Die Feinstruktur eines völlig anderen Gemäldes unter Caravaggios „David mit dem Haupt des Goliath“ offenbaren Hightech-Scans
KHM-Museumsverband
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Kultur

KHM durchleuchtet Caravaggio mit Scanner

Die Feinstruktur eines völlig anderen Gemäldes unter Caravaggios „David mit dem Haupt des Goliath“ offenbaren Hightech-Scans, die kürzlich am Kunsthistorischen Museum (KHM) Wien durchgeführt wurden.

Mit dem neuen Verfahren könne man Meisterwerken zwar naturwissenschaftlich fundiert Geheimnisse entlocken, ihre Strahlkraft schmälere das aber keineswegs, so Experten des KHM. Dass sich zwischen den Pappelholz-Tafeln und dem heute sichtbaren, stilprägenden Meisterwerk des italienischen Malers Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio (1571-1610), noch ein anders Bild befindet, war bereits auf vor Jahrzehnten gemachten Röntgenaufnahmen zu sehen.

Genauer Einblick ohne Entnahme von Proben

Worauf genau der Künstler um das Jahr 1600 aufgesetzt hat, ist aber seit vielen Jahren „eine offene Frage“ der Kunstgeschichte, sagte Elke Oberthaler, Leiterin der Restaurierwerkstatt der Gemäldegalerie des KHM. Ohne Hand an das Meisterwerk legen zu müssen, konnte man bisher kaum zu tiefergehenden Einsichten gelangen.

Die Feinstruktur eines völlig anderen Gemäldes unter Caravaggios „David mit dem Haupt des Goliath“ offenbaren Hightech-Scans
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Zwei Wochen dauerte der Scan, die Auswertung wesentlich länger

Mit dem seit Februar im Haus am Ring im Einsatz befindlichen „Crono Macro-XRF-Scanner“ können die Experten nun ganz ohne die zerstörerische Entnahme von Proben unter die Gemäldeoberfläche schauen. Das war punktuell zwar bisher schon möglich, das neue Gerät erlaubt jetzt aber auch das Abscannen größerer Bildteile.

Werk ab Mitte Oktober zu sehen

„Wir erhalten hier die Verteilungen der einzelnen Elemente“, so Katharina Uhlir vom Naturwissenschaftlichen Labor des KHM. So weist etwa Quecksilber auf Rotpigmente hin, Zinn auf gelbe, Blei auf weiße oder Kupfer auf blaue und grüne Pigmente. Unterschiedliche Elementverteilungen lassen dann wiederum Rückschlüsse auf die Zeit, in der ein Bild gemalt wurde, oder die Arbeitsweise des Künstlers zu.

Gegenüber herkömmlichen Untersuchungen werde nun „deutlich mehr sichtbar“ – also etwa, wo es Übermalungen gibt und wie diese ausgesehen haben, so Oberthaler. Darauf lag auch der Fokus bei der Analyse von Caravaggios „David mit dem Haupt des Goliath“, das ab 15. Oktober auch eines der Hauptwerke der Schau „Caravaggio & Bernini“ (bis 19. Jänner 2020) sein wird.

Überlagertes Bild „stilistisch ganz anders“

Die älteren Röntgenaufnahmen ließen bereits eindeutig ein darunterliegendes Gemälde erahnen, das um 90 Grad gedreht war. Dabei handle es sich zwar mit Sicherheit nicht um ein älteres Werk Caravaggios, „allerdings konnte man über dessen Zusammensetzung so gut wie nichts sagen“, so Oberthaler.

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Im überlagerten Bild dominierten Farben

Jetzt sei klar, welch unterschiedliche künstlerische Herangehensweisen sich in den verschiedenen Lagen des „recycelten Bildträgers“ finden. Während der unbekannte Erstbemaler auf viel Farbe setzte, dominieren bei Caravaggio vor allem Erdpigmente wie Umbra sowie Bleiweiß, mit denen er sein so richtungsweisendes Licht-Schatten-Spiel umsetzte. „Stilistisch sind die beiden Bilder einfach ganz anders“, so die Leiterin der Restaurierwerkstatt.

Während der Scan rund zwei Wochen dauerte, brauche die Auswertung und vor allem die Interpretation sicher deutlich länger. Anhand der neuen Daten lasse sich das seit Jahrhunderten übermalte Bild am Computer und in Farbe theoretisch sogar wieder rekonstruieren.