Kultur

Mögliche Dürer-Zeichnung im Stephansdom entdeckt

Hat Albrecht Dürer im Stephansdom eine Wandzeichnung angefertigt? Fest steht, dass eine Zeichnung, die bei Restaurierungsarbeiten am gotischen Bischofstor an der Nordseite des Doms gefunden wurde, höchste Qualität aufweist und aus dem frühen 16. Jahrhundert stammt.

„Die Qualität erinnert an Dürer“, erläuterte Bernd Euler-Rolle, Fachdirektor im Bundesdenkmalamt (BDA), am Freitag die Vermutung, der Wissenschaftler am Freitag in der Tagung „Dürerzeitliche Wandmalerei im Wiener Stephansdom“ nachgehen. Eine sichere Zuschreibung zu Albrecht Dürer sei aber eine Herausforderung, denn schließlich gebe es keinerlei Aufzeichnungen, dass der alte Meister je in Wien gewesen sei.

Mögliche Dürer-Wandzeichnung
APA/BDA/Irene Dworak
Laute Experten trägt die Zeichnung „eindeutig“ Dürers Handschrift

Reihe von Indizien

Vielmehr sind es eine Reihe von Indizien, die das Forscherteam um Projektleiter Markus Santner zu der Theorie verleiten. Dass die Zeichnung entdeckt wurde, sei ein Zufall gewesen, so Euler-Rolle. Sie befinde sich oberhalb des Shop-Einbaus in der Vorhalle des Bischofstors und sei stark verschmutzt gewesen.

Euler-Rolle vom Bundesdenkmalamt geht davon aus, dass es sich um einen Dürer handelt

Nach der Reinigung und zahlreichen Untersuchungen kleinster Farbpartikel habe man eine Vorzeichnung freigelegt, die einen an die Wand gemalten Flügelaltar darstellt. An den Altarflügeln sind die Heiligen Katharina und Margarethe abgebildet. Besonders bemerkenswert sei dabei der Detailreichtum, „die besondere künstlerische Qualität lässt auf einen großen Meister schließen, der hier eine ‚Zeichnung an der Wand‘ hinterlassen hat“, so Euler-Rolle.

„Keine Frage, ob, sondern wann“

Zur Erhaltung und Erschließung des Werks hat die Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bundesdenkmalamts im Zusammenwirken mit der Dombauhütte St. Stephan ein Konservierungs- und Forschungsprojekt realisiert. Nach eingehendem Studium des Bestandes beschloss man, mit externen Fachexpertinnen und -experten im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung am Freitag zu diskutieren.

Mögliche Dürer-Wandzeichnung
APA/BDA/Irene Dworak
Die Wandzeichnung wurde am Bischofstor an der Nordseite des Doms entdeckt

Erwin Pokorny, der als Dürer-Spezialist auch am Katalog zur aktuellen Dürer-Ausstellung der Albertina mitarbeitete, sieht in der Unterzeichnung ein eigenhändiges Werk von Dürer, wie es in einer Aussendung heißt: „Die Frage ist nicht ob, sondern wann Dürer in Wien war. Die virtuose Pinselführung lässt eindeutig seine Handschrift erkennen.“

Anekdote könnte sich bewahrheiten

Der Kunsthistoriker Michael Rainer stellt fest: „In Joachim Sandrarts Biografie von Albrecht Dürer befiehlt Kaiser Maximilian I. dem Künstler, dass er ‚ihm etwas Großes auf die Mauer abzeichnen soll‘. Wir könnten nun den Ort dieser bislang als bloße Legende verkannten Anekdote gefunden haben.“ Die Ergebnisse des Projekts und der Tagung werden in einem Band der „Österreichischen Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege“ veröffentlicht.