffen.

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