Radikalisierung: Erste Mütter geschult

Geschulte Mütter als Mittel gegen die Radikalisierung von Jugendlichen - das ist die Idee der Mütterschulen in Wien. Nach zehn Wochen Training gibt es jetzt die ersten 50 Absolventinnen.

Die Kinder nicht alleine lassen, wenn sie sich abkapseln und ihnen vor allem zuhören - das sei ein wesentlicher Inhalt, den die Frauen in den Mütterschulen lernen, erklärte Edit Schlaffer im Ö1-Morgenjournal am Montag. Sie ist die Vorsitzende des Vereins Frauen ohne Grenzen, der das Projekt ins Leben rief. „Dieser Mythos, dass man Adoleszente quasi schon verloren hat, den machen sich die Rekrutierer ja eigentlich zunutze“, so Schlaffer - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Gefährdete Jugendliche fühlen sich ausgeschlossen

Geschult werden überwiegend muslimische Mütter, die eine Radikalisierung ihrer Kinder befürchten oder schon erlebt haben. Trainiert wird unter anderem Kommunikation und das Erkennen von Anzeichen für eine Radikalisierung - etwa wenn Jugendliche von „richtigen Moslems“ im Gegensatz zu Ungläubigen sprechen oder sagen, es dürfe keine Musik mehr gehört werden. Zudem bekommen die Mütter Hinweise, wo sie sich Hilfe holen können, von der Polizei bis zum Jugendamt.

„Dass die Jugendlichen jetzt plötzlich ihre Kinderzimmer und ihr Zuhause hinter sich lassen und in eine ungewisse Zukunft aufbrechen, bedeutet ja nur, dass sie sich vielleicht nicht angenommen, angehört und akzeptiert fühlen“, meinte Schlaffer. Die Rolle der Mütter sei, die Jugendlichen mit ihrem Gefühl des Ausgeschlossenseins ernst zu nehmen und sie wieder zu verankern.

Zu wenig Geld für Expansion in Bundesländer

Fünf Mütterschulen gab es bisher in Wien. Die Teilnehmerinnen trafen sich dabei für zwei bis drei Stunden in der Woche, 15 davon in einer rein tschetschenischen Gruppe. Entscheidend sei, dass die Mütter hier offen untereinander sprechen könnten, so eine der Trainerinnen, die Journalistin und Dschihadismus-Forscherin Maynat Kurbanova. „Wenn ein Kind radikalisiert wird oder Interesse für extremistische Ideen hat, geben sich die Mütter die Schuld, nicht aufgepasst zu haben, und versuchen, es innerhalb der Community zu verstecken“, sagte Kurbanova.

Nach Ostern sollen vorerst vier weitere Mütterschulen in Wien starten. Die Absolventinnen sollen bald auch selbst an Schulen gehen, um aufzuklären und ihre Erfahrungen in der Familie zu schildern. Allerdings fehlt laut dem Verein Frauen ohne Grenzen das Geld, um die Mütterschulen bekannter zu machen - und auch, um sie in anderen Bundesländern aufzubauen. Nach der Anschubfinanzierung durch Sozialministerium und Frauenministerium unterstützt derzeit das Integrationsministerium mit knapp 40.000 Euro.

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