Chronik

Messerattacke am Zentralfriedhof: Einweisung

Ein deutscher Gastwirt war im März als Tourist am Wiener Zentralfriedhof unterwegs, als er plötzlich von einem Spaziergänger mit einem Messer angegriffen wurde. Der Angreifer (31) wurde am Montag in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der gebürtige Oberösterreicher leidet seit seinem 20. Lebensjahr unter der Krankheit. Er begann Stimmen zu hören und zu halluzinieren. 2012 wurde er erstmals stationär in einer Psychiatrie aufgenommen, sechs weitere folgten in den Jahren darauf. „Die Krankheit ist plötzlich gekommen, ich hab mich verfolgt gefühlt“, sagte er der Richterin am Wiener Landesgericht am Montag. „Wovon?“, fragte die Vorsitzende. „Von einer kriminellen Organisation. Ich habe Stimmen gehört.“

Medikamente wegen Therapeutenwechsels abgesetzt

Am 27. März ging er von der Simmeringer Hauptstraße über das zweite Tor auf den Zentralfriedhof, um einen Spaziergang zu machen. Kurz zuvor habe er seine Medikamente abgesetzt, weil es einen Therapeutenwechsel gegeben hat, erzählte der Angeklagte. „Am Tag des Geschehens habe ich genau gespürt, dass was Schlimmes passieren wird.“ Bereits beim Eingang fühlte er sich von einem Autofahrer verfolgt und trat gegen dessen Fahrertür.

Auf dem Weg zu den Ehrengräbern begegnete er schlussendlich dem Urlauber aus Bayern. „Er ist mir nicht ausgewichen, da hab ich mich angegriffen gefühlt“, sagte der Oberösterreicher. Aus heiterem Himmel schlug der 31-Jährige auf den Gastwirt ein, holte sein Klappmesser aus dem Rucksack und stach Richtung Kopf und Hals. Der Bayer hob geistesgegenwärtig seine Arme zum Schutz in die Höhe, einen Stich konnte er abwehren, der zweite ging durch Jacke und Pullover in den linken Unterarm. Die sieben Zentimeter lange Klinge drang bis zum Ellenknochen durch, wie Gerichtsmediziner Christian Reiter ausführte.

Flucht quer durch Ehrengräber

Der Deutsche rettete sich zunächst hinter und dann in das Auto jenes Mannes, den der 31-Jährige zuerst attackiert hatte. „Ich hatte Todesängste, ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte“, sagte der Wirt. Die beiden Männer verfolgten den Angreifer, der bereits Richtung Dr.-Karl-Lueger-Gedächtnis-Kirche unterwegs war. Beim Ehrengrab von Altbürgermeister Leopold Gratz ging er dann noch auf Mitarbeiter des Zentralfriedhofes los.

Die längst alarmierten Polizisten nahmen den 31-Jährigen schlussendlich bei den Gräbern der Rote Armee-Angehörigen fest. Eine erste Einvernahme war kaum möglich, der 31-Jährige weinte und machte wirre Angaben, etwa dass seine Eltern ermordet und durch Roboter ersetzt wurden. Über das Opfer wusste er zu berichten, dass es ihn bereits seit zehn Jahren verfolge.

Gutachter: „Geisteskrankheit war handlungsbestimmend“

Laut dem psychiatrischen Gutachter Peter Hofmann war die Geisteskrankheit des 31-Jährigen handlungsbestimmend. Weil der Mann zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig war, kann ihm der Übergriff, der sonst als versuchter Mord gewertet werden würde, nicht vorgeworfen werden.

Weil die Gefahr besteht, dass der Oberösterreicher neuerliche derartige Gewalttaten mit schweren Folgen begehen könne, empfahl der Sachverständige die Einweisung nach Paragraf 21, Absatz 1 Strafgesetzbuch. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.