Mordprozess: 27-Jähriger belastet

Im Prozess um den Mord an einer 48-Jährigen in der Wiener Innenstadt hat der 27-jährige Angeklagte seine Unschuld beteuert. Der Mann wurde durch Aussagen von Zeugen belastet, ein Urteil soll am nächsten Verhandlungstag am Donnerstag fallen.

Der 27-Jährige wurde am Dienstag erstmals im Prozess einvernommen, „ich bin unschuldig“ meinte er dabei. Die Richterin fragte bis ins letzte Detail, wie sich der mittellose Asylwerber und die vermögende Frau kennengelernt hatten. Ausschweifend und mit vielen Erklärungen erklärte der Angeklagte, von der 48-Jährigen auf der Kärntner Straße angesprochen worden zu sein. In einer Innenstadt-Disco habe er das Opfer zwar gesehen, aber nicht mit ihr gesprochen. Man sei noch etwas trinken gegangen, sie Wodka, er Wasser.

Angeklagter in Prozess nach Mord an 48-Jähriger in der Innenstadt

APA/Herbert Neubauer

Der Angeklagte sagte am Dienstag erstmals im Prozess aus

Erinnerungslücken an Tag der Tat

Wer am Tag danach wen angerufen hatte, daran konnte sich der Angeklagte im Prozess nicht erinnern. Die beiden trafen sich erneut, tranken viel und hatten mehrmals Sex. Die Frau wollte ihm in seinen laufenden Asylverfahren „beistehen“, meinte der 27-Jährige. Zum Mord war es am 15. September 2011 gekommen. Die Frau wurde an Armen und Beinen gefesselt und mit einem Ledergürtel erdrosselt.

Dass er in der Tatnacht mit dem Opfer zusammen war, bestritt er nicht, mit der Tat selbst wollte der Tunesier allerdings nichts zu tun haben. Er habe einen netten Abend verbracht, an dem viel geraucht und getrunken worden war, und sei dann um 4.00 Uhr gegangen, um auf einer nahe gelegenen Bank erst einmal allein zu sein und über sein Leben nachzudenken.

In der selben Nacht hat er sich dann bei zwei Freunden einquartiert. Dass er sich dort einiges von der Seele reden und ein bisschen feiern wollte, konnten die beiden im Zeugenstand allerdings nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: Der Angeklagte habe ihm einen teuren Ring und eine Halskette gezeigt, die er einer Frau, mit der er Sex gehabt hatte, gestohlen haben wollte, so ein Zeuge. Der zweite fand in der Jackentasche des unverhofften Gastes statt Zigaretten eine wertvolle Designer-Uhr, hakte jedoch aufgrund des einigermaßen hohen Alkoholspiegels nicht nach.

Mutter: Opfer „ausgehungert nach Liebe“

Noch mehr Ungereimtheiten deckte die Mutter des Mordopfers auf. Die 74-jährige, schwer herzkranke Frau betonte, wie übertrieben ordnungsliebend und überaus vorsichtig die 48-Jährige gewesen sei. Es wäre ihr „unbegreiflich“, warum ihre Tochter einen fremden Mann, den Angeklagten, freiwillig in ihre Wohnung mitgehen hätte lassen. Allerdings sei ihre Tochter nach einer gescheiterten langjährigen Beziehung sehr einsam und „ausgehungert nach Liebe und Zärtlichkeit“ gewesen.

Von etlichen sexuellen Beziehungen zu Männern, wie der Verteidiger der Mutter vorhielt, habe sie allerdings nichts gewusst: „Das ist doch alles Blödsinn.“ Zu einem gemeinsamen Essen mit dem Angeklagten habe sie ihrer Tochter sogar geraten. „Damit sie einmal wieder rauskommt. Sie hatte sich ja nach dem Ende einer fünfjährigen Beziehung total zurückgezogen. Es war ihre große Liebe.“

Noch am Abend vor dem Verbrechen hatte das Opfer ihre Mutter zu erreichen versucht, doch diese habe bereits geschlafen. „Als ich am nächsten Tag, gleich in der Früh, zurückgerufen hab, war das Handy abgeschaltet. Das war sehr ungewöhnlich.“ Erst zwei Tage später hat dann der Ex-Mann der 48-Jährigen, der im Besitz eines Wohnungsschlüssels war, die Leiche gefunden.

Festnahme in Nizza

Der Angeklagte war im Oktober 2011 auf Basis eines Europäischen Haftbefehls in Nizza festgenommen und ausgeliefert worden. In ihrem Übergabeersuchen hatte sich die österreichische Justiz nur auf den Mordverdacht bezogen. Der nun ebenfalls angeklagte Raubvorwurf kam in dem Ersuchen nicht vor. Nach Ansicht von Richterin Bettina Körber musste dieses Versäumnis nachgeholt werden muss, um das Verfahren gesetzmäßig fortführen zu können, was heute geschieht.

Der Prozess wird am 11. Oktober um 9.00 Uhr fortgesetzt. An diesem Verhandlungstag dürfte auch mit einem Urteil zu rechnen sein.

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