„Die Stadt ist voller Geschichten, die zwar nicht geheim sind, aber die niemand kennt“, sagte Museumsdirektor Matti Bunzl bei der Präsentation der Grabung. Im Zuge dieser wurden Teile der Fundamente des Gebäudes freigelegt, das sich am Standort des heutigen Wien Museums befand.
Pelze, Schuhe und Motorräder
Erbaut und eröffnet wurden die Verkaufshallen im Jahr 1922. Bekannte Geschäftsleute boten dort ihre Produkte in den diversen Hallen und Kojen feil. Bekleidung, Pelze, Schuhe und antike Uhren waren genauso erhältlich wie Autos, Motorräder und das Phänomobil, ein motorisiertes Dreirad. Einige Jahre lang war dort auch ein Gasthaus, das sich „Erster Wiener Stadtheuriger“ nannte, zu finden.
Erfolgreich dürfte das Konzept jedoch nicht wirklich gewesen sein. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Existenz des Einkaufszentrums nahezu vergessen ist. Gemeinsam mit den schlechten Besucher- und Absatzzahlen sorgte die Rezession ab 1930 schließlich endgültig für das Aus. Zuletzt wurde das Einkaufszentrum fast nur mehr als Autowerkstätte genutzt. 1934 wurde die Ausstellungshalle abgerissen.
Verkaufshallen viel teurer als gedacht
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf der Fläche das Wien Museum gebaut, das jetzt saniert und neu gestaltet wird. Das Haus ist bereits geschlossen und weitgehend ausgeräumt. Wie das Museum jetzt einmal mehr beteuerte, liegt das Projekt sowohl zeitlich wie finanziell im Plan. Der Generalunternehmer sei bereits ausgeschrieben worden, ab November wird das Gebäude entkernt. Das Vergabeverfahren soll im Frühjahr 2020 abgeschlossen werden. Auch der eigentliche Baubeginn wurde terminisiert. Er wird mit Sommer 2020 angegeben.
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Die Wiener ÖVP zweifelt aber weiterhin an dieser Darstellung. Man gehe von Kostenüberschreitungen in der Höhe von 23 Millionen Euro aus, wurde jetzt erneut bekräftigt. Laut einer früheren Berechnung dürften die geplanten Baukosten von 64 Millionen Euro auf 87 Millionen Euro netto steigen. Während das Museum von „Risikoanalysen“ spreche, werde in den Papieren festgehalten, dass die Kostenplanung weit über dem Budget liege, so die ÖVP. Neu sind solche Diskussionen über diesen Standort nicht. Auch die Verkaufshallen waren damals betroffen. Aufgrund von baulichen Mehrleistungen haben sich die Baukosten damals sogar verfünffacht.
Es wird weiter in die Vergangenheit gegraben
Die Überreste des Einkaufszentrums werden nicht für die Nachwelt erhalten, wie Grabungsleiter Martin Mosser erläuterte. Er sprach heute von einer „dokumentierten Zerstörung“. Interessante Erkenntnisse lieferte der Fund jedenfalls, wie betont wurde. So habe etwa die Bautechnik überrascht, also konkret, dass grober Magerbeton für die Fundamente verwendet worden sei. Auch, dass der Bauplatz einst beträchtlich aufgeschüttet und begradigt wurde, fand man heraus.
Laut Mosser wird man demnächst noch mehrere Meter in die Tiefe, also weiter in die Vergangenheit, vorstoßen. Pflaster aus der Zeit vor dem Hallenbau wurde bereits entdeckt. Noch weiter unten lag einst das Bett des inzwischen längst umgeleiteten Wienflusses. Dass auch römische Funde in diesen Schichten schlummern, schließen die Archäologen nicht aus.