Abtreibungsärztin: Kein StA-Verfahren

In der Praxis einer Wiener Ärztin sollen bei Abtreibungen mehrfach schwere Komplikationen aufgetreten sein. Ein Verfahren der Staatsanwaltschaft, das Vorraussetzung für ein Berufsverbot ist, wurde noch nicht eingeleitet.

„Wir haben noch kein Verfahren. Eine Anzeige ist noch nicht eingelangt“, erklärte Nina Bussek, Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Donnerstagabend gegenüber der APA. Daran, so hatte man zuvor bei der für ein eventuelles temporäres Berufsverbot zuständigen Magistratsabteilung 40 erklärt, hängt aber genau diese Maßnahme. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft: „Wenn eine Anzeige einlangt, wird sie eingetragen. Wir haben offenbar noch keine.“ Somit kann auch noch gar kein Ermittlungsverfahren eröffnet worden sein.

20.000 bis 30.000 Abtreibungen
Genaue Zahlen über die vorgenommenen Abtreibungen gibt es nicht. Es handelt sich um privat zu zahlende Leistungen der Medizin von Spitälern, privaten Ambulatorien oder niedergelassenen Ärzten. Laut Ärzten liegt die Zahl in Österreich zwischen 20.000 und 30.000 Abtreibungen pro Jahr.

Juristisch kompliziert

Juristisch ist die Angelegenheit rund um eine seit vielen Jahren einschlägig bekannte Wiener Allgemeinmedizinerin offenbar nicht ganz so einfach, wie dies erscheinen könnte. Laut Magistratsabteilung 40 gibt es zwar die Möglichkeit, ein temporäres Berufsverbot für einen Arzt oder eine Ärztin auszusprechen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die zuständige Staatsanwaltschaft ein Verfahren eingeleitet hat und dies der Behörde mitteilt.

Das Berufsverbot gilt dann auch nur für die Dauer des Strafverfahrens und muss danach wieder aufgehoben werden, egal wie das Verfahren ausgegangen ist. Ein permanentes Berufsverbot könnte demnach nur die Österreichische Ärztekammer aussprechen. Allerdings, die MA 40 – so die Auskunft am Donnerstag – würde im Falle der Wiener Ärztin nach Einleitung eines Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft sehr rasch ein temporäres Berufsverbot prüfen.

Ärztin wegen Missständen bei Abtreibungen unter Kritik

ORF

16 Mal fuhr in den vergangenen vier Jahren vor der Ordination in Wien die Rettung vor. Jedes Mal musste eine bei einem Schwangerschaftsabbruch verletzte Frau ins Krankenhaus gebracht werden.

„Die Gebärmutter wurde in einigen Fällen durchstoßen. Die Patientinnen haben schwere Blutungen erlitten, manchen mussten dann auch innere Organe entnommen werden. Sie sind in der Folge für ihr Leben gezeichnet“, sagte die Patientenanwältin Sigrid Pilz gegenüber Ö1.

Ärztin äußert sich nicht zu Vorwürfen

Der jüngste Fall ist erst vor wenigen Wochen passiert, so Pilz. Seit Jahren wisse die Ärztekammer Bescheid, dass die Frauen nicht ausreichend aufgeklärt werden und dass in der Praxis mit veralteten Methoden gearbeitet wird. „Das alles weiß die Ärztekammer und sie unternimmt nichts“, kritisierte Pilz. Sieben Frauen haben sich bisher bei der Patientenanwaltschaft gemeldet. Pilz schätzt die Dunkelziffer weit höher.

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Ärztin wollte sich zu Vorwürfen nicht äußern

Die Ärztin, die laut Patientenanwaltschaft für die Eingriffe Gynäkologen beschäftigt und selbst die Narkosen durchführt, schwieg zu den Vorwürfen. Sie war auch für Ö1 nicht erreichbar.

„Wir haben die Ordination mehrfach kontrolliert“, sagte Thomas Holzgruber von der Ärztekammer Wien gegenüber Ö1. Die Praxis war kurzzeitig auch schon von der Magistrationsabteilung 40 wegen hygienischer Mängel geschlossen worden.

Von Vorwürfen hinsichtlich Behandlungsfehlern wisse die Ärztekammer erst seit kurzem. Jetzt sehen wir uns diese Vorwürfe sehr genau an, sagte der Ärztekammer-Vertreter. Dass die Kammer schon viel länger Bescheid weiß, wie die Patientenanwältin Sigrid Pilz kritisierte, wies er zurück.

Entscheidung bis Ende des Sommers

Seit dem Frühjahr läuft das Verfahren wegen eines Berufsverbots, sagt Thomas Holzgruber. Dafür brauche man aber triftige Gründe. „Wir können nur dann ein Berufsverbot aussprechen, wenn wir konkrete Fälle haben, wo nachgewiesen wird, dass eine Ärztin nicht ‚State of the art‘ arbeitet“, sagte Holzgruber. Spätestens bis zum Ende des Sommers soll es in diesem Verfahren eine Entscheidung geben. Zwei Fälle werden nun geprüft, sagte Holzgruber.

Stöger: „Dann muss es wer anderer machen“

Mit Bekanntwerden der Vorwürfe ließ auch Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) gegenüber Ö1 aufhorchen: „Ich bin dafür, dass es eine Stelle gibt, die die Qualität sichert und kontrolliert. Wenn die Ärztekammer dazu nicht in der Lage ist, das geeignet zu tun, dann muss es wer anderer machen“. Die unabhängige Stelle zur Qualitätskontrolle der Ärzte könnte laut Stöger etwa im Gesundheitsministerium angesiedelt sein und sollte Teil des nächsten Regierungsprogramms werden - mehr dazu in oe1.ORF.at.

In Österreich übernimmt die Kontrolle der Arztpraxen bisher die Gesellschaft ÖQMed. Sie untersteht allerdings der Ärztekammer und kündigt Kontrollen an - mehr dazu in Kontrolle von Ärzten wird angekündigt.