Therese Klostermann, Gedenkstein, Erinnerungsstein, NS-Regime, Nationalsozialismus, Jüdinnen, Juden
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Chronik

Steine für NS-Opfer: Zahl steigt langsam

Dank ehrenamtlichen Engagements und staatlicher Förderungen wächst die Zahl der Gedenk- und Erinnerungssteine in Wien Jahr für Jahr. Die Anzahl der neu hinzukommenden Steine ist aber überschaubar – das ist von den Initiatoren auch so gewollt.

Rund 600 Steine erinnern in Wien derzeit an die jüdischen Opfer des nationalsozialistischen Regimes. Auf ihnen befinden sich bis zu vier Namen und erinnern so an insgesamt 1.600 Menschen, die von den Nazis getötet wurden.

Pro Jahr kommen rund 50 neue Steine dazu. Den Großteil der Gedenksteine setzt der Verein „Steine der Erinnerung“, pro Jahr platziert die Organisation etwa 40 neue vor Häusern der NS-Opfer. Meist auf Ansuchen von Angehörigen und Hinterbliebenen, erklärt Daliah Hindler von der Gedenkinitiative. Dieses Jahr werden noch 19 weitere Steine realisiert, die meisten davon im zweiten Bezirk. Insgesamt gehen rund 460 der insgesamt 600 Steine in Wien auf den Verein zurück.

680 Euro für einen Erinnerungsstein

Hauptsächlich in der Landstraße, vereinzelt auch in anderen Bezirken, ist der Verein „Steine des Gedenkens“ aktiv. Deren Andenken finden sich rund 110 Mal in der Stadt. In den vergangen Jahren, erklärt der Vereinsvorsitzende Gerhard Burda, kommen jährlich rund zehn Steine dazu. Meistens sind es Familienangehörige oder Enkelkinder, die einen Gedenkstein in Auftrag geben. Bereits im Mai dieses Jahres setzte der Verein in der Franz-Hochedlinger Gasse in der Leopoldstadt zwei Steine. Im Lauf des Jahres sollen noch fünf weitere hinzukommen, außerdem will die Initiative in der Leopoldgasse zwei Gedenktafeln anbringen.

Laut Burda sollen nicht nur die Gedenksteine an die Opfer des Holocausts erinnern. In unregelmäßigen Abständen besucht der Verein Diskussionsrunden und Gedenkveranstaltungen. Burda und zehn weitere Personen arbeiten unentgeltlich für die Initiative. Rund die Hälfte der Kosten eines neuen Gedenksteins werden aus Subventionen und Spenden lukriert. Die restlichen 680 Euro bezahlen die Hinterbliebenen, die den Stein beauftragt haben.

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Rund 600 Steine erinnern in Wien an die Opfer des NS-Regimes

Anders als bei den „Steinen des Gedenkens“ kann sich der Verein „Steine der Erinnerung“ zwei Fixangestellte leisten. Möglich wird das durch Spenden im unteren fünfstelligen Bereich sowie öffentlichen Förderungen von rund 40.000 Euro pro Jahr. Zudem hilft ein Team von sieben bis acht Freiwilligen. Vor allem wenn es darum geht, die Steine zu reinigen, helfen regelmäßig auch die Angehörigen der NS-Opfer mit.

Neben den beiden größten Vereinen gibt es noch drei weitere kleinere Initiativen, die jeweils auf Bezirke bezogen arbeiten und bisher rund 30 Steine gesetzt haben. Dazu zählen „Steine der Erinnerung Josefstadt“, „Steine der Erinnerung in Liesing“ sowie „Erinnern für die Zukunft“ in Mariahilf.

Individuelles Gedenken im Fokus

Steine, die mutwillig beschädigt oder verunstaltet werden, seien absolute Ausnahmen, erklärt Hindler. Vor allem im Winter handelt es sich beim vermeintlichen „Vandalismus“ oftmals um ein bloßes Wetterphänomen: Schnee, Eis und vor allem Streusalz hinterlassen ihre Spuren auf den Steinen. Auch Burda betont, dass die Steine seiner Initiative nur selten Ziel von Vandalismus werden: „Gott sei Dank, praktisch nicht“. In vielen Fällen sei es aber auch einfach schwierig nachzuweisen, ob es sich tatsächlich um einen Fall von Vandalismus gehandelt hat.

Beide Vereine, „Steine der Erinnerung“ und „Steine des Gedenkens“, sorgen dafür, dass Wien jährlich um rund 50 Steine reicher wird. Mehr müssten es auch nicht sein, „wir wollen das auch in Zukunft individuell gestalten“, erklärt Hindler. Alles andere „würde den Charakter des Vereins verändern“. Im Fokus solle individuelles Gedenken stehen, findet Hindler. Auch Burda betont, mit der Anzahl der gesetzten Steine zufrieden zu sein.