Faßmann für „Double Check“ bei Ausschlüssen

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) kann der Forderung, dass Schulen alleine über Ausschlüsse von Schülerinnen und Schülern entscheiden sollen, wenig abgewinnen: „Ich halte es für besser, dass es eine Art ‚Double Check‘ gibt“.

Es sei sinnvoll, wenn eine zweite Stelle eingebunden sei, die einen größeren Überblick hat und garantiert, dass alle Schüler gleich behandelt werden. Das könne eine Einrichtung wie die Bildungsdirektion leisten, eine einzelne Schule hingegen nicht. Faßmann wolle das Zusammenspiel optimieren zwischen den Schulen, wo die Disziplinarkonferenz über Sanktionen wie Suspendierungen und Ausschlüsse von Schülern entscheidet, und den Bildungsdirektionen, die diese bestätigen müssen.

Räume in der HTL Ottakring

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Von einer HTL in Ottakring sollen sechs Schüler ausgeschlossen werden

Schule für Beurteilung zuständig

Deshalb soll nun erhoben werden, ob es hier zu einseitigen Verschiebungen komme, indem die Bildungsdirektion „Ambitionen der Schule unterbindet“. „Wenn das besteht, dann habe ich meine Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Verfahrens“, so der Minister.

Aus Faßmanns Sicht ist für die Beurteilung der Lage die Schule zuständig. Aufgabe der Bildungsdirektionen sei es sicherzustellen, dass die Entscheidungen rechtlich einwandfrei sind und die Bescheide bei möglichen rechtlichen Einsprüchen halten. Auch Zeit ist für den Minister ein Faktor, wie er mit Blick auf die handgreiflichen Auseinandersetzungen an einer HTL in Ottakring betont. „Der Fall hat eindeutig gezeigt: Wenn man zu lange zuwartet, eskalieren Konflikte“ - mehr dazu in HTL Ottakring: Ausschluss für sechs Schüler.

Gründe für Ausschlüsse

Der Ausschluss eines Schülers ist im Paragraf 49 des Schulunterrichtsgesetzes geregelt. Vorgesehen ist er, wenn ein Schüler seine Pflichten schwerwiegend verletzt, andere Maßnahmen erfolglos bleiben oder er mit seinem Verhalten die Sittlichkeit, körperliche Sicherheit oder das Eigentum von Mitschülern oder anderen an der Schule tätigen Personen dauerhaft gefährdet.

Die Bildungsdirektion muss dann nach einem Ermittlungsverfahren den Ausschluss des Schülers per Bescheid aussprechen, der sich auf eine Schule oder sogar alle Schulen in einem bestimmten Umkreis erstrecken kann. Liegen ihrer Einschätzung nach die Voraussetzungen für einen Ausschluss allerdings nicht vor, kann sie das Verfahren beenden und gegebenenfalls dem Schüler eine Rüge erteilen oder ihn „aus erzieherischen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung“ in eine Parallelklasse versetzen.

Schüler und Lehrer für raschere Ausschlüsse

Am Dienstag forderten Schüler- und Lehrervertreter im Ö1-Morgenjournal die Option, einen Ausschluss direkt am Schulstandort zu beschließen. Bundesschulsprecher Timo Steyer von der ÖVP-nahen Schülerunion plädierte dafür, „dass hier auch die Schule autonom handeln kann“. Man müsse dem Betroffenen dann jedoch andere Optionen im Bildungssystem aufzeigen, um sie nicht ohne Perspektive dastehen zu lassen.

Einer Entscheidung am Schulstandort könnte laut ORF-Radio auch der Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG), etwas abgewinnen. Als „letzte aller denkbaren Maßnahmen“ möchte auch AHS-Direktorensprecherin Isabella Zins diese Option durch die Schulkonferenz an Ort und Stelle. Aktuell habe man eher nur „zahnloses“ an der Hand, wie etwa Gespräche, die Versetzung in eine Parallelklasse oder die Androhung eines Ausschlusses.

Sanktionen für Hälfte der Lehrer zu zahnlos

Fast jeder zweite Lehrer in Wien und Niederösterreich leidet darunter, dass es zu wenig Sanktionsmöglichkeiten für undisziplinierte Schüler gibt. Das zeigt eine aktuelle Studie, über die die „Kronen Zeitung“ (Dienstagausgabe) berichtet. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass ihr schlechtes Image, häufige Reformen und Bürokratie Lehrer mehr belasten als Konflikte und Gewalt. Sie sehen einen „erhöhten Handlungsauftrag“ an die Verantwortlichen, Lehrern mehr Sanktionsmöglichkeiten zu geben.

Für die Studie „Under presssure“ befragten Forscher der Pädagogischen Hochschule (PH) Niederösterreich und der Uni Wien fast 4.600 Lehrer. Demnach leidet jeweils deutlich mehr als die Hälfte der Befragten darunter, dass ihre Schüler nicht motiviert oder unkooperativ sind, den Unterricht durch Disziplinlosigkeit stören, auf Ermahnungen nicht reagieren oder Verhaltensstörungen aufweisen. Viele Lehrer litten unter einem „scheinbar zahnlosen Repertoire an Sanktionsmöglichkeiten“, um der „durchaus belastenden Schülerverhaltensweisen Herr zu werden“, schreiben die Autoren.

Doch die ärgsten Stressfaktoren sehen Lehrer woanders, so sind etwa „ständige Reformen“ die größte Belastung, mehr als 80 Prozent fühlen sich dadurch gestresst. Es folgen Kritik an Schule und Lehrern durch Politik und „sogenannte ‚Schulexperten‘“, „Lehrerbashing“ und mangelndes Prestige in der Gesellschaft - sieben von zehn Lehrern fühlen sich dadurch belastet. Dahinter folgen „Papierkram“ und „Abwälzung der Erziehungsaufgabe an die Schule“, die zwei Drittel als stressig empfinden.

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