Ärzte protestieren mit Vollversammlung

Die Wiener Ärztekammer warnt wegen des neuen Arbeitszeitgesetzes vor massiven Versorgungsengpässen. Am 19. Jänner findet deswegen im MuseumsQuartier eine Vollversammlung aller angestellten Ärzte in Wien statt.

Die Situation in den einzelnen Spitälern soll diskutiert und gemeinsame Forderungen und Konsequenzen sollen formuliert werden, meinte Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer, am Montag zu den Zielen der Vollversammlung. Die Kundgebung ist für 14.00 Uhr - und damit außerhalb der Dienstzeiten - angesetzt. Denn als Streik will er die Veranstaltung nicht verstanden wissen, es gehe erst einmal um Information und Schulterschluss.

Patientin bei Blutabnahme

APA/Helmut Fohringer

Wegen des neuen Arbeitszeitgesetzes gibt es Engpässe bei der medizinischen Versorgung

Diensträder im AKH nicht mehr besetzt

Die Stimmung unter den Wiener Medizinern sei jedoch schlecht, betonte Szekeres. Und auch die Patienten könnten, vor allem im AKH, bald Einschränkungen merken, Szekeres rechnet bereits jetzt mit Engpässen. „Die Situation ist sehr angespannt“, so Martin Andreas, Betriebsrat für das wissenschaftliche Universitätspersonal der MedUni Wien und damit der AKH-Ärzte. Auch deshalb wolle man mit der Unterstützung der Ärztekammer-Versammlung nun ein „Zeichen setzen“.

Bereits jetzt könnten Diensträder etwa in der Augenheilkunde oder der Anästhesie nicht mehr besetzt werden, schilderte er. In der Onkologie gebe es bereits Hinweise auf längere Wartezeiten. „In manchen Abteilungen wird auf Reserve gearbeitet“, so Andreas. Denn die neue Maximalarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche gilt für einen Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen. Deshalb sei es jetzt noch möglich, mehr als erlaubt zu arbeiten. Derzeit könne die Betreuung von komplexen Fällen nur durch den „massiven persönlichen Einsatz der Kollegen“ aufrechterhalten werden.

Noch keine Lösung im AKH

Eine Betriebsvereinbarung im AKH sei „dringend notwendig“, um die Patientenversorgung weiter zu gewährleisten, betonte auch Szekeres. Kurz vor Silvester war die zweite Verhandlungsrunde zwischen Betriebsrat und Rektorat der MedUni Wien gescheitert - einen neuen Termin gibt es laut Andreas derzeit noch nicht - mehr dazu in AKH: Keine Einigung bei Arbeitszeit (wien.ORF.at; 29.12.2014).

Am Beginn des Jahres hatte es trotz vieler Patienten noch keine Engpässe gegeben, es kam zu keinen längeren Wartezeiten. Die Auswirkungen würden aber erst im Lauf der nächsten Wochen spürbar sein, hieß es - mehr dazu in AKH: Regulärer Betrieb ohne Einigung (wien.ORF.at; 2.1.2015).

Die Mediziner der Spitäler des Krankenanstaltenverbundes (KAV) haben bereits eine Übergangslösung mit der Stadt Wien, die hier für die Ärzte verantwortlich ist. Diese sollte laut Szekeres zumindest bis März oder April für einen reibungslosen Ablauf sorgen - mehr dazu in Ärzte: „Strukturelle Probleme“ trotz Einigung (wien.ORF.at; 22.12.2014).

Arbeitszeitgesetz seit 1. Jänner

Auslöser der Unstimmigkeiten zwischen Spitalsärzten und Dienstgebern ist das mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretene neue Arbeitszeitgesetz. Dieses sieht eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit von 60 auf 48 Stunden vor. Weil dadurch vor allem gut bezahlte Nachtdienste und Überstunden wegfallen, werden von den Medizinern Gehaltseinbußen von bis zu 30 Prozent befürchtet. Sie fordern deshalb eine Aufstockung der Grundgehälter auf in Nachbarländern übliches Niveau.

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