Dieser Beschluss wurde von einem Journalrichter gefällt. Der unter Missbrauchsverdacht stehende ehemalige Sportler verzichtete auf Rechtsmittel. Seisenbacher machte vor dem Richter keine Angaben und verzichtete auch auf die Anwesenheit seines Rechtsanwalts, Bernhard Lehofer.
„Er nimmt jetzt alles so, wie es ist“
Dieser hat sich mit Seisenbacher, der sich in der Justizanstalt Josefstadt befindet, bereits am Freitag „ausführlich“ ausgetauscht, wie er im Interview mit dem ORF Wien erklärte. Die Verhängung der U-Haft kam aus seiner Sicht nicht überraschend: „Nachdem der Herr Seisenbacher zum ersten Hauptverhandlungstermin nicht gekommen ist, würde ich lügen, wenn ich sage, dass der Beschluss jetzt überraschend war. Es war aus meiner Sicht absehbar.“
Die U-Haft ist im Fall Seisenbacher nicht befristet, da die Anklage bereits eingebracht wurde, erklärte Gerichtssprecherin Christina Salzborn am Samstag. Ein Termin für die Hauptverhandlung steht noch nicht fest.
Bernhard Lehofer, Anwalt von Peter Seisenbacher zur U-Haft
Zum weiteren Prozessverlauf sagte Lehofer Samstagnachmittag: „Das Gericht wird im Verlauf der nächsten Wochen den Hauptverhandlungstermin anberaumen und dort wird der Herr Seisenbacher dann seine Aussage machen.“ Ein nächstes Treffen mit dem Ex-Judoka sei für Anfang nächster Woche geplant. Auf die Frage, wie es Seisenbacher in Haft ergehe, erklärte der Rechtsvertreter: „Aus meiner Sicht geht es ihm gut, den Umständen entsprechend natürlich. Er wird gut behandelt und er nimmt jetzt alles so, wie es ist.“
U-Haft über Seisenbacher verhängt
Über den österreichischen Ex-Judoka Peter Seisenbacher ist am Samstag die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr verhängt worden. Laut seinem Anwalt war das eine „absehbare“ Entscheidung.
Flucht vor erstem Prozesstermin 2016
Der Ex-Judoka war am Donnerstag von der Ukraine ausgeliefert und anschließend in die Justizanstalt Josefstadt gebracht worden. Binnen 48 Stunden musste nun über die Untersuchungshaft entschieden werden. Rechtsanwalt Lehofer hatte seinen Mandanten am Freitag im „Grauen Haus“ aufgesucht.
Bernhard Lehofer, Anwalt von Peter Seisenbacher zum Befinden seines Mandanten
Fast drei Jahre lang hatte sich Seisenbacher der Justiz entzogen, nachdem er Ende 2016 kurz vor seinem Prozess in Wien außer Landes geflüchtet war. Die Verhandlung hätte am 19. Dezember 2016 am Straflandesgericht stattfinden sollen. Alle waren gekommen, nur der Beschuldigte tauchte nicht auf. In weiterer Folge wurde er mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Dem zweifachen Olympiasieger wird vorgeworfen, in seinem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht zu haben. Eine weitere Jugendliche wehrte ihn laut Anklage ab, als er zudringlich wurde – die Staatsanwaltschaft hat dieses Faktum als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angeklagt. Seisenbacher hat sich zu den Anschuldigungen bisher nicht öffentlich geäußert. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
In Ukraine untergetaucht
Seisenbacher tauchte in der Ukraine unter, wo er am 1. August 2017 in Kiew festgenommen wurde. Österreichs Justiz bemühte sich seither vergeblich um eine Auslieferung, weil die inkriminierten Delikte nach ukrainischem Recht bereits verjährt waren. Der Ex-Judoka wiederum stellte einen Asylantrag, der aber von der Ukraine im November 2017 abgelehnt wurde. Abgesehen vom negativen Asylbescheid gab es seit Herbst 2017 bereits eine aufrechte Verpflichtung zur Ausreise gegen Seisenbacher.
Der Österreicher dürfte zweimal versucht haben, mit gefälschten Papieren – sein österreichischer Reisepass war eingezogen worden – aus der Ukraine zu flüchten. Am 11. Februar 2018 wollte Seisenbacher in Odessa mit einem falschen Reisedokument ausreisen. Er wurde damals gefasst und nach kurzer Haft wieder auf freien Fuß gesetzt.
Bei Schuldspruch: Ein bis zehn Jahre Haft
Am vergangenen Samstag erfolgte der nächste Versuch. Mit einem gefälschten österreichischen Pass wollte er von Lwiw aus über die polnische Grenze. Erneut wurde Seisenbacher erwischt und in Haft genommen. Nun entschied die ukrainische Grenzpolizei, den Österreicher in seine Heimat abzuschieben. Dies war seit dem Frühjahr möglich, da die Ukraine ein Zusatzprotokoll des europäischen Auslieferungsübereinkommens ratifiziert hatte.
Seisenbacher wollte nach seiner Inhaftierung aber auch freiwillig nach Österreich zurückkehren und bat dafür das Konsulat um Hilfe. Zwei Zielfahnder des Bundeskriminalamtes reisten nach Lwiw und übernahmen den Ex-Judoka am Donnerstagnachmittag.
Das Missbrauchsverfahren war nach Seisenbachers Flucht abgebrochen worden und kann jederzeit formlos fortgesetzt werden. Strafrechtlich hat Seisenbachers Flucht keine Auswirkung. Sie ist im Falle einer Verurteilung kein Erschwernisgrund. Im Falle eines Schuldspruches drohen Seisenbacher ein bis zehn Jahre Haft.