Mann und Frau schütteln sich die Hände
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AK-Tipp

Alles zum Bewerbungsgespräch

Vor einem Bewerbungsgespräch sind wahrscheinlich die meisten angespannt. Besonders die Angst vor sehr persönlichen Fragen sorgt oft für Nervosität. Wie neugierig darf ein zukünftiger Arbeitgeber sein und wie ehrlich muss ich bei einem Vorstellungsgespräch auf Fragen antworten? Das ist das Thema mit den Experten der Arbeiterkammer Wien.

Im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs werden oft auch persönliche Fragen gestellt. Ob und inwieweit ein potentieller Arbeitgeber solche Fragen überhaupt stellen darf, hängt davon ab, inwieweit die Frage in meine Privatsphäre eindringt. Im Hintergrund stehen hier Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers, die zu wahren sind. In diesem Bereich darf der Arbeitgeber Fragen nur stellen, wenn besondere Gründe dafür vorliegen. Das wird von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Aber es ist jedenfalls ein sehr strenger Maßstab anzulegen. Die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft zum Beispiel betrifft die höchstprivate Sphäre der zukünftigen Arbeitnehmerin und hier rechtfertigen keine noch so wichtigen Interessen des Arbeitgebers ein diesbezügliches Fragerecht.

Die Frage ist daher unzulässig und diskriminierend. Dasselbe gilt für die Frage nach einem eventuell bestehenden Kinderwunsch oder der Familienplanung generell. Kann die Arbeitnehmerin glaubhaft machen, dass sie nur wegen einer bestehenden Schwangerschaft oder dem bejahten Kinderwunsch den Job nicht bekommen hat, können Schadenersatzansprüche wegen Diskriminierung gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Da solche Fragen unzulässig sind, steht es der Arbeitnehmerin frei, diese falsch zu beantworten oder die Beantwortung zu verweigern. Greift die Arbeitnehmerin zu einer Notlüge, hat dies auch rechtlich keine Konsequenzen.

Auskunftspflicht der Berwerberin

Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich gar keine Auskunft über persönliche Angelegenheiten geben. Zum Beispiel sind Fragen bezüglich des Ehe- und Familienlebens oder dem Einkommen des Partners seitens des Arbeitgebers nicht erlaubt. Dies betrifft nicht nur das Bewerbungsgespräch sondern auch vielfach verwendete Bewerbungsbögen zu Beginn eines Bewerbungsprozesse.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 18.4.2024

Diese Formulare finden sich oft auf der Homepage von Unternehmen. Familienbezogene Daten, die für den Arbeitgeber aus steuerlichen oder anderen rechtlichen Gründen relevant sind, dürfen erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages eingeholt werden.

Fragen zum persönlichen Gesundheitszustand

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber kein detailliertes Fragerecht zum Gesundheitszustand der Bewerberinnen. Es gibt jedoch Ausnahmen: Ist für die zu besetzende Stelle ein bestimmter Gesundheitszustand erforderlich, dann kann im Einzelfall ein Fragerecht des Arbeitgebers bestehen. Das selbe gilt für die Behinderung.

Der potenzielle Arbeitgeber kann auf einer vorherigen Untersuchung bei einem Arzt bestehen beziehungsweise die Vorlage eines ärztlichen Attests bestehen wenn es für den Job relevant ist. Für bestimmte Tätigkeiten ist aufgrund gesundheitspolizeilicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften ein ärztliches Zeugnis beizubringen, (z.B: bei Arbeiten im Gesundheitsbereich, PilotInnen oder Lokführerinnen).

Der Arzt darf dem Arbeitgeber aber lediglich bekannt geben, ob ich für eine bestimmte Tätigkeit geeignet bin oder nicht. Sonstige Angaben zum Gesundheitszustand darf der Arzt gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber nicht machen.

Fragen nach Vorstrafen

Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet dem Arbeitgeber Vorstrafen mitzuteilen. Fragen nach bereits getilgten Vorstrafen sind ebenso unzulässig und müssen somit vom Arbeitnehmer nicht angegeben werden. Ausnahmsweise kann eine Auskunftspflicht gegeben sein, wenn zwischen dem begangenen Delikt und dem zukünftigen Tätigkeitsbereich ein Zusammenhang besteht, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, den Arbeitnehmer unter diesen Umständen zu beschäftigen.

Es wird sich daher beispielsweise eine Person, die sich um eine Stelle in einer Bank bewirbt, die Frage nach Vorstrafen im Bereich von Wirtschaftsdelikten gefallen lassen müssen, bei Ausschreibung einer Stelle für einen Bauarbeiter hingegen ist diese Frage unzulässig.

Fragen nach dem Werdegang und Unterlagen

Eine Frage beim Bewerbungsgespräch ist oft: Was haben Sie bis heute gemacht, wo haben Sie ihre Erfahrungen gesammelt? Arbeitnehmer können sich bei solchen Fragen auch nur auf solche Beschäftigungen berufen, von denen sie glauben, dass sie günstig für die Bewerbung sind. Allerdings sind oft Lücken im Lebenslauf nachteiliger als eine nicht so für die neue Arbeitsstelle interessante frühere Tätigkeit.

Es besteht im übrigen kein Anspruch auf Rückgabe von Bewerbungen, Lebensläufen, oder sonstigen in diesem Zusammenhang übergebenen Papieren. Dies bezieht sich allerdings nur auf Kopien. Originalpapiere (z.B.: Arbeits- oder Schulzeugnisse) müssen zurückgestellt werden. Der Arbeitgeber ist auch nicht berechtigt, persönliche Daten weiterzugeben.

Abschliessende Tipps

Zum Einen: Gut vorbereiten. Sich Informationen über die Firma beschaffen, pünktliches, höfliches, gepflegtes Auftreten. Sämtliche Tipps dazu finden Sie in unserer AK-Broschüre „Einfach überzeugen“.

Zum Anderen: Gehen Sie nicht als Duckmauser in so ein Gespräch. Sie und Ihr künftiger Arbeitgeber sind gleichberechtigte Partner, die quasi ein Geschäft miteinander abschließen. Arbeitsleistung gegen Geld. Selbstbewusstes Auftreten ist gefragt!