Ein Jahrzehnt lang haben Rammstein kein Album veröffentlicht, bis diesen Mai eines erschienen ist. So viele Finnen, Russen und Australier haben es angehört, dass es in ihren Ländern auf Platz eins der Album-Charts gelandet ist. Auch in elf anderen Ländern, darunter Österreich, hat es das namenlose Album an die Spitze der Charts geschafft. Seit Ende Mai tourt die Rockband um die Welt, Wien ist dabei die letzte Station.
In Rüstung und Häftlingskleidung
Diesen März hat der Trailer zur ersten veröffentlichten Single des Albums für viel Kritik gesorgt: Vier Männer sind darin zu sehen, sie stehen mit Strick um den Hals am Galgen. Ihre Oberteile sind längs schwarz-weiß gestreift, auf einem ist ein gelber Stern angeheftet. Auch Mützen mit diesem Muster tragen sie, einem der Männer klebt Blut im Gesicht. Es ist Sänger Till Lindemann.
Im fast zehnminütigen Video, das auf den Trailer gefolgt ist, werden die Bandkollegen Teil der deutschen Geschichte. In SS-Uniform, Häftlingskleidung und Rüstung finden sie sich im Konzentrationslager, im Gefängnis und im Wald wieder. Begleitet werden sie von Germania, die Lindemann innig küsst und in einer anderen Szene seinen abgeschlagenen Kopf im Arm hält. „Deutschland – meine Liebe kann ich dir nicht geben“, lautet das Fazit des Lieds.
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Die Szene, in der Bandmitglieder in KZ-Häftlingsuniformen am Galgen zu sehen sind, ist vielfach kritisiert worden. „Wie kommt Rammstein dazu, sich die Rolle der Opfer anzumaßen“, war die Reaktion Christoph Heubners, Geschäftsführer des Internationalen Auschwitz Komitees. Andere Kritiker haben Rammstein vorgeworfen, den Holocaust zu Marketingzwecken zu missbrauchen.
Protest im Schlauchboot
Rammstein haben die Vorwürfe zurückgewiesen. „Wir wollen provozieren, Leute in Bewegung bringen. Das ist das Gegenteil von Entertainment“, sagte der Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz gegenüber dem Musikmagazin „Rolling Stone“. Provoziert hat die Band während ihres 25-jährigen Bestehens oft, immer wieder ist sie deswegen am rechten Rand verortet worden. „Wir waren früher entweder Punks oder Gruftis – wir hassen Nazis!“, meinte Lindemann bei einem der älteren Interviews mit dem „Rolling Stone“.
Im Rahmen der diesjährigen Tour haben Rammstein Ende Juli auch Polen besucht. Mit im Gepäck die Regenbogenfahne, die Schlagzeuger Christoph Schneider bei der Schlauchbootfahrt über die Menschenmenge geschwenkt hat. In Moskau haben die Gitarristen Paul Landers und Richard Kruspe mit einem Kuss auf der Bühne gegen Homophobie protestiert.
Feuer, Schaum und Sprechgesang
Rammstein sind 1994 in Berlin gegründet worden, die sechs Bandmitglieder stammen alle aus der ehemaligen DDR. In Lindemanns Sprechgesang packt die Band die dunkelsten Seiten der Gesellschaft, Themen wie Kannibalismus und Inzest kommen darin vor. Das neue und siebente Album der Band besteht aus elf Liedern, darunter „Puppe“, „Ausländer“ und „Radio“.
2011 waren Rammstein in der Stadthalle Wien zu Gast. Beim Bühnenabbau mitzuhelfen, war ein Studentenjob, der in Erinnerung bleibt. „Wir haben neben der Bühne gewartet, bis das Konzert aus ist“, sagt ein Student, der damals mitgeholfen hat. „Der letzte Song war das Highlight, da haben sie mit einer riesigen Schaumkanone in Penisform ins Publikum gespritzt. Es war mein erster Studentenjob und er hat darin bestanden, den Riesenpenis von Rammstein abzubauen.“
Am Donnerstag und Freitag werden die Mitglieder von Rammstein in Wien wieder ihr Feuer entfachen. Bei den gewaltigen Bühnenshows sind Flammenwerfer Standard, wer es aus dem Ernst-Happel-Stadion rauchen sieht, der sollte sich also nicht wundern.