Schillerplatz-Verkauf: Vier Freisprüche

Im Prozess um den Kauf einer Immobilie am Schillerplatz haben die Verteidiger in ihren Plädoyers Freisprüche gefordert. Offenbar erfolgreich: Alle vier Personen, darunter die Ex-Vorstandschefs von Telekom und ÖBB, wurden freigesprochen.

Richterin Claudia Moravec-Loidolt begründete den Freispruch damit, dass ein wissentlicher Befugnismissbrauch von Sundt und Colombo mit Schädigungsvorsatz nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte. Der wichtigste Zeuge, der Leiter der Immobilienabteilung der Telekom, sei erkrankt, der Ursprung der Geschäftshandlung habe also nicht vollkommen aufgeklärt werden können.

Auf Immo-Experten vertraut

Die beiden Ex-Telekom-Vorstände Heinz Sundt und Stefano Colombo hätten sich auf den - später schwer erkrankten - Immo-Experten der Telekom verlassen, meinen die Anwälte. „Was können wir dafür, dass er jetzt nicht verhandlungsfähig ist“, so Colombos Anwalt Rudolf Mayer.

Sundt habe voll auf den sehr kompetenten Mitarbeiter vertraut, argumentierte auch Sundts Verteidiger Martin Nemec. Dieser habe Sundt den Kaufpreis von 5,4 Mio. Euro genannt. Sundt selber habe sich in Immobiliengeschäften gar nicht ausgekannt.

Verteidiger: Kein Schaden entstanden

Alles habe der - mittlerweile schwer erkrankte - Prokurist gemacht, mit dem es nie Probleme gegeben habe. Außerdem sei der Telekom durch den Verkauf gar kein Schaden entstanden. Der Verkaufspreis sei nicht zu niedrig gewesen. Die Telekom habe kein „Projekt“ verkauft, sondern freie Flächen. Ob dann der Käufer ein Projekt daraus mache, sei nicht Angelegenheit der Telekom bzw. von Sundt.

Auch der Anwalt von Colombo vertrat diese Verteidigungslinie. Es sei objektiv kein Schaden entstanden. Auch Ex-Telekom-Finanzvorstand Colombo habe dem Prokuristen und Immobilienexperten voll vertraut. Da dieser ein Experte gewesen sei, habe man kein externes Verkehrswertgutachten gebraucht.

Bei den verkauften Flächen am Schillerplatz in der Innenstadt habe es sich außerdem um eine problematische Immobilie gehandelt, da sie durch technische Einrichtungen des Wählamtes und Zutritt für Telekom-Mitarbeiter belastet gewesen sei. Die Telekom habe also gut verkauft.

„Jeder Käufer will billig kaufen“

Der Anwalt des Ehepaar Huber, die die Geschoße gekauft hatten und nach knapp einem Jahr ums Doppelte an die Seeste Bau verkauften, forderte ebenfalls Freisprüche für seine Mandanten. Ex-ÖBB-Chef Martin Huber sei zwar kein großer „Sympathieträger“, so der Verteidiger Meinhard Novak, aber er habe ihn nie angelogen.

Dem Ehepaar Huber wird Beitragstäterschaft an der angeklagten Untreue der Ex-Telekom-Vorstände vorgeworfen, aber was in der Sphäre der Verkäufer geschah, hätten diese gar nicht gewusst. „Jeder Käufer will billig kaufen“, Huber habe einfach „ein gutes Geschäft“ gemacht. Die Immobilien-Menschen seien „keine braven Jungs“.

Telekom hofft auf Schadenersatz

Die börsenotierte Telekom hat sich als Privatbeteiligte angeschlossen und hofft auf Schadenersatz. Ihr Vertreter sprach sich gegen den Versuch der Verteidigung aus, den Deal am Schillerplatz als Kauf von Anteilen darzustellen - und nicht als Kauf eines Objekts mit deutlich höherem Potenzial.

Hier sei plötzlich aus einem Mercedes mit Pickerl ein Golf ohne Pickerl gemacht worden. Hinterfragt wurde auch, wie der Dachausbau ein Jahr später beim Verkauf plötzlich doppelt so viel wert sein könne, obwohl in diesem Jahr keine Bautätigkeit stattfand.

Als einziger der vier Angeklagten nutzte Sundt die Gelegenheit zu einem kurzen Schlusswort. Er habe seitdem viel über Immobilien gelernt, aber auch mit dem heutigen Wissen würde er nocheinmal genauso wie damals handeln, sagte er.

Staatsanwalt: "Verkauf mies ausgepackelt

Staatsanwalt Michael Radasztics hat in seinem Schlussplädoyer die Verurteilung aller Angeklagten gefordert. Der Verkauf der Schillerplatz-Immobilie sei „mies ausgepackelt“ worden - ohne Verkehrswertgutachten, ohne Ausschreibung und ohne andere Bieter, brachte er vor. Die Telekom Austria habe dadurch einen Millionenschaden erlitten. „Das ist Untreue“.

