Betrugsprozess gegen Arzt: Zeugen „verwirrt“

Am Wiener Straflandesgericht ist am Montag der Prozess gegen einen Arzt mit zahlreichen Zeugenbefragungen fortgesetzt worden. Der Mann soll nicht erbrachte Leistungen verrechnet und so die Krankenkasse um rund 700.000 Euro betrogen haben.

Wirklich weitergebracht dürften die Aussagen der Zeugen den Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Harald Craigher vorerst aber nicht haben. Die meisten Patienten konnten nur vage Angaben über Anzahl der Behandlungen bzw. Behandlungsgespräche machen, die bereits vor einigen Jahren stattgefunden haben.

Einige beteuerten auch, sie seien damals aufgrund einer Drogen-Substitutionstherapie „ziemlich verwirrt“ gewesen. Klare Erinnerungen hatte lediglich ein Zeuge, der von exakt drei Behandlungsgesprächen mit seinem Hausarzt sprach - laut Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) hatte der 68-Jährige aber 103 Gespräche abgerechnet.

Angeklagter ist teilgeständig

Der Arzt war vor knapp eineinhalb Jahren den Behörden aufgefallen. Es wurde bekannt, dass er die Drogen-Szene mit Substitutionsmedikamenten versorgt haben dürfte, indem er Rezepte für psychotrope Stoffe an Nichtberechtigte weitergab. Im Zuge der umfangreichen Ermittlungen kamen dann auch die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung mit der WGKK zutage.

Im bisherigen Prozess war der Angeklagte teilgeständig. Die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung mit der Kasse hätten maximal 50.000 Euro und nicht 700.000 Euro ausgemacht - mehr dazu in Betrugsprozess: Arzt teils geständig.

Rund 100 E-Cards in Praxis aufbewahrt

Wie die Unregelmäßigkeiten entstanden sind, könne er nicht sagen. Weil er nur teilgeständig ist, wird der Prozess nun mit weiteren Zeugeneinvernahmen fortgesetzt. Dem Arzt wird vorgeworfen, dass er rund 100 E-Cards seiner Suchtpatienten in seiner Praxis aufbewahrt hat, um so leichter nicht erbrachte Leistungen verrechnen zu können.

Er habe nur verhindern wollen, dass seine Patienten auch noch zu einem anderen Arzt in Therapie gehen, kontert der Angeklagte beim letzten Prozesstermin. Bei einem Schuldspruch drohen dem Arzt bis zu zehn Jahre Haft. Ein Urteil könnte kommenden Montag fallen. Für die - voraussichtlich - letzte Verhandlung am 2. Dezember wurde sowohl die Einsicht in den Tarifkatalog der WGKK als auch die Hinzuziehung eines EDV-Experten zur Prüfung der Datenübermittlung beantragt.