KH Nord: Häupl übernimmt keine Verantwortung

Altbürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat sich den Fragen der U-Kommission zum Krankenhaus Nord gestellt. Er sieht sich für einzelne Verfehlungen nicht verantwortlich, gesteht aber eine „Fülle von Problemen“ beim Spitalsbau ein.

Der ehemalige Wiener Bürgermeister lobte in seiner Befragung zunächst die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Generaldirektor des Krankenanstaltenverbunds (KAV), Wilhelm Marhold. Von diesem sei er mit einer „gewissen Regelmäßigkeit“ über das Krankenhaus Nord informiert worden, „dass alles im Wesentlichen in Ordnung ist“. Marhold zog sich 2014 aus gesundheitlichen Gründen zurück. Dazu Häupl: „Mir wär lieber gewesen, er wäre geblieben.“

Auch das von der KAV-Spitze zunächst präferierte Generalunternehmermodell sei ihm sehr vernünftig erschienen. Dass man sich mit dem Konsortium nicht einigen konnte, lag laut Häupl am Preis. In die Verhandlungen sei er aber nicht unmittelbar eingebunden gewesen. Seine Aufgabe habe vielmehr darin bestanden, dafür zu sorgen, „dass das Krankenhaus Nord tatsächlich umgesetzt wird“.

Altbürgermeister Häupl vor Untersuchungskommission KH Nord

APA/Herbert Neubauer

Großer Medienandrang herrschte vor der Aussage von Altbürgermeister Häupl

„Problem“ mit KAV-Spitze

„Man kann auf einigen europäischen Baustellen sehen, was ein Baustopp bedeutet, nämlich nichts Gutes“, verteidigte der Ex-Stadtchef das Festhalten am Projekt - auch als Zeit- und Kostenüberschreitungen bereits ruchbar geworden waren. Zu Marholds Nachfolger, den aus Deutschland stammenden Gesundheitsmanager Udo Janßen, hatte Häupl ein weniger gutes Verhältnis, wie er eingestand: „Mein Problem mit ihm war, dass er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mitgenommen hat auf seinem Weg.“

Damit bezog sich Häupl auf die Veränderungsprozesse in der städtischen Krankenhausholding, die etwa das neue Spitalskonzept umsetzten musste bzw. muss. Letztendlich wurde Janßen gekündigt - von ihm, allerdings auf Bitte der damaligen Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ): „Wir waren alle der Meinung, es ist so, wie gehandelt wurde, richtig.“

KH Nord: Keine Verantwortung für Häupl

Altbürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat sich den Fragen der U-Kommission zum Krankenhaus Nord gestellt.

Energetiker „ist ein Unfug, schade ums Geld“

Dass Janßen in seiner Befragung vor der Kommission auch Personalbesetzungen im KAV mit der Bemerkung, er sei sich vorgekommen wie im „Politikbüro der DDR“, kritisiert hatte, kommentierte Häupl spöttisch: „Ich hab den Eindruck, da versteht er was davon.“ Bei der betreffenden Person handelte es sich um eine Spitzenfunktionärin des Verbands Sozialistischer Student_innen in Österreich (VSStÖ). Häupl zeigte sich heute erbost darüber, dass sofort, wenn jemand aus der SPÖ eine Tätigkeit ausübe, diese denunziert werde: „Da fallen mir bei der derzeitigen Bundesregierung ganz andere Dinge ein.“

Das inzwischen regelrecht berühmte Engagement eines Energetikers hält der prominente Zeuge schlicht für einen Fehler, wie er beteuerte: „Der weiß ja selber nicht, was er tut. Das ist ein Unfug, schade ums Geld.“ Zum heute scherzhaft vorgebrachten Hinweis, dass die katholische Kirche einen Segen umsonst gespendet hätte, äußerte sich Häupl vorsichtig: „Wahrscheinlich, obwohl ich mir bei der katholischen Kirche, bei allem Respekt, auch nicht sicher bin.“

Syrien-Konflikt im Fokus

Als „Mär“ bezeichnete Häupl den Umstand, dass man 2015 die Verzögerungen nicht kommuniziert habe, um die Chancen der SPÖ bei der Wien-Wahl in diesem Jahr nicht zu mindern. „2015 habe ich ganz andere Probleme gehabt als das KH Nord“, meinte der frühere Stadtchef und SPÖ-Landesvorsitzende. Der Urnengang fand im Jahr der großen Fluchtbewegung aus Syrien statt. Allerdings waren die Probleme auf der Baustelle in Floridsdorf bereits Thema in den Medien.

