Strache am 23. April 2019 anl. der PK „Kampagnenpräsentation“ in Wien
APA/Helmut Fohringer
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Politik

Straches Spesenkonto sorgt für Wirbel

Die Einrichtung eines Spesenkontos für Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sorgt für Wirbel auch in der Landespartei. Das Spesenkonto sei in den Gremien abgesegnet worden, sagte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp – und erhielt prompt Widerspruch aus den eigenen Reihen. Straches Ex-Bodyguard ist inzwischen wieder auf freiem Fuß.

„Für mich ich ist das relativ überraschend. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Ich habe keine Ahnung. Es gab keine Beschlüsse darüber“, sagte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch, Listenerste der Wiener Freiheitlichen bei der Wahl im Ö1-„Mittagsjournal“ am Mittwoch. Ihr Bruder Hans-Jörg Jenewein, bis 2015 Landesparteisekretär sagte ebenfalls, dass in seiner Amtszeit keine Beschlüsse dieser Art in den Gremien gefallen seien.

Straches Spesenkonto sorgt für Wirbel

Die Einrichtung eines Spesenkontos für Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sorgt für Wirbel auch in der Landespartei. Das Konto sei in den Gremien abgesegnet worden, sagte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp am Mittwoch. Er erhielt dafür Widerspruch aus den eigenen Reihen.

Nepp: Ein „Missverständnis“

Dass Strache bis zu 10.000 Euro pro Monat an Spesen von der Partei abgegolten wurden, sei nicht ohne entsprechenden Beschluss in den Gremien in die Wege geleitet worden, hatte Nepp zuvor im Gespräch mit der APA versichert. Am frühen Nachmittag bekräftigte Nepp seine Aussage. Die Entscheidung sei im Präsidium gefällt worden – und nicht im Vorstand. Belakowitsch sitze im Parteivorstand, aber nicht im Präsidium. Darum sei ihr der Beschluss wohl nicht bekannt gewesen. Nepp sprach von einem „Missverständnis“. Der Beschluss im Präsidium habe ausgereicht. Dieser sei vor 2010 erfolgt. Ein genaues Datum nannte er nicht.

Dominik Nepp
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Die Überweisungen an Strache werden eingestellt, so Nepp.

Indizien für eine missbräuchliche Verwendung der Mittel gibt es laut Nepp vorerst nicht. Derzeit werden die Geldflüsse genau unter die Lupe genommen. „Bis jetzt wurde aber nichts Auffälliges entdeckt“, so Nepp. Gegenüber dem „Kurier“ sagte er: „Alles war zweckmäßig. Das Geld ist für Journalisten-Heurige, Bewirtungen von Delegationen und Reisen verwendet worden.“

Mietzuschuss für Strache bestätigt

Nepp bestätigte den Mietzuschuss für Strache. Wie Nepp im „Kurier“ sagt, zahlt die Landespartei monatlich 2.500 Euro, weil Strache in seinem Haus in Klosterneuburg auch Delegationen empfangen habe. „Diese Überweisung wird eingestellt“, ergänzte Nepp. Der seit dem Rücktritt angefallene Betrag werde Strache nun als Forderung in Rechnung gestellt. Anders gestalte sich dies bei der Beistellung eines Sicherheitsmannes bzw. Fahrers für Strache und der Möglichkeit, ein Büro in den Räumlichkeiten der Landespartei zu nutzen. Hier werde die Unterstützung fortgesetzt, so Nepp.

Die kolportierte Zuwendungen für Straches Ehefrau Philippa, die unter anderem auch als Tierschutzbeauftragte der FPÖ tätig ist, sind laut Nepp nicht von der Wiener Landespartei gekommen.

Nepp: Rücktrittsfrage stellt sich vorerst nicht

Überprüft werden Rechnungen zwischen 2014 und 2018. Dem Bericht zufolge übernimmt die Partei außerdem Anwaltskosten für Strache in Folge der „Ibiza-Affäre“ bis zu einer Höhe von 300.000 Euro. Nepp verwies auch darauf, dass es ein internes Kontrollsystem gab – wobei er eingestand, dass man mit falsch ausgestellten Rechnungen dieses wohl umgehen hätte können. Derzeit steht der Vorwurf im Raum, dass Strache private Ausgaben als berufliche Spesen deklarierte.

Die Frage, ob Strache aus der Partei ausgeschlossen werden soll, stellt sich laut seinem Nachfolger an der Wiener Parteispitze vorerst nicht. „Zuerst muss man schauen, was an den Vorwürfen dran ist“, sagte Nepp. Berichte, wonach etwa Sporttaschen voller Geld übergeben sein sollen, kenne er aber auch nur aus den Medien. Sollte sich der Verdacht auf Straftaten bestätigen, sei ein Parteiausschluss natürlich möglich.

Ex-FPÖ-Rechnungsprüfer: „Selbstbedienungsladen“

Oberösterreichs FPÖ-Landesparteichef und stv. Bundesparteiobmann Manfred Haimbuchner wollte die Causa am Mittwoch nicht kommentieren. Dies sei „Angelegenheit der Wien Landesgruppe“, aus der Ferne könne und wolle er dazu nichts sagen. Vorarlbergs FPÖ-Obmann Christof Bitschi erwartete sich eine „vollumfängliche und rasche Aufklärung“ der Vorwürfe. Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger zeigte sich bedeckt. „Das wird intern und extern geprüft – und das ist gut so“, sagte Abwerzger.

Ein Sprecher der FPÖ Niederösterreich verwies auf das Statement von Norbert Hofer: „Mit der Stellungnahme des Bundesparteiobmanns ist alles gesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen.“ Die Steirische FPÖ wollte sich ebenfalls nicht äußern. Rund um den ehemaligen Parteichef habe es immer Gerüchte unsauberer Geldverwendung gegeben, sagte aber der steirische FPÖ-Landtagspräsident Gerhard Kurzmann am Mittwoch in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“. Die FPÖ sei „zum Teil ein Selbstbedienungsladen gewesen“, so der ehemalige FPÖ-Rechnungsprüfer.

Strache: Spesenkonto „für gesamtes FPÖ-Team“

Strache wehrte sich am Mittwoch auf Facebook erneut gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Die in „Medien kolportierten und völlig unkritisch übernommenen (wieder einmal anonym erhobenen) Verleumdungen gegen meine Person, meine Frau und Familie sind nicht zu tolerieren und schon gar nicht hinzunehmen“, schrieb er. Er werde dagegen vorgehen, kündigte Strache in dem langen Statement an. „Nein, es gab kein Spesenkonto für mich, sondern für das gesamte FPÖ-Team in meinem Büro und ich hatte ausdrücklich keine ‚Partei-Kreditkarte‘“, schrieb Strache.

Strache und sein Sicherheitsmann (l.) im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung am 22. Mai 2014
APA/Herbert Pfarrhofer
Strache und sein ehemaliger Sicherheitsmann (l.) im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung am 22. Mai 2014

„Mein FPÖ-Büro und FPÖ-Mitarbeiter-Team und ich hatten monatlich Ausgaben und Spesen durch unsere Termine, Touren quer durch alle Bundesländer, Veranstaltungen, Bürgerversammlungen, Medien-, TV-Auftritte, etc.!“, heißt es in der Stellungnahme. Das alles sei „nicht zum Privatvergnügen“ gewesen. „Selbstverständlich“ habe er sein Gewand privat gekauft.

Enttäuschung über Leibwächter „grenzenlos“

Auch seine Frau Philippa habe „niemals Spesen über die FPÖ abgerechnet“, sie hatte Straches Ausführungen zufolge ebenfalls „keine FPÖ-Kreditkarte“. Beschuldigungen in diese Richtung bezeichnete der Politiker als „Rufschädigung“. Zu den in der aktuellen Anzeige erhobenen Vorwürfen, Strache habe „regelmäßig Sporttaschen mit hohen Summen Bargeld erhalten“, äußerte er sich ebenfalls. „Niemals habe ich Sporttaschen mit Geld in meinem Auto gehabt, sondern wenn mit durchgeschwitzter Sportwäsche“, so Strache.

Erneut sprach der ehemalige Vizekanzler von einem kriminellen Ibiza-Netzwerk, „welches mutmaßlich auch einen Sicherheitsreferenten von mir vor bereits vielen Jahren (vor 2013) ‚eingekauft‘ haben könnte“. Damit spielte er auf seinen Leibwächter an, der in der Nacht auf Dienstag nach einer Hausdurchsuchung festgenommen worden war. Er hatte Berichten zufolge jahrelang belastendes Material über Strache gesammelt. Seine Enttäuschung über diesen Mitarbeiter sei „grenzenlos“, schrieb Strache. „Niemals hätte ich einem Menschen in meinem engen Umfeld einen derart verleumderischen Plan zugetraut“.

Auch Straches Anwalt wies am Mittwoch alle Vorwürfe, die in der anonymen Anzeige gegen den früheren FPÖ-Chef erhoben werden, zurück. Die darin aufgestellten Behauptungen seien „an den Haaren herbeigezogen“ und im Vorfeld der Nationalratswahl arrangiert worden, sagte Johann Pauer am Mittwoch im Ö1-„Mittagsjournal“.

Leibwächter wieder auf freiem Fuß

Der frühere Leibwächter Straches ist unterdessen wieder auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft bestätigte entsprechende Medienberichte. Er könnte in Sachen Ibiza-Video und Spesenaffäre zum Kronzeugen der Anklage werden. Denn der Ex-Bodyguard soll vor den ermittelnden Behörden ausgepackt haben, berichteten mehrere Zeitungen online am Mittwoch.

Gegen ihn, er ist FPÖ-Bezirksrat und war langjähriger Sicherheitschef Straches, wird laut Medienberichten wegen des Verdachts der Veruntreuung und mutmaßlicher Erpressung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft schweigt dazu, der Fall ist eine Verschlusssache. Laut den „Salzburger Nachrichten“ wurde hauptberufliche Polizist von der Landespolizeidirektion Wien vorübergehend dienstfrei gestellt. Der 49-Jährige war demnach bis zu seiner Festnahme Montagabend als Torposten bei der Eingangskontrolle beim Hauptquartier der Wiener Polizei beschäftigt.

Auch ehemalige Büroleiterin belastet

Das gesammelte Material soll nicht nur Strache, sondern auch dessen frühere Büroleiterin in Bedrängnis bringen. Gegen beide soll wegen des Verdachts der Untreue ermittelt werden. Strache dementiert alles. Er habe „alles ordnungsgemäß verrechnet“. Und auch sein ehemaliger Leibwächter stritt in der ersten Einvernahme jede Verwicklung in die Affäre ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.