Das Pflegewohnheim „Park Residenz Döbling“
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Chronik

Vorwürfe gegen Seniorenresidenz

In einem Pflegewohnheim in Döbling seien Bewohnerinnen und Bewohner mitunter achtlos und menschenverachtend behandelt worden, kritisiert eine ehemalige Praktikantin. Der Heimbetreiber weist alle Vorwürfe zurück.

„Ich habe in dem Moment, als ich das Zimmer betreten habe, gesehen, wie die Mitarbeiterin dieser Bewohnerin die Nase zugehalten hat und sie an der Nase durchgeschüttelt hat. Sehr grob“, sagt die ehemalige Praktikantin, die anonym bleiben will, gegenüber „Wien heute“. Auslöser für das Verhalten der Mitarbeiterin sei gewesen, dass die demente Patientin nicht habe essen wollen. Als die Szene zunehmend eskaliert sei, habe sie angeboten, zu übernehmen. „Die alte Dame hat dann ein paar Bissen gegessen und getrunken, hat mich angesehen und geweint“, schildert sie.

Es ist nicht die einzige derartige Szene, die die junge Frau als Praktikantin auf der Langzeitpflegestation der Park Residenz Döbling laut ihrer Aussage erlebt hat. Sie beobachtete auch, dass zu Pflegende „völlig achtlos“ mit dem Rollstuhl transportiert wurden, sodass Knie an Türrahmen schlugen oder bis zu 45 Minuten auf der Toilette sitzen mussten, obwohl sie läuteten. Menschenverachtend nennt sie das Gesehene.

Das ganze Interview zum Nachsehen

„Wien heute“-Redakteurin Barbara Wakolbinger hat mit der ehemaligen Praktikantin gesprochen, die schwere Vorwürfe gegen das Pflegewohnheim in Döbling erhebt.

„Kann mir solche Vorwürfe einfach nicht vorstellen“

„Wenn die Bewohner, die geduscht werden, nackt vorgeführt werden, und sie sich äußern, dass ihnen kalt wäre, dann wurde ihnen von der Mitarbeiterin gesagt: ‚Und mir ist heiß, ich kann jetzt nichts machen‘“, erinnert sich die ehemalige Praktikantin, die mittlerweile ihre Ausbildung abgeschlossen hat und anonym bleiben möchte.

Bei der Wiener Kaufmannschaft, die das Heim betreibt, kann man sich derartiges Verhalten nicht vorstellen. „Wir werden ständig überprüft. Und wenn es zu Vorwürfen kommt – es kommt auch manchmal vor, dass irgendein Angehöriger etwas meldet –, dann steht sofort eine Prüfeinheit vor der Tür. Wir hatten in den letzten Jahren die Volksanwaltschaft im Haus mit einem sehr, sehr guten Ergebnis“, sagt Helmut Schramm, Vorstand der Wiener Kaufmannschaft gegenüber „Wien heute“. Er verweist zudem auf eine jährliche Prüfung der MA 40 und die Prüfung durch den Fonds Soziales Wien (FSW). „Ich kann mir solche Vorwürfe einfach nicht vorstellen“, sagt Schramm.

„Das Erlebte ja nicht erzählen“

Vor allem eine Pflegerin fällt der jungen Frau auf, berichtet sie. Die damalige Praktikantin versuchte, das Vorgehen der Frau bei der stellvertretenden Stationsleitung zu melden. „Seitens der Praktikumsstelle war die Reaktion jene, dass mir in erster Instanz gesagt wurde, dass ich das Gesehene und Erlebte ja nicht in meiner Ausbildungsstätte erzählen soll. Ich soll mit niemanden darüber sprechen.“ Aber ihr wurde zugesichert, dass die Leitung informiert wird.

„Wenn so etwas vorkommt, dann muss es sofort gemeldet werden. Dann wird man der Sache nachgehen und wird das abstellen. Uns liegt so etwas nicht vor“, sagt Schramm. Die junge Frau hätte zur nächsten Instanz gehen müssen, findet er.

„Ziel war zu kalmieren“

Regelmäßig schickt auch der Fonds Soziales Wien Fragebögen an die Bewohnerinnen und Bewohner. In der Morgenbesprechung sei das Thema gewesen. „Die Leute, die zu kritisch wären, die Leute, die das nicht selber mehr können, oder wo es sich nicht mehr auszahlt, dass man sich mit denen auseinandersetzt, da wurde ganz klar die Order ausgegeben: Das habt ihr Mitarbeiter auszufüllen“, sagt die ehemalige Praktikantin. Auch das weist der Betreiber zurück.

Man habe ganz schnell gemerkt, dass „das primäre Ziel war, dass es nach außen hin stimmt, dass Angehörige zufrieden gestellt sind, dass nicht viel hinterfragt wird, dass kalmiert wird. Ich habe kaum bis gar nicht erlebt, dass den Bedürfnissen der Einzelnen Aufmerksamkeit zuteilwurden“, sagt die junge Frau.

Interview mit Leiterin Wiener Heimkommission

„Wien heute“-Redakteur Karl Reis hat mit der geschäftsführenden Leiterin der Wiener Heimkommission, Gabriele Allmer, ein Interview zu den Vorwürfen geführt.

Heimkommission: „Keine großen Beschwerden“

Verantwortlich für die Kontrolle der privaten und städtischen Pflege- und Seniorenwohnheime ist die Stadt Wien, konkret die Wiener Heimkommission. „Es gibt in Wien das Wiener Wohn- und Pflegeheimgesetz. Hier gibt es ganz klare Vorgaben. Die Rahmenbedingungen sind sehr klar, und das wird auch regelmäßig überprüft. Einen Systemfehler kann ich mir nicht vorstellen“, sagt die Leiterin der Wiener Heimkommission, Gabriele Allmer, gegenüber „Wien heute“.

Konkret auf die Residenz Döbling angesprochen, meint Allmer, dass es Beschwerden gab, „aber es waren keine großen Beschwerden. Es gibt bei uns Beschwerden über das Essen, es gibt mal Beschwerden über Kosten, das ist wirklich ein sehr breites Feld. Aber ich kann sagen, auf jeden Fall keine schwerwiegenden Beschwerden“.