Volkstheater: Bewerbungsprozess gestoppt

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) stoppt den Bewerbungsprozess für die Leitung des Volkstheaters. Der Grund: Die zuständige Jury will angesichts der budgetären Situation des Hauses keine Kandidaten vorschlagen.

Die einstimmige Empfehlung der Jury sei überraschend gekommen, hielt Kaup-Hasler fest. Allerdings habe sie eine „langgehegte eigene Überlegung“ fachlich bestätigt. Wiens Kulturstadträtin will laut eigenen Angaben nun persönlich jene Grundvoraussetzungen schaffen, die es der Jury ermöglichen, „ihre Arbeit fortzusetzen und eine geeignete Leitung für das Volkstheater zu finden“.

„Rasches Handeln erforderlich“

„Ich werde mit dem Bund, aber auch mit den Vertretern der Volkstheater-Privatstiftung intensive Gespräche führen“, kündigte sie an. Sie habe Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) von der Dringlichkeit einer Lösung schriftlich unterrichtet - nachdem es zu dem Thema bereits ein Vieraugengespräch gegeben habe, wie die Stadträtin berichtete. Wie lange der Bewerbungsprozess außer Kraft gesetzt ist, ist offen. „Meinerseits ist auf jeden Fall rasches Handeln erforderlich“, sagte Kaup-Hasler.

Veronica Kaup-Hasler

APA/Hans Klaus Techt

Kaup-Hasler will das Volkstheater finanziell stärken

Jury nennt keine Kandidaten

Jene Kommission, die damit betraut ist, Kandidaten für die Nachfolge von Direktorin Anna Badora zu finden, sieht sich außerstande, solche zu nominieren. Das wurde in einem Protokoll nach einem Hearing mit neun Personen festgehalten. Nötig sei eine „substanzielle Anhebung“ der finanziellen Ausstattung des Theaters, hieß es.

Dieses war nach einem Hearing mit neun Interessenten erstellt worden. Die Geladenen waren aus einer Zahl von insgesamt 72 Bewerbungen ausgewählt worden. Sie durften sich laut dem Protokoll präsentieren und mussten eine Reihe von Fragen beantworten - auch zur Finanzierbarkeit ihrer Vorstellungen.

Kaup-Hasler (SPÖ) live im Studio

Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler spricht über die Zukunft des Volkstheater live im Wien-heute-Studio.

„Chronische Unterdotierung“ korrigieren

Es seien durchaus „schlüssige und überzeugende Konzepte“ vorgelegt worden, wie festgehalten wurde. Allerdings sei eine Neuausrichtung des Hauses nur mit einer „substanziellen Anhebung der finanziellen Ausstattung möglich“. Wörtlich heißt es: „Eine Prolongierung der derzeitigen Mangelwirtschaft bedeutet letztlich das Inkaufnehmen eines Qualitätsverlustes.“ Diesen wolle keiner der Kandidatinnen bzw. Kandidaten verantworten.

Volkstheater

ORF.at/Christian Öser

Dem Volkstheater fehlt das Abonnentenpublikum

„Die Kommission empfiehlt daher, die chronische Unterdotierung zu korrigieren“, heißt es weiter. Die Größenordnung liege nach „übereinstimmender Auffassung“ der Experten bei drei Mio. Euro pro Jahr - samt Valorisierung der Zuschüsse in den Folgejahren. Die Aufforderung ging dem Vernehmen nach sowohl an die Stadt als auch an den Bund.

Zuletzt hatte das Haus auch mit der Auslastung zu kämpfen. 2018 blieb die Besucherauslastung im Haupthaus mit 52,4 Prozent weit unter den Planzahlen - mehr dazu in Volkstheater kämpft mit niedriger Auslastung.

Blümel gegen höhere Subventionierung

Der Ruf des Volkstheaters nach einer Subventionserhöhung um drei Millionen Euro pro Jahr inklusive jährlicher Valorisierung stößt bei Kulturminister Blümel auf wenig Gehör. Am Rande einer Pressekonferenz zu den Bundesmuseen bat er am Donnerstag um „Verständnis, dass nicht immer alle Forderungen erfüllt werden können“. Der Ruf nach mehr Geld komme von vielen Seiten.

Es sei nicht endlos viel Geld vorhanden, alles müsse „im Rahmen gesehen werden“. Allein die von seinem Vorgänger Thomas Drozda (SPÖ) und dem früheren Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) „mäßig formelle Zusage“, für die Sanierung - ebenso wie die Stadt Wien - je zwölf Millionen Euro bereitzustellen, habe Blümel „einiges an Nervenanstrengung gekostet, wie man dem auch nachkommen kann“. Schließlich sei die Summe - anders als bei der Stadt Wien - nicht ins Budget übernommen worden.

Er stehe jedoch zu dieser Zusage, und man habe sich - wie bereits bekannt - darauf verständigt, das Geld für die Sanierung unter Auflagen bereitzustellen. „Der Bund kommt hier klar seiner moralischen Verpflichtung nach“, so Blümel, der jedoch über den Zuschuss zur Sanierung hinaus derzeit nicht über eine Subventionserhöhung für den laufenden Betrieb nachdenken möchte.

SPÖ appelliert an Blümel

Kaup-Hasler sieht darin vor allem eine spontane, emotionale Reaktion Blümels. Sie ist sich sicher: „Bei sachlicher Kenntnis und Beschäftigung mit dem Theater - auch im Vergleich mit anderen Theatern im deutschsprachigen Raum - wird man feststellen, dass dieses Theater dringend eine Höherdotierung braucht“, so die Kulturstadträtin im „Wien heute“-Interview.

SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda forderte hingegen eine „gemeinsame Kraftanstrengung für das Volkstheater“: „Da darf sich auch der Bund nicht aus der Verantwortung ziehen.“ Der Schritt der Findungskommission, den Bewerbungsprozess für die künstlerische Leitung auszusetzen, zeige die dramatische Lage: „Ich unterstütze die Initiative der Kulturstadträtin in Wien, zuerst die finanziellen Grundvoraussetzungen für den Fortbestand des Volkstheaters zu schaffen, und appelliere an Bundesminister Blümel, hier eine gemeinsame Lösung zu finden.“

Bewerberkreis erweitern

Durch die Blume wurde am Donnerstag auch angedeutet, dass der Kreis der für die Leitungsposition Interessierten nicht ganz den Vorstellungen entsprochen habe. Denn abschließend wird angemerkt: Nur mit einer zusätzlichen Dotierung seien sowohl weiterführende Gespräche mit Kandidaten, die am Hearing teilnahmen, als auch die „Erweiterung des Kreises“ der Bewerber um „jene Personen, die auf der Grundlage der jetzigen finanziellen Situation von einer Bewerbung bedauerlicherweise Abstand genommen haben“, möglich.

Entschieden wird die Nachfolge Badoras von einer Jury unter der Leitung der Vorsitzenden des Vorstandes der Volkstheater Privatstiftung, Vienna-Insurance-Group-Vorständin Judit Havasi. Weitere stimmberechtigte Jurymitglieder sind Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann, der kaufmännische Direktor der Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz, der Theaterreferent der Stadt Wien, Arne Forke, sowie die designierte Intendantin der Münchner Kammerspiele, Barbara Mundel.

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