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Polizeigewalt bei Demo: Video bearbeitet?

Nach den Polizeigewalt-Fällen bei einer Klimademo Ende Mai ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen fünf Polizisten, Disziplinarstrafen wurden noch keine eingeleitet. Laut Innenminister Wolfgang Peschorn könnte Videomaterial nachträglich bearbeitet worden sein.

War es ausufernde Polizeigewalt oder haben Klimaaktivisten Ende Mai absichtlich ein härteres Einschreiten bei einer unangemeldeten Parallel-Demonstration zum Klimaschutz provoziert? Durch die Beantwortung von parlamentarischen Anfragen der Liste JETZT und NEOS wurden jetzt neue Details zum Polizeieinsatz bei der Klimademo bekannt. Widersprüche gibt es dabei unter anderem in Bezug auf die Häufigkeit der Schläge, die ein Polizeibeamter einem Demonstranten versetzt hat.

Laut Aussagen des betroffenen Einsatzbeamten wurden zwei bis drei Schläge ausgeführt, während auf dem Video des Vorfalls mehr Schläge zu sehen sind. Dieser Umstand lässt sich laut Peschorn in seiner Beantwortung „wohl auf die nachfolgende Bearbeitung (Wiederholung von Sequenzen)“ zurückführen. Darüber hinaus habe nicht verifiziert werden können, dass einige Polizisten „in die Nieren“ riefen. Die bisherigen Ermittlungen hätten darauf hingewiesen, dass der Betroffene selbst geschrien habe: „Sie treten mich in die Nieren.“

Rissquetschwunden und Blutergüsse bei zwei Aktivisten

Ansonsten seien der Landespolizeidirektion Wien die Verletzung von zwei Personen im Rahmen der Aktion „Ende Geländewagen“ bekannt, hieß es von Peschorn in der Beantwortung einer JETZT-Anfrage. Eine Person habe eine Rissquetschwunde im Kopfbereich und über Schmerzen im linken Unterkiefer geklagt, sowie über Druckstellen, Abschürfungen an den Handgelenken und Prellungen.

Die zweite Person ist auf dem veröffentlichten Video zu sehen. Gegen sie seien „Fauststöße ausgeführt“ worden, da diese „trotz Aufforderung, ihre Hände hervorzugeben und zu zeigen, diese weiterhin unter ihrem Körper (Bauchlage) verbarg“. Der Amtsarzt habe bei dem Mann u.a. einen Bluterguss über dem linken Schulterblatt, oberflächliche Kratzer im Bereich des linken Schulterblatts sowie multiple Blutergüsse am linken Oberarm festgestellt.

Fahrzeuglenker: „Fixierung nicht wahrgenommen“

Die zweite gefilmte Szene, die bei der Klimademo für Aufregung gesorgt hatte: bei einer weiteren Festnahme wurde ein Demonstrant vor bzw. teilweise unter einem Fahrzeug liegend festgenommen. Der Vorwurf lautete hier, die Polizisten hätten den Demonstranten mit dem Kopf unter den Einsatzwagen gedrückt, dann sei das Auto losgefahren.

Vom Lenker des anfahrenden Einsatzfahrzeuges, unter dem der Demonstrant festgenommen wurde, sei nach den bisherigen Ermittlungen „nicht wahrgenommen worden, dass im unmittelbaren Nahbereich des Fahrzeugs eine Fixierung stattfand“. Die einschreitenden Exekutivbeamten hätten „sich selbst und die betroffene Person laut Peschorn jedoch raschest möglich aus dem Gefahrenbereich gebracht“.

Seit 2017 zwei Disziplinarstrafen gegen Wiener Polizisten

Bisher wurden im Zusammenhang mit diesen Vorfällen keine Beamten suspendiert oder Disziplinarverfahren eingeleitet, da der Sachverhalt noch nicht abschließend festgestellt sei und eine Suspendierung nicht gerechtfertigt wäre, hieß es in der Anfragebeantwortung. Ein Beamter wurde in den Innendienst versetzt.

Auch Daten zu den gemeldeten und der Staatsanwaltschaft berichteten Fällen von Misshandlungsvorwürfen gegen Exekutivbedienstete seit 2017 wurden bekanntgegeben: In Wien gab es mit großem Abstand die meisten: 2017 waren es 282 Fälle, 2018 251 Fälle und heuer wurden bis zum 15. Juni 127 Fälle verzeichnet. Es wurden seit 2017 nur zwei Disziplinarmaßnahmen in der Bundeshauptstadt eingeleitet. Sonst gab es nur in Oberösterreich zwei Disziplinarverfahren (2018) und eines in der Steiermark (2017).