Leere Schulklasse
ORF.at/Wolfgang Rieder
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Bildung

Über 60.000 bei „Mental Health Days“ in Schulen

Seit zwei Jahren gibt es „Mental Health Days“ an vielen Schulen. Sie sollen die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärken. Durchgeführt werden sie von einem Wiener Verein. Bisher nahmen mehr als 60.000 Schülerinnen, Schüler und Lehrlinge teil.

Initiator der „Mental Health Days“ ist der Wiener Journalist Golli Marboe. Sein Sohn beging vor ein paar Jahren Suizid. Das Ziel von Marboes Verein zur Förderung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien, der die „Mental Health Days“ anbietet: Jede österreichische Schule soll einmal pro Jahr einen solchen Tag der psychischen Gesundheit abhalten.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.

Je nach Jahrgang geht es bei den „Mental Health Days“ um Themen wie Mobbing, Körperbewusstsein und Essstörungen, Handy- und Internetabhängigkeit, Leistungsdruck und Prüfungsangst, Sucht mit Schwerpunkt Alkohol, Depression, Suizidalität oder Ängste. Es wird etwa über Krisenbewältigungsstrategien und über Hilfsangebote gesprochen. Auch Module für Pädagoginnen und Pädagogen sowie für Erziehungsberechtigte gibt es.

Angebot für Schulen kostenlos

Die Initiative arbeitet mit renommierten Partnerorganisationen zusammen – etwa dem Safer Internet, der Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien, dem Publizistikinstitut der Universität Wien, dem Kriseninterventionszentrum Wien, der Telefonseelsorge, dem Bundesverband der Psychotherapie, dem Traumazentrum die Boje, der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit, der Caritas oder der Koordinierungsstelle SUPRA. Unterstützt wird das Projekt vom Bildungs- und Gesundheitsministerium.

Im Augenblick werden die „Mental Health Days“ in Wien, Niederösterreich, Burgenland, der Steiermark und in Oberösterreich angeboten und ab dem nächsten Schuljahr auch in Salzburg. Start war mit Pilotveranstaltungen in Wien im Jahr 2022. Das Angebot ist für die Schulen kostenlos, finanziert wird es durch Spenden und Förderungen.

Höchste Suizidrate im Mai

Golli Marboe geht auch selbst in Schulen und erzählt dabei von seinem Sohn Tobias. Die Familie wusste damals nicht, dass Tobias so schwer psychisch krank ist. Die Familie dachte, dass er eine schlechte Phase durchmache, weil er sich in seiner Wohnung zurückzog. „Wir wussten zu wenig über Fragen des psychischen Wohlbefindens“, schildert Marboe etwa in einem Vortrag in einem Wiener Gymnasium, bei dem die APA dabei war. Er appelliert an die Schülerinnen und Schüler: „Ich wünsche mir, dass Sie lernen, über Ihre Gefühle zu sprechen.“

Die Suizidrate ist nicht im Herbst oder vor Weihnachten besonders hoch. Die meisten Selbsttötungen geschehen im Mai, auch darüber spricht Marboe in seinem Vortrag. Denn gerade im Frühling, wenn bei vielen die Lebensgeister erwachen, die Tage länger werden, öfters die Sonne vom Himmel lacht, ist es für psychisch kranke Menschen besonders schlimm.

Psychotherapie ab 14. Lebensjahr auch ohne Eltern

„Es hat sich noch niemand das Leben genommen, weil man ihn darauf angesprochen hat“, sagt Johann Kneihs vom Kriseninterventionsteam Wien, der dieses Mal Golli Marboe begleitet. Und er betont, dass ab dem 14. Lebensjahr auch ohne Einwilligung von Erziehungsberechtigten eine Psychotherapie in Anspruch genommen werden kann. Die Therapeutinnen und Therapeuten sind zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet.

In einer Studie rund um die „Mental Health Days“ wurden mehrere tausend Schülerinnen und Schüler zu ihrer mentalen Gesundheit befragt. 74 Prozent sagten dabei, dass sie mit ihrem Leben zufrieden sind – doch 67 Prozent meinten, dass sie innerhalb der vergangenen zwei Wochen mindestens an einzelnen Tagen Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit empfunden hatten. 27 Prozent gaben an, dass sie innerhalb der vergangenen 14 Tagen an einzelnen Tagen daran gedacht haben, dass sie lieber tot wären oder sich ein Leid zufügen möchten – mehr dazu in Zu wenig Onlinehilfen bei Suizidgedanken.