Angeblicher Killer darf ausgeliefert werden

Die Auslieferung eines angeblichen russischen Auftragskillers ist für das Oberlandesgericht Wien (OLG) zulässig. Der Anwalt des Verteidigers nennt diese Entscheidung „absurd“. Die Sicherheit des angeblichen Mörders sei gefährdet.

Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, im Raum Nowosibirsk an einer kriminellen Organisation beteiligt gewesen zu sein und von 1997 bis 2004 mehrere Mordanschläge persönlich vollzogen oder diese zumindest angeordnet zu haben. Er selbst sieht sich politisch verfolgt.

Das OLG hatte im Jänner die Auslieferung für zulässig erklärt, nachdem Russland schriftlich eine Art „Garantieerklärung“ für den 38-Jährigen abgegeben hatte. Dieser darf demnach nach seiner Überstellung nicht unter unmenschlichen oder erniedrigenden Bedingungen inhaftiert werden. Es muss gewährleistet sein, dass seine körperliche Integrität unangetastet bleibt - mehr dazu in Angeblicher Auftragskiller: Auslieferung zulässig (wien.ORF.at; 20.1.2015).

Die vom OLG verlangte „Garantieerklärung“ rief allerdings die Generalprokuratur auf den Plan, die dagegen eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einbrachte. Tatsächlich wurde die für zulässig erachtete Auslieferung Mitte April vom Obersten Gerichtshof (OGH) aus formalen Gründen aufgehoben und dem OLG ein „gesetzeskonformes Vorgehen“ aufgetragen - mehr dazu in Auftragskiller wird nicht ausgeliefert (wien.ORF.at; 15.4.2015).

Gezielter Hinweis führte zu Festnahme

Der russische Staatsbürger hatte unter einem falschen Namen in Wien gelebt und bei einer Baufirma gearbeitet. Er wurde im Februar 2014 nach einem gezielten Hinweis von einer Sondereinheit der Polizei festgenommen - mehr dazu in Russischer Mafia-Killer in Wien verhaftet (wien.ORF.at; 26.2.2014).

Der Verdächtige soll in Sibirien der berüchtigten „Trunov-Brigade“ angehört haben und neben Auftragsmorden auch für Schutzgeld-Erpressungen, Waffenhandel und Bestechung von Amtsträgern verantwortlich gewesen sein, ehe er sich ins Ausland absetzte. Der 38-Jährige bestreitet das und sieht sich als Kritiker, der Korruption aufgedeckt habe und dafür nun von der russischen Justiz „mundtot“ gemacht werden soll.

Anwalt nennt Auslieferung „absurd“

Laut seinem Anwalt Elmar Kresbach hat das OLG in seiner nunmehrigen Entscheidung keine Auflagen mehr für die Auslieferung des 38-Jährigen erteilt. Die Menschenrechtssituation in Russland sei zwar nicht ideal, aber auch nicht so schlecht, dass keine Auslieferung möglich sei, interpretierte der Rechtsanwalt die Begründung des Gerichts.

Darüber hinaus dürften die Argumente für die politische Verfolgung und für die Gefährdung der körperlichen Sicherheit dem OLG nicht genug gewesen sein. Kresbach nannte die Argumentation des Gerichts in diesem Zusammenhang „absurd“: „Wie soll ein Mensch im Vorhinein hundertprozentig beweisen, dass er in Russland umgebracht wird?“, fragte der Anwalt. „Nach diesem Argument könnte man jemanden auch nach Libyen ausliefern.“ Er kündigte eine erneute Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof (OGH) an.