Die angeklagten Ex-Telekom-Vorstände Heinz Sundt und Stefano Colombo würden sich nun „hinter einem Prokuristen und einem Baumeister verstecken, die sich beide nicht mehr wehren können“, kritisierte er die Verteidigungslinie der beiden Angeklagten.

Der Vorstand sei immer in der ersten Reihe, wenn es gelte Erfolge zu feiern - hier gelte aber für die beiden offenbar das Prinzip „nicht dabei sein ist alles“, so der Ankläger. Er forderte Schuldsprüche für alle vier Angeklagten.

Sundt

APA/ROLAND SCHLAGER

Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt

Vorwürfe: Untreue und schwerer Betrug

Im Prozess geht um den Vorwurf der Untreue (Strafrahmen bis zu 10 Jahre Haft) und gegen Ex-ÖBB-Vorstandschef Martin Huber auch wegen schweren Betruges. Vorige Woche wurde noch ein Geldwäsche-Verdacht gegen den ebenfalls angeklagten Ex-Finanzvorstand der Telekom, Stefano Colombo, bekannt.

Huber agierte über Treuhänder

Der Kaufvertrag wurde von Ex-Telekom-Vorstandschef Heinz Sundt und dem damaligen Telekom-Finanzchef Colombo auf Seiten des Verkäufers unterzeichnet - als einziger von insgesamt 49 Immobiliendeals der Telekom. Die Unterschrift von Sundt erfolgte kurz bevor er aus dem Unternehmen ausschied. Auf Käuferseite wurde der Vertrag erst ein halbes Jahr später unterzeichnet. Huber und seine Frau verteidigen die massive Wertsteigerung damit, dass man das Projekt im Vorfeld entwickelt und viel in Architekten und Rechtsberatung investiert hätte.

Huber trat beim Kauf nicht offiziell in Erscheinung, sein Anteil wurde treuhändisch gehalten. Als vor Jahren Vorwürfe auftauchten, Huber würde hinter dem Treuhänder stehen, verweigerte dieser zuerst die Auskunft. Staatsanwalt Michael Radasztics hatte während des Schillerplatz-Prozesses (in der Justiz als „Telekom-V-Prozess“ geführt) die Anklage gegen Huber auf schweren Betrug erweitert. Er habe seinem damaligen Arbeitgeber, den ÖBB, über sein Engagement beim Schillerplatz nicht die Wahrheit gesagt.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass Huber gegenüber der Staatsanwaltschaft Falschangaben eingeräumt hatte - mehr dazu in Causa Schillerplatz: Huber räumt Falschangaben ein (wien.ORF.at; 10.4.2014).

Ex-ÖBB-Chef Martin Huber, der ehemalige Telekom-Finanzchef Stefano Colombo und der ehemalige Telekom-Chef Heinz Sundt vor Gericht

APA/Roland Schlager

Die Ex-Vorstände Huber, Colombo und Sundt vor Gericht

Verdacht auf Geldwäsche gegen Colombo

Am bisher letzten Prozesstag vergangenen Freitag war Ex-Finanzchef Stefano Colombo unter Druck geraten. Staatsanwalt Radasztics hielt ihm vor, dass die Deutsche Bank in Österreich eine Anzeige gegen ihn wegen Geldwäscheverdachts erstattet hatte. Colombo bestätigte, dass er in mehreren Tranchen insgesamt 1,18 Millionen Euro in bar eingezahlt hatte. Woher er das Geld hatte, sagte er dem Gericht nicht.

Colombo wurde bereits - nicht rechtskräftig - wegen einer Kursmanipulation bei der Telekom zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, er hat dagegen Rechtsmittel eingelegt. Damals wie heute saß er neben Sundt auf der Anklagebank. Sundt wurde vom Verdacht der Kursmanipulation freigesprochen.

Zeuge wollte selbst kaufen

Vorige Woche hatte ein Zeuge ausgesagt, dass er gerne das Objekt - gemeinsam mit anderen Telekom-Immobilien - erworben hätte. Dazu habe man Huber als Experten geholt - dieser war jahrelang in einer Führungsposition beim Baukonzern Porr beschäftigt. Allerdings sei dann ohne Begründung der Schillerplatz von der Telekom vom Verkauf ausgeschlossen worden. Eine eigene Anbotslegung für den Schillerplatz sei nicht möglich gewesen. Später habe man dann erfahren, dass Huber beim Schillerplatz selber zugeschlagen hatte, so der Zeuge.

Der für Freitag erwartete Zeuge hatte sich selbst der Staatsanwaltschaft angeboten. Er habe ebenfalls um den Schillerplatz mitbieten wollen, ihm sei aber beschieden worden, dass das Objekt schon „von oben“ vergeben worden sei - mehr dazu in „Causa Schillerplatz“: Noch kein Urteil.

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