Soziales

Zeugnis für Wohlstand in Österreich: Gut

Die Wohlstandentwicklung ist in Österreich gut, Schwächen gibt es laut dem zweiten Wohlstandsbericht der Arbeiterkammer (AK) unter anderem bei Umwelt, Arbeit und fairer Verteilung. Am besten schneidet der Bereich Lebensqualität ab.

Insgesamt ergibt der Wohlstandsbericht für fünf Bereiche eine Gesamtbewertung von 72 Punkten – von maximal 120 möglichen. Wirtschaftswachstum stehe zu sehr im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Berichterstattung und Debatte, Wohlstand sei mehr als Wirtschaftswachstum, begründete Markus Marterbauer, Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung in der AK Wien, am Dienstag in einer Pressekonferenz den Bericht.

Wohlstand: „Hohe und gerecht verteilte Einkommen“

Wohlstand heiße für die AK unter anderem hohe und gerecht verteilte Einkommen und Vermögen, gerecht entlohnte Arbeit, gute Arbeitsbedingungen, hohe Lebenszufriedenheit mit guter Versorgung von sozialen Diensten von Pflege bis Wohnen, intakte Umwelt sowie gesamtwirtschaftliche Stabilität.

Österreich sei in vielen Teilen ein Erfolgsmodell und habe eine ausgezeichnete Basis um den Wohlstand weiter zu verteilen. Andererseits habe man den Eindruck, dass die Wohlstands- und Nachhaltigkeitsdebatte zu wenig Stellenwert im politischen System habe und in dem einen oder anderen Bereich auch ein Zurückfallen drohe.

Mehr Investitionen in Klimaschutz, Wohnen & Co. gefordert

Die AK fordert eine deutliche Ausweitung der öffentlichen Investitionen vor allem im Bereich Klimaschutz, Wohnen, Bildung und sozialer Zusammenhalt, eine innovative Arbeitszeitpolitik und eine Renaissance des sozialen Dialogs.

Im Bereich „Fair verteilter materieller Wohlstand“ steht Österreich laut AK im internationalen Vergleich relativ gut da. Hohe Arbeitsproduktivität gemeinsam mit der kollektivvertraglichen Lohnpolitik und einem gut ausgebauten Sozialstaat bedeuten relativ hohe real verfügbare Einkommen – vor allem in der Mitte der Gesellschaft.

Spendenfreudige Milliardäre versus Armutsbekämpfung

In der Mitte habe Österreich nach Luxemburg die zweithöchsten realen Einkommen in Europa. Handlungsbedarf sieht die AK bei der Lücke zwischen Männer- und Fraueneinkommen (Gender Pay Gap), die zwar kleiner werde, aber viel zu langsam.

Einen Schwachpunkt ortet man auch in der Vermögenskonzentration. Wenn man sich nur in Erinnerung rufe, wie spendenfreudig die Milliardäre und Milliardärinnen in den letzten Monaten gewesen seien und wie viele Rückschritte in den anderen Bereichen in der Armutsbekämpfung zum Beispiel verzeichnet worden seien, sei das ein Beleg dafür, „dass Vermögenskonzentration gefährlich ist für Demokratie und Gesellschaft“, so Marterbauer.

Rückgang bei unbezahlten Überstunden

Im Bereich Vollbeschäftigung und gute Arbeit gibt es im Bericht gute Bewertungen für Erwerbstätigkeit und Mitbestimmung. Die unbezahlten Überstunden beispielsweise sind im Vergleich 2015 bis 2018 zurückgegangen, aber noch immer relativ hoch. Die Arbeitslosigkeit dürfte aber angesichts der schwächeren Konjunktur wieder steigen, erwartet die AK.

Ein wichtiger Bereich für die künftige Regierung ist laut AK die Klimapolitik, wobei eine breite Einbindung als nötig erachtet wird. „Wenn es nicht gelingt, die Bevölkerung mitzunehmen, sind die Klimaziele nicht erreichbar“, so Silvia Leodolter, Leiterin der AK-Abteilung Umwelt und Verkehr. AK, Gewerkschaften, Wirtschaft und NGOs beispielsweise müssten miteingebunden werden. Im Verkehr vorrangig sei die Schaffung von klimafreundlichen Alternativen, wichtig dabei aber eine soziale Ausgewogenheit.

Problem Treibhausgasemissionen

Der Bereich intakte Umwelt erreicht im Wohlstandsbericht zwölf von 24 möglichen Punkten und schneidet damit am schlechtesten der fünf Bereiche ab. Bei Feinstaub sei das Ergebnis nicht so schlecht, die Problembewältigung beim Verkehrslärm durchschnittlich.

Größte Sorge sind laut Leodolter die Treibhausgasemissionen und der energetische Endverbrauch. Die AK fordert ein Klimainvestitionspaket 2020 bis 2030 im Ausmaß von einer Mrd. Euro jährlich, wobei dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs oberste Priorität eingeräumt wird. Relativ gute Werte weist mit 15 von 24 Punkten die ökonomische Stabilität auf.

Lebensqualität liegt deutlich über EU-Durchschnitt

Die Zieldimension Lebensqualität schneidet im Wohlstandbericht am besten ab. Sie habe sich in den vergangenen zehn Jahren erhöht und liege nicht nur deutlich über dem EU-Durchschnitt, sondern auch besser als in Deutschland und Belgien.

Gute Werte erzielten das subjektive Sicherheitsgefühl. Positiv verlaufe auch die Entwicklung bei der Reduktion von Armut und Ausgrenzung, wobei hier der Ausblick wegen der 2019 beschlossenen Änderung bei der Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung auf negativ gesetzt wird. Beim gesunden Verbleib im Arbeitsmarkt bis zur Pension hat die AK aber die Sorge, dass sich die Erhöhung der Höchstarbeitszeit negativ auswirken könnte. Negativ wirken sich bei der Lebensqualität die hohen und steigenden Wohnkosten aus.