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Chronik

Rückholaktion für Kinder von IS-Anhängerin

Das Außenministerium hat entschieden, erstmals Kinder einer österreichischen IS-Anhängerin nach Österreich zurückzuholen. Es handelt sich um die zwei Söhne einer vermutlich getöteten Frau, die 2014 von Wien nach Syrien aufgebrochen ist.

Im Fall der beiden Söhne – eineinhalb und drei Jahre alt – wurden die konkreten Vorbereitungen für eine Rückholung aus Syrien eingeleitet, bestätigt der Sprecher des Außenministeriums Peter Guschelbauer im Ö1-Morgenjournal – Audio in oe1.ORF.at.

„Es liegt hier ein positiver DNA-Test vor. Die Kinder sind somit eindeutig identifiziert. Und es gibt auch eine Entscheidung eines österreichischen Gerichts zur Obsorge. Somit sind die Voraussetzungen für eine Rückholung erfüllt“, so Guschelbauer. Den Großeltern der beiden Kinder war vergangene Woche von einem Pflegschaftsgericht in Österreich das Sorgerecht für die Enkelsöhne zugesprochen worden.

„Derzeit keine näheren Angaben“

Die beiden Buben leben seit einigen Monaten im Wüstenlager al-Hol, das von den Kurden kontrolliert wird. Ihr Gesundheitszustand sei stabil, so Guschelbauer. Details über die Rückholaktion wollte der Außenministeriumssprecher nicht kommentieren. „In dieser Region Nordostsyrien bestehen weiterhin erhebliche Sicherheitsrisiken. Ich bitte daher um Verständnis, vor diesem Hintergrund können wir derzeit sowohl im Interesse der Kinder und weiterer beteiligter Personen zu den genauen Umständen der geplanten Rückholung keine näheren Angaben machen“, so der Sprecher.

Bisher hatte das Außenministerium immer erklärt, dass eine Rückholung kompliziert sei, da es mit der kurdischen Selbstverwaltung keine staatlichen Behörden als Ansprechpartner gebe.

Kinder von IS-Anhängerin kehren zurück

Das Außenministerium hat entschieden, erstmals Kinder einer Wiener IS-Anhängerin nach Österreich zurückzuholen.

„Entweder es fährt eine österreichische Delegation hin und nimmt diese Personen entgegen. Das braucht dementsprechend eine offizielle Delegation. Oder die Betroffenen werden an die syrisch-irakische Grenze gebracht von kurdischen Kräften“, sagte der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger am Samstag gegenüber „Wien heute“. Schmidinger ist zu Forschungs- und Recherchezwecken immer wieder in der Region und war zuletzt im Mai mit der Großmutter der Kinder im Al-Hol-Camp.

Deutschland holte Kinder zurück

Die vier Kinder, die Deutschland Anfang der Woche zurückgeholt hat, wurden von privaten Hilfsorganisationen aus dem Lager al-Hol in Nordsyrien zur Grenze zum Irak gebracht. Dort wurden sie an Mitarbeiter des deutschen Generalkonsulats in Erbil übergeben.

„Solche Überlegungen stehen der Aktion sicher nicht im Wege. Ich bitte um Verständnis, dass wir zu der genauen Art der Durchführung keine näheren Angaben machen. Wir sind aber mit den zuständigen österreichischen Sicherheitsbehörden in engem Kontakt in Hinblick auf die weitere Vorgehensweise“, so Guschelbauer. Ob es sich dabei um die Cobra handle, wollte Guschelbauer nicht beantworten. „Dazu kann ich keine weiteren Angaben machen.“

Mutter der Kinder vermutlich tot, keine Spur vom Vater

Der Fall der Wiener Mutter der beiden Buben hatte international für Schlagzeilen gesorgt. Gemeinsam mit ihrer um ein Jahr älteren Freundin verschwand die damals 15-Jährige im April 2014, um nach eigenen Angaben in Syrien zu kämpfen. Mit dem Flugzeug reisten sie zuerst nach Ankara und dann weiter ins südtürkische Adana. Danach verlor sich ihre Spur.

Über ihren Tod wurde oftmals spekuliert. Der Anwalt der Großmutter hatte im Mai erklärt, die Wienerin sei vermutlich bei der Schlacht um die letzte IS-Hochburg Baghus im März ums Leben gekommen. Auch vom Vater der Kinder fehlt jede Spur. Die Mutter der Frau fand ihre Enkelkinder mit Unterstützung des Politologen Schmidinger im kurdischen Gefangenenlager al-Hol.

Weitere Fälle offen

Auch die Eltern einer Salzburgerin, die mit ihren beiden Kindern im Lager al-Hol lebt, wollen ihre Tochter und die Enkelkinder nach Österreich zurückholen. Bekannt ist außerdem der Fall einer 20-jährigen Wienerin in einem anderen kurdischen Lager, die mit ihrem Sohn zurück nach Österreich will.

„In diesen Fällen wird eine mögliche Rückholung weiterhin geprüft. Hier bestehen allerdings noch offene Vorfragen, die noch zu klären sind. Was den Gesundheitszustand der Kinder betrifft, kann ich versichern, dass das Außenministerium hier in engem Kontakt mit internationalen Organisationen steht, die in diesen Lagern vor Ort präsent sind, um eine humanitäre und medizinische Versorgung sicherzustellen“, so Guschelbauer.