„Ich kann mich nicht erinnern“

Dass der KAV aber noch mittels Presseaussendung versicherte, dass es keine Verzögerungen geben wird, machte sogar Häupl stutzig. „Ich hab mir gedacht, aha, hab ich was versäumt?“ Er habe sich daraufhin telefonisch bei Ressortchefin Wehsely erkundigt. Über den Inhalt des vertraulichen Gesprächs wollte er heute nichts preisgeben - worauf der Ex-Politiker prompt mit der Wahrheitspflicht in Konflikt geriet. Die Vorsitzende Elisabeth Rech wies Häupl darauf hin, dass er antworten müsse, sofern er sich nicht selbst belastet oder sich nicht mehr erinnern kann. Häupl nahm das zur Kenntnis und versicherte: „Ich kann mich nicht erinnern.“

„Wollen wir doch bei aller Kritik, die ich anerkenne, die Kirche im Dorf lassen. Das KH Nord ist fertig“, verwies der einst mächtigste Mann im Rathaus schließlich auf die anlaufende Inbetriebnahme - wobei er heute nicht verhehlte, dass es eine „Fülle von Problemen“ gegeben habe: „Der Rechnungshof-Bericht ist nicht in Brailleschrift geschrieben, ich kann ihn lesen.“ Wobei Häupl einen geäußerten Vorhalt, wonach es eine 60-prozentige Kostensteigerung gegeben habe, energisch zurückwies: „Davon ist keine Rede.“

Er sehe Grundsatzentscheidungen wie etwa jene über Postenbesetzungen in seiner politischen Verantwortung, hielt der Altbürgermeister fest: „Die übernehme ich letztendlich auch.“ Bauherr sei jedoch der KAV gewesen, darum kenne er, Häupl, auch die Berichte der begleitenden Kontrolle nicht. Die ebenfalls kolportierte Behauptung, wonach auf der Baustelle beklagt worden sei, dass sich keine Spitzenpolitiker dort blicken ließen, sorgte für leichten Unmut beim Gast: „Ich war auf der Baustelle. Dass man mich dort übersehen hat, bekümmert mich.“

Weichen für Spitalskonzept gestellt

Der Ex-Stadtchef führte in seinem Eingangsstatement und damit noch vor den ersten Fragen der Kommissionsmitglieder aus, dass seinem Verständnis nach politische Verantwortung nicht zuletzt das Treffen grundsätzlicher Entscheidungen bedeute, etwa betreffend der Sicherstellung der nötigen Infrastruktur einer wachsenden Stadt. Darunter falle auch die Gesundheitsversorgung - und insofern habe er gemeinsam mit der damaligen Gesundheitsstadträtin Wehsely die Weichen für das Spitalskonzept 2030 und damit auch für den Bau des KH Nord gestellt.

Als die Schwierigkeiten mit dem Zeit- und Kostenrahmen virulenter wurden - „ab 2014 war erkennbar, dass es hier Probleme gibt“ -, sei entschieden worden, die Bauherrenrolle des KAV zu verstärken und außerdem mit dem AKH-Direktor Herwig Wetzlinger einen sachkundigen Krankenhausmanager zusätzlich in das KAV-Führungsgremium zu holen.

Für Opposition hat Häupl Letztverantwortung

Für diese Schritte übernehme er die politische Verantwortung, so Häupl: „Aber ich übernehme keine Verantwortung für Details einer Baustelle.“ Denn er sei weder Baumeister noch Bauherr. Die Stoßrichtung der Opposition dürfte dahin gehen, dass sich der frühere Stadtchef als Letztverantwortlicher zu wenig um das Spital gekümmert beziehungsweise trotz der sich immer deutlicher abzeichnenden Probleme tatenlos zugesehen habe.

2018 hatte Häupl eingeräumt, dass Fehler passiert seien - „aber wenn jemand glaubt, hier einen politischen Skandal herausdestillieren zu können, dann wünsche ich ihm viel Vergnügen“, so Häupl damals. Im Jahr 2012 hatte das noch gänzlich anders geklungen. Das Großprojekt zeige, dass sich Wien „aus der Krise herausinvestiert“, sagte Häupl. Und in Anspielung auf den AKH-Skandal meinte er damals: „Wir werden keinen Untersuchungsausschuss brauchen.“

Prominente Namen zum Finale der U-Kommission

Drei weitere namhafte Personen müssen dem Gremium noch Rede und Antwort stehen. Für den 5. April bestellt sind Ex-Gesundheitsstadträtin Wehsely, der frühere KAV-Generaldirektor Marhold und der Krankenhausarchitekt Albert Wimmer, der auch als Teilgeneralplaner für das Projekt zuständig war.

Alle drei mussten schon einmal vor der U-Kommission aussagen. In der vergangenen Sitzung am 12. März wurde allerdings einstimmig beschlossen, das Trio noch einmal zu befragen. Es hätten sich seit ihrem erstmaligen Erscheinen noch zusätzliche Fragen ergeben, hieß es. Für die nochmalige Vernehmung wurde mit dem 5. April ein eigener Zusatztermin eingeschoben.

Am 9. April steht schließlich - zumindest nach jetzigem Stand - das letzte reguläre Kommissionstreffen auf dem Kalender. Dort soll dann etwa noch die nunmehrige KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, vormalige stellvertretende KAV-Chefin, befragt werden.

Kein gemeinsamer Abschlussbericht

Danach stehen nur noch die Resümees an, wobei schon jetzt klar ist, dass es keinen gemeinsamen Abschlussbericht aller Beteiligten geben wird. Auszugehen ist davon, dass neben einem Mehrheitsbericht der Regierungsfraktionen SPÖ und Grüne auch jede der drei Oppositionsparteien ihr eigenes Fazit ziehen wird. Das haben FPÖ, ÖVP und NEOS schon angekündigt.

Links: