Politikberater Thomas Hofer
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Politikexperte: Strache-Antritt wäre „Mega-GAU“

Die Nationalratswahl ist geschlagen. Politikexperte Thomas Hofer hält eine Dreierkoalition zwischen ÖVP, Grünen und NEOS für möglich. Sollte Heinz-Christian Strache bei der kommenden Wien-Wahl mit eigener Liste antreten, wäre das ein „Mega-GAU“ für die FPÖ.

Nach der Nationalratswahl sind so unterschiedliche Regierungskoalitionen wie schon lange nicht möglich. Ob die ÖVP mit den Grünen eine Regierung bildet, sei aber „ganz schwer zu sagen“, meinte Hofer. Der Politikexperte glaubt nicht, dass es alleine Türkis-Grün werden kann.

„Denn Sebastian Kurz wird sich sehr genau anschauen, wer da für die Grünen in den Nationalrat kommt. Und da gibt es gerade einige bei den Wiener Grünen, denen er wohl aus seiner Sicht nicht hundertprozentig vertraut, dass die auch ein stabiler Faktor sind“, sagte Hofer im Radio-Wien-Interview. Aber in einer Dreierkoaltion mit NEOS wäre es laut dem Politikexperten „eine Variante, auch wenn es aus Sicht von Kurz schwer zu managen wäre“.

Auch „Große Koalition“ eine „mögliche Variante“

Wenn die Zusammenarbeit der ÖVP mit den Grünen oder eine Dreierkoalition mit den Grünen und NEOS nicht zustande kommt, wäre eine Koalition mit der SPÖ „eine mögliche Variante. Das ist eine offene Partie. Für die SPÖ ist es aber keine unknifflige Frage, ob man überhaupt als Juniorpartner reingeht.“

Die FPÖ hat am Wahlabend in ersten Reaktionen angekündigt, in Opposition zu gehen. Das hält Hofer auch „für realistisch“. Jedoch gebe es für die ÖVP mit den Freiheitlichen inhaltlich die größte Schnittmenge. „Aber es geht viel um Befindlichkeiten. Und Sebastian Kurz muss schon wissen, dass er fünf Jahre durchregieren muss. Ein drittes Mal vorgezogene Neuwahlen, das kann wohl selbst er sich nicht leisten. Und die Freiheitlichen sind derzeit nicht stabil. Auch ob sich Kurz dem Kickl (Herbert Kickl, geschäftsführender FPÖ-Klubchef, Anm.) gerne ausliefert die nächsten Jahre, da bin ich mir nicht sicher“, sagte Politikberater Hofer.

Thomas Hofer zu Strache und einem möglichen Antreten in Wien

Ausschluss von Strache „wahrscheinlich“

Innerhalb der FPÖ sei nun spannend, ob Strache aus der Partei ausgeschlossen wird. „Es deute viel darauf hin, dass man diesen Schnitt macht. Denn Strache ist und war schon im Wahlkampf ein massiver Unruheherd“, so Hofer. Wenn Strache mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl im kommenden Jahr antritt, „wäre das noch einmal der Mega-GAU aus Sicht der FPÖ, denn man hat ja nicht einen Kandidaten, der so gut positioniert wäre. Es wäre die nächste Parteispaltung“, sagte Hofer. Ob Strache das allerdings wirklich macht, „muss man abwarten. Eigentlich sollte er es sein lassen, aber aus Sicht der Partei kann man sich da nicht sicher sein.“

Hofer nahm auch zu Gerüchten Stellung, wonach Herbert Kickl als blauer Spitzenkandidat bei der Wien-Wahl antreten könnte. „Er muss natürlich schon wissen, wenn er das machen würde, ist er am Ende des Tages ganz sicher Wahlverlierer, die FPÖ kommt von 31 Prozent. Diese Flughöhe hält keiner das nächste Mal für die FPÖ bei der Landtagswahl.“

„Alarmglocken“ für Wiener SPÖ schrillen

Auch wenn die SPÖ in Wien bei der Nationalratswahl den ersten Platz verteidigt hat, müssten für die Landespartei die „Alarmglocken schon laut schrillen“. Es gebe thematische Schwächen. „Und es war bisher so, dass sich die Wiener SPÖ als Gegenpol zur türkis-blauen Regierung aufgebaut hat. Und das allein ist schon zu wenig, da muss man nachschärfen.“ Nur zu sagen, Parteichefin Pamela Rendi-Wagner habe die Verluste eingefahren, sei zu wenig.

„Grüne könnten Morgenluft wittern“

Aber wie wirken sich die enormen Zugewinne der Grünen in Wien für die Zusammenarbeit der rot-grünen Stadtregierung aus? „Das könnte sich zuspitzen, dass die Grünen in Wien Morgenluft wittern“, sagte Hofer. Auch aufgrund der Themenkonjunktur könnten die Wiener Grünen die Chance sehen, „dass man sich in der Stadtregierung kantiger und besser profiliert“.

Dass die ÖVP in Wien auf Platz zwei, schon recht knapp hinter der SPÖ, gekommen ist, liegt laut Hofer an Kurz. „Es hängt stark von den Spitzenkandidaten, von deren Image und deren Inszenierung ab. Da sieht man, was ein Spitzenkandidat ausmachen kann“, so Hofer. „Und es gibt mit Gernot Blümel, anders als in früheren Zeiten der Volkspartei in Wien, schon jemanden, den man kennt. Und der sicherlich auch jetzt einmal in den nächsten Monaten auf Bundesebene eine gewisse Rolle spielen wird.“

Ob der Wahltermin in Wien im Herbst 2020 hält, hängt laut Hofer von der Besetzung der Bundesregierung ab. „Es macht für Ludwig einen Unterschied, ob wieder Türkis-Blau in der Regierung ist oder nicht.“