Mordprozess: 17 Zentimeter tiefer Stich

Im Prozess um den Tod einer 20-jährigen Frau hat der Angeklagte auf Totschlag plädiert. Er fügte seiner Ex-Freundin im Februar in Wien-Brigittenau einen 17 Zentimeter tiefen Stich ins Herz zu, die Anklage wirft ihm Mord vor.

„Ich bin schuldig und nehme die Schuld auf mich“, meinte der Angeklagte. Er erklärte aber auch, dass ihn seine Ex-Freundin am 11. Februar mit einem Messer attackiert hatte. Er habe sich gewehrt und ihr die Waffe abgenommen. Da er selbst schwer verletzt gewesen sein, wäre ihm „schwummrig“ geworden. Als er am nächsten Tag aus seiner Ohnmacht erwachte, war die 20-Jährige tot.

Laut Anklage soll der 34-Jährige dem Opfer das Küchenmesser mit einer 17,5 Zentimeter langen Klinge in den Brustkorb gerammt haben. Mit einem Gutachten will die Staatsanwaltschaft beweisen, dass der 34-Jährge seine Ex-Freundin zunächst getötet und sich den Bauchstich dann selbst zugefügt hat.

Angeklagter in Prozess nach Mord an seiner Ex-Freundin in Brigittenau

APA/Herbert Pfarrhofer

Der Angeklagte plädiert auf Totschlag

Streit um Schulden

Die 20-jährige Frau hatte sich laut Anklage im Februar zu einem Treffen mit dem damals 33-jährigen Mann überreden lassen. Das Paar hatte sich 2012 kennengelernt, zu den Erhaltungskosten für die gemeinsame Wohnung trug der 34-Jährige laut Staatsanwalt allerdings nichts bei, während die 20-Jährige einen Kredit für die Wohnung aufnahm. Die Eltern der Frau waren gegen die Beziehung, im Herbst 2013 zog die 20-Jährige dann auch zu ihren Eltern nach Niederösterreich. „Aber die Beziehung wurde nie beendet“, so der Angeklagte im Prozess.

Zeugen hatten bei der Polizei ausgesagt, dass die Frau am 11. Februar noch einmal in die Wohnung ihres Ex-Freundes fuhr, um mit ihm über die Schulden zu reden. „Wir hatten vor, Wien gemeinsam zu verlassen“, so der Angeklagte im Prozess. „Davon höre ich heute zum ersten Mal“, meinte der Richter.

Die Mutter des Opfers sagte im Zeugenstand, dass die Tochter das Treffen mit dem Ex-Freund verschwiegen habe. Sie borgte sich das Auto ihrer Mutter aus, um „einen Freund“ zu treffen. Als die junge Frau nicht nach Hause kam, machte sich die Familie große Sorgen. „Mein Mann ist die ganze Nacht am Fenster gestanden, aber sie ist nicht gekommen.“ Und als am Tag später dann die Kriminalpolizei vor der Tür stand, „da hab ich gewusst, es ist etwas ganz Schlimmes passiert“, sagte die Mutter. WEGA-Beamte hatten ihre gefunden - mehr dazu in Mordfall: Frau ist verblutet.

Angeklagter in Prozess nach Mord an Ex-Freundin in Brigittenau

APA/Herbert Pfarrhofer

Flucht nach Serbien

Vom nach Serbien geflüchteten Mann fehlte zunächst jede Spur, auf Anraten von Verwandten stellte er sich aber wenige Tage später der Wiener Polizei - mehr dazu in Mord-Verdächtiger „hat viel Blut verloren“. Sein Anwalt hatte im Vorfeld des Prozesses gegenüber wien.ORF.at angekündigt, dass sich sein Mandant geständig zeigen wird. Die Tat sei eine Beziehungstat gewesen, der ein Streit vorausging. Es gebe auch Indizien, die auf einen Totschlag hindeuten, das würde eine geringere Strafe für den Serben bedeuten.

Ein Urteil soll es am 12. August geben. Zahlreiche Zeugen und Sachverständige werden am zweiten Prozesstag zu Wort kommen. Anhand der Spuren haben Gutachter den Tatablauf rekonstruiert, unter anderem sagt eine Spezialistin für forensische Molekularbiologie und DNA-Analysen aus.