Das Video von Jugendlichen in der Seestadt, die auf einen Burschen einschlagen haben und gefilmt wurden, ein Vorfall am Freitag, bei dem in der U-Bahnstation Aderklaaer Straße in Floridsdorf ein 50-jähriger Mann von Jugendlichen niedergeschlagen wird, Eltern in Kagran, die von Jugendbanden berichten, die ihren Kindern am Schulweg auflauern – das sind nur drei Beispiele für ein größeres Problem.
„Ich glaube, wir müssen uns von dem Gedanken lösen, dass das feste Jugendgruppen sind. Die gibt es auch – aber zum Großteil sind das situative Gruppen. Da trifft man den einen hier und den anderen dort. Es ist nicht das, was wir in den 80er-Jahren hatten, dass es so Gruppengangs gibt. Das macht sie schwieriger zu erreichen“, sagt Soziologe Kenan Güngör im „Wien heute“-Interview.
Polizei will mit Stadt und Bildungsdirektion arbeiten
Das dürfte auch die Polizei bemerkt haben. Sie möchte zusammen mit der Stadt und der Bildungsdirektion Strategien gegen diese Jugendgangs erarbeiten. „Es geht darum, wie können wir Gewalt an jedem Ort in diesem Land verhindern, nicht nur in der Schule, sondern auch auf den Plätzen“, sagt Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer.
Jugendbanden als Problem
Die Polizei spricht von einem wachsenden Problem mit Jugendbanden in Wien und will gemeinsam mit Stadt und Bildungsdirektion Maßnahmen erarbeiten.
Denn die Treffpunkte der Jugendbanden sind häufig verschiedene Parks oder U-Bahnstationen, ihre Mitglieder häufig junge Männer mit Migrationsbiografie. Ihre Eltern gelte es als Partner zu gewinnen, sagt Güngör: „Ich kenne beispielsweise einen Vater, der seinen Sohn in eine Polizeistation gebracht hat, der kaum Deutsch kann und gesagt hat: ‚Ich weiß nicht mehr weiter‘.“ Schlägereien, Raubüberfälle und Drogendeals sind nämlich an der Tagesordnung.
2018: 740 Personen unter 18 Jahren verurteilt
2018 sind in Wien 740 Personen verurteilt worden, die zum Tatzeitpunkt unter 18 gewesen sind. Der Großteil ist wegen Diebstahl und Körperverletzung verurteilt. 24 Jugendliche sitzen derzeit in der Justizanstalt Josefstadt in Haft.
Eigentlich funktioniere die Jugendarbeit in Wien sehr gut. „Dennoch erreicht sie nur einen Teil und einen anderen, großen Teil wieder nicht. Und dann erwarte ich von der Schule, dass dieses Demokratie lernen und Empathie für den anderen entwickeln, schon sehr früh in den Schulalltag integriert wird“, sagt Güngör. Die Taskforce „Jugendbanden“ von Polizei, Stadt und Bildungsdirektion soll Dienstag und Mittwoch nächste Woche tagen.