Flüchtige Himmelsgebilde im Leopold Museum
Jede Epoche vom Impressionismus über den Surrealismus bis hin zur Pop Art stellte die Wolken auf eigene Weise dar. Manche Künstler malten sie unter freiem Himmel, andere stiegen in Flugzeuge und schossen Schwarzweiß-Fotografien aus der Vogelperspektive oder ließen einfach Webcams für sich arbeiten, die Wolkenbilder im wechselnden Tagesverlauf aufnehmen.
Mit rund 300 Arbeiten von 1800 bis heute bietet nun die Schau „Wolken. Bilder zwischen Himmel und Erde“ im Leopold Museum erstmals einen systematischen Überblick über die Darstellung der flüchtigen und ästhetischen Himmelsgebilde in der Kunst.
Sammlung Fotomuseum Winterthur, Dauerleihgabe Sammlung Andreas Züst
Wolkenmalerei beginnt um 1800
Etwa um 1800 begannen sich Künstler in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Skandinavien intensiv mit der Darstellung von Wolken auseinanderzusetzen. Die Naturbeobachtung stand dabei im Vordergrund. Caspar David Friedrich, ein Maler der deutschen Romantik, war bekannt für seine empfindsamen Himmelsdarstellungen.
Der Engländer William Turner hingegen verdichtete in seinen schillernden Wolkenbildern den gesamten Kosmos, die Grenzen zwischen Himmel und Erde lösten sich auf: Wasser, Dampf, Nebel und Wolken verschmolzen, wie etwa in Gemälden von der Küste Margates oder des Vierwaldstätter Sees. Neben Turner gilt John Constable als wichtigster Wolkenmaler, der hunderte kleinformatige Wolkenstudien anfertigte.
The Samuel Courtauld Trust, The Courtauld Gallery, London
Die Impressionisten reizten bewegte Motive
Für die Maler des Impressionismus verwuchsen Wolken in der für sie charakteristischen Licht erfüllten Malweise mit der übrigen Landschaft zu einer Einheit, wie etwa in den Landschaften von Claude Monet und Alfred Sisley. Für viele Künstler um 1900 sind Wolken hingegen Metaphern einer dynamisierten Natur, in welcher die Kraft unbändigen Lebens herrscht. In Bewegung begriffene Motive wie flirrende Wasserspiegelungen oder auch rasch wechselnde Wolken waren für die Impressionisten besonders reizvoll.
Bei dem Schweizer Maler Ferdinand Hodler, dem wichtigsten Repräsentanten des Schweizer Jugendstils, wurden Berge und Seen häufig von nahezu ornamental gestalteten Wolkenformationen bekrönt. Für die Vertreter des Expressionismus waren Himmelsdarstellungen eine Gelegenheit ihren Umgang mit Farbe besonders eindringlich zu zelebrieren, so etwa bei Emil Nolde.
Musée d’art et d’histoire, Ville de Genève
Vom Mensch gemachte Wolken
Der Surrealist Rene Magritte liebte wiederum das Spiel der Überraschung und Verfremdung und machte dies besonders häufig an Hand von Wolkenmotiven. Bis zum heutigen Tag haben Wolken in der Malerei nichts an Faszination verloren, denkt man zum Beispiel an die realistisch gemalten Wolkenmotive bei Gerhard Richter.
Ob die Aschenwolke nach einem Vulkanausbruch, die Dampfschwaden einer Eisenbahn oder die Pilzwolke nach der Detonation einer Atombombe: Nicht nur natürliche Himmelsformationen wurden mit Papier und Pinsel festgehalten, auch fiktive Wolken, Dampf und Nebelschwaden faszinierten Künstler.
Conner Family Trust/ VBK, Wien 2012
Wechselseitig beeinflusst: Fotografie und Malerei
Einen besonderen Beitrag leistete von allem Anfang an die Fotografie. Die suggestiven Lichtbilder des 19. Jahrhunderts etwa versuchten die übergroße Lichtfülle eines taghellen Himmels mit Hilfe von unterschiedlichen Belichtungszeiten in den Griff zu bekommen, wie die Werke des französischen Fotografen Gustave Le Gray zeigen. Motivisch nahmen die Fotografen oft Anleihen in der Malerei und Fotografie beeinflusste ihrerseits die zeitgleiche Malerei.
Leopold Museum
Ausstellungshinweis:
„Wolken. Bilder zwischen Himmel und Erde“, Leopold Museum, MuseumsQuartier, 22. März bis 1. Juli 2013, täglich bis auf Dienstag 10.00 bis 18.00, Donnerstag bis 21.00 Uhr, Eintritt 12 Euro
Sendungshinweis
„Wien heute“, 20. März 2013
Wölkchen in Endlosschleife
Spielerisch knüpfte der US-Künstler Cory Arcangel an die heutigen Unterhaltungs- und Kommunikationsmedien an. In seiner Arbeit „Super Mario Clouds v2k3“ (2002) verband er Elemente der Internet-, Popmusik- und Videospielkultur.
Mit einem selbst gebauten Chip modifizierte er das bekannte Computerspiel „Super Mario Brothers“: Arcangel blendete damit alles aus dem Spiel aus, außer den blauen Himmel und die weißen Wölkchen, die in Endlosschleife von rechts nach links vorbeiziehen. Aus der Hetzjagd, bei der Mario Gegner und Hindernisse überwinden muss, wurde eine meditative Wolkenbetrachtung.
Silberne Luftkissen schweben über Besucher
Über den Köpfen der Besucher schweben Andy Warhols „Silver Clouds“, eine kinetische Rauminstallation: Der wohl wichtigste Vertreter der amerikanischen Pop-Art ließ silberne Luftkissen mit Helium füllen und sie 1966 erstmals in der Galerie von Leo Castelli in New York aufsteigen.
The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts.Inc./VBK, Wien 2013
Er konzipierte sie als Wegwerfkunst und hatte nichts dagegen, dass die Miniatur-Wolken aus dem Fenster segeln und verschwinden. Im Leopold Museum bleiben die Fenster hingegen geschlossen und die Besucher werden in einem eigenen Raum zum Mitmachen animiert: Berühren und Bewegen der Kissen ist ausdrücklich erlaubt.