EM: Wie die Wiener privat wetten

Kurz vor Anpfiff der Fußball-EM laufen auch im privaten Rahmen die letzten Vorbereitungen auf die privaten Wetten in Büro, Familie und unter Freunden. Sehr häufig wird auf Österreich als Gewinner gesetzt.

„Wir haben vor ein paar Jahren erkannt, dass es viel interessanter und lustiger ist, eine private Tipprunde gegen Arbeitskollegen, Freunde und Familie zu machen als gegen tausende Unbekannte zu tippen“, sagt Michael Fiala von 90minuten.at, einem Online-Fußball-Portal. Daher gibt es die Möglichkeit, eine eigene kleine Gruppe online zu gründen und Freunde, Kollegen etc. via Passwort in diese Gruppe einzuladen. Innerhalb dieser Gruppe kann dann getippt werden.

Eine Runde Bier als Wetteinsatz

Üblicherweise werden der EM-Gewinner, sowie der Torschützenkönig und die Gewinner der jeweiligen einzelnen Spiele getippt. „Jeder Administrator der Gruppe kann aber entscheiden, was alles getippt wird. Man kann aus 25 Fragen auswählen. Etwa auch: Wer kommt weiter, Deutschland oder Österreich?“, so Fiala. 70 bis 80 Prozent der Gruppen sind geschlossen und nur für die eingeladenen Mitglieder einsehbar. Der SV Ried aber zum Beispiel hat auch eine Gruppe gegründet und alle, die sich dem SV Ried verbunden fühlen, können mittippen.

Marc Janko und Martin Harnik bei Training des österreichischen Fußball-Nationalteams

APA/Herbert Neubauer

Laut Tipps kommt die österreichische Mannschaft ins Viertelfinale

Fünf bis 50 Mitglieder haben die jeweiligen privaten Wettgruppen. „Was der jeweilige Einsatz ist, weiß ich nicht. Üblicherweise wird um eine Bierrunde zum Beispiel gespielt. Viele tippen aber auch nur, um die EM spannender zu gestalten und es geht letztlich nur um Ruhm und Ehre“, sagt Fiala gegenüber wien.ORF.at. Etwa 75 private Tipprunden sind derzeit bei 90minuten.at angemeldet. Fiala rechnet damit, dass es in den nächsten Tagen vor dem Beginn der EM noch deutlich mehr werden werden.

Wett-Anteil vor EM doppelt so hoch

„Wie viel insgesamt privat gewettet wird, ist schwer zu sagen“, sagt Andreas Kreutzer von der Beratungsfirma Kreutzer Fischer & Partner. Das Unternehmen erstellt alljährlich einen Bericht zum Glücksspielmarkt. Auf der deutschen Online-Plattform Kicktipp.de steigt der Anteil vor der EM jedenfalls auf das Doppelte: „Bei der Bundesliga hatten wir 1,5 Millionen Tipper, zur EM sind es drei bis vier Millionen. Theoretisch sind wir weltweit vertreten, aber besonders stark in den deutschsprachigen Länder“, sagt Janning Vygen, der Betreiber.

Gewettet wird aber nicht nur über klassische Anbieter, sondern auch in Firmen, Familien und unter Freunden. „Das ist irgendwie üblich, dass Firmen ein Tippspiel organisieren, wenn eine EM oder WM stattfindet. Es ist ein Gemeinschaftsevent und interessiert mehr Menschen als die Bundesliga. Es ist auch merkbar, dass bei einer EM oder WM mehr Frauen mittippen als sonst“, so Vygen.

Team-Tippen für bessers Klima im Büro

So hat zum Beispiel der Volkswagen Versicherungsdienst (VVD) eine eigene Seite eingerichtet, wo Tipps abgegeben werden können: „Es wird kein Geld eingesetzt. Jeder Mitarbeiter kann via Passwort auf die Seite zugreifen und seine Tipps abgeben - sowohl für die einzelnen Spiele als auch den Endgewinner“, sagt Veronika Kucharzyk aus der Wiener Marketing-Abteilung.

Fußballfans auf dem Rathausplatz

Stadt Wien Marketing

Österreich ist laut Tipps in den Top Ten der Gewinner-Länder

„Für jeden richtigen Tipp werden Punkte vergeben“, so Kucharzyk. „Der Gewinner mit den meisten Punkten gewinnt einen VVD-Rucksack gefüllt mit Dingen, die zur EM passen, zum Beispiel einem Fußball.“ Außerdem kann auch in Teams getippt werden, was laut einer Mitarbeiterin die Zusammenarbeit verbessert.

Altmodische Variante mit klassischem Pot

Auch in der Post AG wird innerhalb einer Abteilung getippt - hier allerdings privat von einem Kollegen via Excel organisiert. „Die Datei wird herumgeschickt und jeder kann seine Tipps eintragen. Der Wetteinsatz pro Spiel ist so hoch, dass insgesamt nicht mehr als 30 Euro vertippt werden. Egal wer gewinnt, ist dazu verpflichtet, alle anderen Teilnehmer ins Schweizerhaus einzuladen“, erklärt ein Mitarbeiter.

Familie S. tippt ebenfalls. Allerdings noch altmodisch mit einem klassischen Pot. „In den Pot kommen pro Person fünf Euro. Getippt wird nur der EM-Gewinner. Jede Person schreibt seinen Tipp auf einen Zettel. Dieser Zettel wird aufbewahrt. Am Ende lädt der Gewinner alle auf ein Eis ein“, erklärt die Mutter. Die jüngste Teilnehmerin ist erst drei Jahre alt. „Sie durfte sich alle Fahnen ansehen und eine aussuchen, die ihr gut gefällt. Das ist jetzt ihr Tipp. Die fünf Euro hat sie natürlich nicht bezahlt.“

Zehn Prozent wetten bei Sportanbietern

„Legal sind private Wetten solange es nicht gewerblich ausgeführt wird. Wenn also ein paar wenige Menschen untereinander wetten und am Ende gehen alle gemeinsam um das Geld Essen, dann ist es keine klassische Sportwette und legal“, so Kreutzer.

„Etwa zehn Prozent der Österreicher - die Zahl stimmt auch für Wien - geben klassische Sportwetten ab. Bei der EM steigt der Anteil um zwei Prozent. Unter Sportwetten sind dabei aber jene Wetten gemeint, die bei lizenzierten Sportanbietern wie Admiral, bet-at-home etc. abgegeben werden“, sagt Kreutzer.

Österreich kommt laut Tipps ins Viertelfinale

Die aktuellen Favoriten bei 90minuten.at sind laut Fiala Frankreich, Deutschland und Spanien. Österreich liegt auf Platz sechs. Als Torschützenkönige-Favoriten werden Thomas Müller aus Deutschland und Christiano Ronaldo aus Portugal gehandelt. Marc Janko, Marko Arnautovic und David Alaba werden am häufigsten genannt, wenn es darum geht, wer in der österreichischen Mannschaft, die meisten Tore schießen wird. „Die Österreicher sind sehr euphorisch. Die meisten sehen Österreich derzeit ins Viertelfinale einziehen“, sagt Fiala.

Lisa Rieger, wien.ORF.at

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