Das Haus der Bruna Sudetia in der Wiener Josefstadt.
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Chronik

NS-Liederbuch: Vorhabensbericht fertig

In der Causa um antisemitische Texte in einem Liederbuch, das von der Burschenschaft Bruna Sudetia stammen soll, hat die Staatsanwaltschaft Wien nun einen Vorhabensbericht vorgelegt.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen vier Personen. Darunter ist auch der Vorsitzende der Burschenschaft, Herwig Götschober, einstiger Pressereferent von Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). „Es gibt einen Vorhabensbericht, der an die Oberstaatsanwaltschaft gegangen ist“, bestätigt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, gegenüber wien.ORF.at. Von dort ist er dann an das Justizministerium weitergegangen. In dem Vorhabensbericht legt die Staatsanwaltschaft dar, wie sie weiter vorgehen will.

Ein Liederbuch das angeblich der Burschenschaft „Bruna Sudetia“ zuzuordnen ist, wie der „Falter“ berichtet.
APA/FALTER

Das Liederbuch, das laut „Falter“ angeblich der Burschenschaft Bruna Sudetia zuzuordnen ist

Noch ist der Vorhabensbericht nicht zurück, so Bussek. Erst dann wird feststehen, ob es weitere Ermittlungen gibt oder zur Anklage oder Einstellung des Verfahrens kommt. Im Sommer hatte die Staatsanwaltschaft noch mehrere Zeugen, die ausgeforscht worden waren, befragen lassen. Es wurden „circa 15 bis 20 ehemalige und aktive Mitglieder der Bruna Sudetia befragt“, sagte Rechtsanwalt Werner Tomanek, der einige der Beschuldigten vertritt.

„Wir schaffen die siebte Million“

Ermittelt wird in der Causa wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung gemäß Verbotsgesetz und Verhetzung. Aufgekommen waren die Vorwürfe gegen die Burschenschaft, nachdem der Stadtzeitung „Falter“ Anfang 2018 ein Liederbuch mit judenfeindlichen Strophen zugespielt worden war, das von der Bruna Sudetia stammen soll. In dem Liederbuch findet sich unter anderem die Liedzeile „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“ – eine Verhöhnung des Massenmords an den Juden in der NS-Zeit.

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte das Verfahren im Februar 2018 eingeleitet. Nach dem Bericht im „Falter“ war es am 21. Februar 2018 auch zu einer Hausdurchsuchung der „Bude“ der Burschenschaft in der Josefstadt gekommen. Dabei seien mehrere Kisten mit ihm unbekanntem Material beschlagnahmen worden, sagte Götschober.

Herwig Götschober am Donnerstag, 22. Februar 2018, im Rahmen einer PK der Burschenschaft Bruna Sudetia in Wien
APA/Georf Hochmuth
Götschober 2018 bei einer Pressekonferenz der Burschenschaft Bruna Sudetia

Sachverständiger wurde abberufen

Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft dauert auch deshalb so lange, weil ein Sachverständiger abberufen wurde. Im März 2018 war ein Sachverständiger bestellt worden, der klären sollte, ob und welche NS-Inhalte im Buch vorkommen. Gegen ihn legten die Beschuldigten aber Beschwerde ein, weil sie seine Objektivität bezweifelten – und waren damit letztlich erfolgreich. Der Sachverständige arbeitet für das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW).

Eine „einseitige politische Motivation“ des DÖW – wie von den Beschuldigten vorgebracht – war nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) zwar nicht gegeben. Aber in der Begründung zur Ablehnung hieß es: „Evident ist, dass das DÖW konkret die Aktivitäten der Burschenschaft einschließlich des hier relevanten Vorwurfs im Blick hat und das hier zu prüfende Tatgeschehen öffentlich einsehbar bereits als ‚rechtsextrem‘ verortet hat.“ Das DÖW wies das damals in einer Aussendung zurück und verwies darauf, dass der Gutachter „nicht in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter des DÖW“, sondern aufgrund seiner „anerkannten Expertise zum Forschungsfeld Burschenschaften“ ausgewählt wurde – und zwar „ad personam“.

Zuletzt Liederbuch in der Steiermark aufgetaucht

Nach den Liederbuch-Affären in Niederösterreich und Wien gibt es derzeit einen ähnlichen Fall in der Steiermark. In einem Liederbuch der Verbindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld“ ist ein Text enthalten, der unter anderem eine „Heil Hitler"-Passage enthält.“ Wörtlich heißt es etwa: „Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus“ oder „Rothschild hat das meiste Geld, schließlich muss in jedem Fache einer doch der Größte sein und so ist auch ohne Zweifel festgestellt das größte Schwein“.

Politische Brisanz erhält der Fall dadurch, dass mit Wolfgang Zanger ein freiheitlicher Nationalratsabgeordneter Mitglied der Verbindung ist. Dieser erklärte, dass er zwar tatsächlich seit Schulzeiten bei der Burschenschaft, aber seit zwei Jahren nicht mehr „Altherrenobmann“ sei. Das 400 Seiten starke Liederbuch liege in der Bude, dem Sitz der Verbindung, auch nicht auf, bei sich daheim habe er es aber gefunden.

Betont wird von Zanger, dass das Buch ursprünglich von der Grazer Burschenschaft Cheruskia verfasst worden sei. Daher will sich Zanger, der Mitglied des steirischen FPÖ-Präsidiums ist, auch nicht distanzieren. Zanger ist in der Vergangenheit nicht nur durch rüde Zwischenrufe im Nationalrat, sondern auch durch die Teilnahme an einer Demonstration der rechtsextremen Identitären aufgefallen. Aufgekommen ist die Causa im Vorfeld der steirischen Landtagswahl.