Die frühere kaufmännische Burgtheater-Geschäftsführerin, Silvia Stantejsky, vor Prozessbeginn wegen Bilanzvergehen, Untreue und Veruntreuung im Straflandesgericht Wien
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

Ex-Burg-Geschäftsführerin: „Teilweise schuldig“

Silvia Stantejsky, die langjährige kaufmännische Geschäftsführerin des Burgtheaters, hat sich am Donnerstag am Landesgericht zum Auftakt ihres Prozesses wegen Untreue, Veruntreuung und Bilanzfälschung teilweise schuldig bekannt. Sie stellte allerdings in Abrede, sich persönlich bereichert zu haben.

Laut Anklage soll sich die 64-Jährige sogenannte Handgelder von Burg-Mitarbeitern im Ausmaß von rund 33.000 Euro und Honorare des Regisseurs David Bösch sowie des damaligen Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann in Höhe von 185.000 bzw. 163.000 Euro zugeeignet haben.

Die frühere kaufmännische Burgtheater-Geschäftsführerin, Silvia Stantejsky, vor Prozessbeginn wegen Bilanzvergehen, Untreue und Veruntreuung im Straflandesgericht Wien
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Stantejsky wurde 2013 als Geschäftsführerin des Burgtheaters entlassen

Es war „eine Scheißzeit“

Stantejsky gab das zu, behauptete jedoch, sie habe damit „Löcher“ an der finanzmaroden Burg gestopft, was sie im Nachhinein bedaure. Sie habe „immer gedacht, dass es weitergehen muss mit dem Burgtheater“. Sie habe „irgendwann nicht mehr trennen können, was von Hartmann ist, von mir, von Bösch“. Auch ein angebliches Darlehen des Betriebsrats von 77.000 Euro habe zum Bezahlen von Burgtheater-Rechnungen herhalten müssen.

„Das Burgtheater war mein Baby, mein Leben“, betonte Stantejsky, wobei ihre Stimme zu brechen drohte. Es sei in finanzieller Hinsicht „eine Scheißzeit“ gewesen: „Ich wollte, dass es (das Burgtheater, Anm.) überlebt. Das Schlimmste ist für mich der Vorwurf, dass ich es geschädigt habe.“

Sie selbst habe private Mittel ins Burgtheater gesteckt und „keine Spesen, keine Ausgaben verrechnet, um die blödsinnige schwarze Null zu ermöglichen“. Zwischen 2009 und 2013 habe sie berufsbezogene Auslagen in Höhe von 110.000 Euro bestritten und diese niemals abgerechnet.

Nicht geständig zu Bilanzfälschung

Als ihre eigenen Mittel nicht mehr ausgereicht hätten, um das Burgtheater am Leben zu erhalten, „habe ich einen anderen Weg gesehen“. Da sie Zugriff auf fremdes Vermögen hatte – Hartmann hatte ihr ursprünglich Honorare in Höhe von insgesamt 273.000 Euro zum Aufbewahren übergegeben, Bösch immerhin 185.000 Euro – , „habe ich dann angefangen, es von dort zu nehmen“, schilderte die Angeklagte.

Ausdrücklich nicht geständig war Stantejsky zum Vorwurf der Bilanzfälschung. Sie habe zwar die finanzielle Lage beschönigt und „Fehldarstellungen“ vorgenommen, meinte Verteidigerin Isabell Lichtenstrasser. Die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ziehe daraus aber die falschen Schlüsse. Stantejsky sei es darum gegangen, „die miese finanzielle Lage des Burgtheaters zu bewältigen“ und das Ansehen des Hauses hochzuhalten.

Sie habe zumindest am Papier die Vorgaben der Bundestheater-Holding umsetzen wollen, wo man partout keine Verluste sehen wollte. Dass die „schwarze Null“ in der Realität nicht möglich war, „war allen Beteiligten sonnenklar“, sagte Lichtenstrasser.

Das Burgtheater in Wien
ORF.at/Carina Kainz
Die angebliche Bilanzfälschung wurde zum Theaterskandal

Psychische Erkrankung „ausschlaggebend“

Die Verteidigerin betonte, eine psychische Erkrankung der langjährigen Burgtheater-Geschäftsführerin sei mit ausschlaggebend für die inkriminierten Tathandlungen gewesen: „Das hatte Auswirkungen auf ihre berufliche Tätigkeit.“ Mit der Krankheit sei „ein nicht unerheblicher Realitätsverlust“ einhergegangen.

Stantejsky selbst berichtete in ihrer stundenlangen Einvernahme als Beschuldigte, sie habe erstmals 2010 ein Coaching in Anspruch genommen, „weil ich mich vollkommen überlastet fühlte durch die Art und Weise, wie Hartmann die Geschäfte geführt hat“. 2011 habe sie sich schließlich in psychiatrische Behandlung begeben. Diese dauere bis zum heutigen Tag an. Sie nehme auch Medikamente.

Angespannte Beziehung zu Hartmann

Stantejskys Beziehung zu Hartmann dürfte grundsätzlich angespannt gewesen sein. „Das Verhältnis war sehr davon abhängig, ob er mich gebraucht hat oder nicht“, verriet die 64-Jährige. Hartmann habe sie „bespitzelt“ und sei bevorzugt dann in die Burg gekommen, nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, dass sie nicht zugegen war.

Hartmann habe außerdem cholerisch und mitunter unberechenbar agiert. So erinnerte sich die Angeklagte an eine Szene, als eine Sekretärin vom Burg-Impresario entlassen wurde, nachdem sie es nicht geschafft hatte, sein defektes Handy wieder in Betrieb zu setzen.

Zehn Jahre Haft drohen

Im Zuge einer Gebarungsprüfung war 2013 die ausgewachsene finanzielle Schieflage am Burgtheater ans Tageslicht gekommen. Stantejsky wurde im November 2013 fristlos entlassen, im März 2014 folgte die Entlassung Hartmanns. Schließlich legte auch der Chef der Bundestheater-Holding, Georg Springer, alle Aufsichtsratsfunktionen zurück.

Während gegen Hartmann alle strafrechtlich relevanten Vorwürfe eingestellt wurden – es ging um den Verdacht der Untreue, behauptete Bilanzfälschung und grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie mögliche Abgabenhinterziehungen – und auch von im Raum stehenden Anschuldigungen gegen Springer nichts übrig blieb, muss sich Stantejsky nun vor einem Schöffensenat verantworten. Ihr drohen im Fall eines Schuldspruchs bis zu zehn Jahre Haft. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt.